Wie groß ist der Konflikt mit dem Baumschutz?
Das Gebäudeenergiegesetz soll in Deutschland den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen einleiten. Eine Wärmewende weg von Gas und Öl hin zu Sonne, Wind & Co. Das Ziel: Klimaneutralität bis 2045. Doch wie störungsarm gelingt das Vorhaben? So warnt Baurechtsexpertin Daniela Mechelhoff jetzt vor Konfliktpotenzial mit Baumschutz und Denkmalschutz.
„Die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes kollidieren teilweise mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie beispielsweise dem Denkmalschutz oder Baumschutzsatzungen“, sagt Daniela Mechelhoff vom Berufsverband Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein (ARGE). Hinter dem Gebäudeenergiegesetz, umgangssprachlich auch Heizungsgesetz, steht folgende Idee: dass sich durch besser gedämmte Häuser oder modernere Heizungen der Energiebedarf senken lässt. Der geringere Verbrauch soll wiederum vor Kostenbelastungen durch steigende Preise schützen.
Photovoltaik oder schattenspendende Bäume?
Mit Blick auf das Gebäudeenergiegesetz bezeichnet die ARGE Baumschutzsatzungen als rechtliche Herausforderung. Denn die Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern könne durch große, schattenspendende Bäume beeinträchtigt werden. Die Beseitigung der Bäume verstoße jedoch gegen die Baumschutzverordnung. „Dieser Konflikt zwischen Umweltschutz und Energieeffizienz ist besonders heikel“, betont Baurechtsexpertin Mechelhoff, „einerseits sollen Bäume zum Schutz des städtischen Grüns und der Biodiversität erhalten bleiben, andererseits sind sie ein potenzielles Hindernis für die Optimierung der Energieeffizienz durch Solaranlagen.“ Auch die Gestaltung von Dachflächen und Fassaden in geschützten Gebieten betrachtet die ARGE als problematisch. „Maßnahmen wie die Dämmung von Gebäuden können Auswirkungen auf bestehende Lebensräume von Tieren haben und stehen somit teilweise im Widerspruch zu Naturschutzgesetzen“, so die Rechtsanwältin.
Was dem Denkmalschutz widerspricht
Ein schwieriges Zusammenspiel konkurrierender gesetzlicher Regelungen droht auch anderswo. „Insbesondere bei der Sanierung historischer Bausubstanz stehen das Gebäudeenergiegesetz und der Denkmalschutz im Konflikt“, warnt Mechelhoff. Das Kernproblem liege in der unterschiedlichen Zielsetzung der beiden Gesetze. Während das Gebäudeenergiegesetz die Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien fördert, zielt der Denkmalschutz auf den Erhalt des Bestandes und kulturellen Erbes. „Der Einbau von energieeffizienten Fenstern oder Solaranlagen in denkmalgeschützte Gebäude kann die historische Substanz beeinträchtigen, was dem Denkmalschutzgesetz widerspricht“, erläutert die Fachanwältin für Verwaltungsrecht.
Naturschutz muss zurückstecken
Wie diese Herausforderungen angegangen werden können, zeigen Paragraf 2 des EEG (Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien) und die Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen (2018), heißt es bei der ARGE. Danach sollen andere öffentliche Interessen wie der Baumschutz, der Naturschutz allgemein oder auch der Denkmalschutz künftig weitreichend zurückstehen. „Die Bestrebung ist da, die Gesetze auch auf Landes- und Kommunalebene im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes anzupassen“, sagt Mechelhoff, „allerdings wird es auch zukünftig noch Bereiche geben, wie Baumschutzsatzungen, Naturschutz etc., die diesen Vorgaben entgegenstehen.“ Dann müsse im Einzelfall entschieden werden, welches Rechtsgut überwiege.
Drei Viertel der Heizungen mit fossilem Gas oder Öl betrieben
Laut Bundesregierung werden hierzulande noch rund drei Viertel der Heizungen mit fossilem Gas oder Öl betrieben. Allerdings gilt seit 1. Januar 2024, dass in den meisten Neubauten Heizungen mit 65 Prozent Erneuerbarer Energie eingebaut werden müssen. Für alle anderen Gebäude gibt es Übergangsfristen und verschiedene technologische Möglichkeiten. Doch spätestens ab Mitte 2028 wird die Nutzung von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie für alle neuen Heizungen verbindlich – eng gekoppelt an die kommunale Wärmeplanung. Der Heizungstausch wird staatlich gefördert. Aufträge können Hauseigentümer seit Ende 2023 erteilen und einen Antrag auf Förderung später stellen.
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