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Vorschriften, Gründe für Verstöße und empfindliche Strafen

Zum Schutz von Bäumen auf Baustellen gibt es Normen und Regelwerke. Allerdings werden die Vorschriften längst nicht immer konsequent eingehalten. Dann drohen Bußgelder, sogar Baustopps sind möglich. Um die baumschutzfachliche Baubegleitung ging es jetzt auf einer Fachtagung der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) in Falkensee.

Baumschutz auf Baustellen: Gründe für Verstöße, Strafen und Rechtliches
Bei Bauarbeiten besteht ein besonderes Risiko, dass es zu Schäden an Bäumen kommt. Mithilfe einer fachlichen Begleitung durch Experten lassen sich Probleme verhindern. | Foto: AdobeStock
Auf einer Baustelle wimmelt es von Beteiligten: Neben Bauarbeitern und Landschaftsgärtnern gehören ebenso Planer, Architekt, Bauherr, Investor und Vertreter von Genehmigungsbehörden dazu. Interessenkonflikte sind daher vorprogrammiert, auch wenn sich alle einen reibungslosen Ablauf des Projektes wünschen. Wie gelingt es in dieser Gemengelage, dass der Baumschutz nicht unter die Räder kommt? Denn oft fehle es auf Baustellen gerade an solchen Profis, sagt Thomas Amtage, Sachverständiger für Baumpflege. Er gehörte zu den Referenten auf einer Fachtagung der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) mit rund 150 Teilnehmern in Falkensee.

Baumschutz mit DIN 18920 und RAS-LP 4

Das passende „Werkzeug“ gebe es zwar bereits in Form von Regelwerken, Normen und Gesetzen (unter anderem DIN 18920 oder RAS-LP 4). Allerdings würden die nicht immer konsequent auf dem Bau durchgesetzt. Dabei sollte die baumschutzfachliche Baubegleitung frühzeitig im Projektverlauf beginnen, nämlich bereits mit der Prüfung vorhandener Planunterlagen. Es gelte, den Baumbestand zu erfassen, den Ist-Zustand visuell zu dokumentieren, auch des Wurzelbereichs, sowie Schutz- und Schadensminimierungsmaßnahmen zu treffen. Zudem brauche es eine Bewertung der Erhaltungswürdigkeit und Erhaltensfähigkeit des Baumbestandes, so Amtage. Was braucht ein Profi? Außer der fachlichen Eignung spielten bei der Baubegleitung kommunikative Fähigkeiten eine Rolle, betont der gelernte Landschaftsgärtner. „Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.“ So wirke sich das persönliche Auftreten durchaus auf die Akzeptanz auf dem Bau aus.

Rechtliche Grundlagen für Baumschutz auf Baustellen

Bei Bauarbeiten besteht immer ein gewisses Risiko, dass Bäume beschädigt werden. Mit möglichen Rechtsfolgen kennt sich der promovierte Jurist Cedric Vornholt aus. Läuft etwas schief, stehen meist Bußgelder und Ersatzpflichten wegen eines Verstoßes gegen baumschutzrechtliche Vorschriften im Raum. Daneben kommen dem Anwalt zufolge auch Schadenersatzansprüche des Eigentümers in Betracht. Dies betreffe häufig Nachbarn, deren Bäume bei Bauarbeiten beschädigt werden. Strafrechtlich könne auch eine Sachbeschädigung vorliegen, die allerdings Vorsatz voraussetze, so Vornholt. Eine fahrlässige Sachbeschädigung sei nicht strafbar.

Im Schadensfall drohen teils saftige Strafen. Wie der Anwalt von einer Frankfurter Kanzlei berichtet, „langen die Städte immer mehr zu“. Mit 250 Euro pro beschädigten Baum komme der Bauherr heutzutage längst nicht mehr aus. Aber: Sind Bäume nicht rechtlich geschützt, dürften Bauherren und Grundstückseigentümer grundsätzlich frei verfahren und sie auch fällen, so der Jurist. Im anderen Fall, wenn Bäume geschützt seien, greifen die allgemeinen Vorschriften des Bauordnungsrechts über die Baustelleneinrichtung, die auch Bäume erfassen. Bäume auf fremden Grundstücken sind laut Vornholt grundsätzlich zu schützen, weil sie fremdes Eigentum sind. Bei Schäden drohen Regressansprüche des Nachbarn oder Eigentümers. Vornholt nennt eine Reihe relevanter Baumschutzvorschriften, darunter kommunale Satzungen und Verordnungen wie Baumschutzsatzung, Bebauungsplan, örtliche Bauvorschriften und Naturdenkmalverordnung sowie den gesetzlichen Baumschutz (Eingriffsregelung, Allee, Artenschutzrechtliche Lebensstätte, Denkmalschutzrecht).

Baumschutzfachliche Baubegleitung – Praxisbeispiel aus Köln

Zur Fachtagung mit dem Thema „Baumfachliche Baubegleitung" der Forschungsgesellschaft FLL kamen rund 150 Teilnehmer in die Stadthalle in Falkensee. Geschäftsführerin Lea Nollen war mit der Resonanz zufrieden. | Foto: B_I MEDIEN/Budde
Zur Fachtagung mit dem Thema „Baumfachliche Baubegleitung" der Forschungsgesellschaft FLL kamen rund 150 Teilnehmer in die Stadthalle in Falkensee. Geschäftsführerin Lea Nollen war mit der Resonanz zufrieden. | Foto: B_I MEDIEN/Budde
Und die Ursachen für Verstöße gegen Baumschutzregeln? Als Beispiele nennt Johannes Stuffrein vom Kölner Amt für Landschaftspflege und Grünflächen fehlendes Wissen, mangelndes Schuldbewusstsein bei Auftraggebern, Planern und Ausführenden, Geringschätzung von Bäumen sowie mangelnde Absprachen. Zwar sei sowohl bei den Bürgern als auch in der Politik ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung von Bäumen zu registrieren, dennoch handele mancher Zeitgenosse immer noch nach der Devise „Baumschutz hält doch bloß auf“. Hinzu komme, dass in den vergangenen Jahren in Köln Glasfaserausbau und Nachverdichtung, der Aus- und Neubau öffentlicher Gebäude, die Sanierung der öffentlichen Infrastruktur sowie Kampfmittelsondierungen zugenommen hätten. So hat die Stadt eigens eine Stelle für die baumschutzfachliche Baubegleitung eingerichtet. Nach dem Grundsatz: Je früher im Verfahren Baumschutz berücksichtigt wird, desto besser für alle Beteiligten. Als wichtigste Aufgabe bezeichnet Stuffrein die Schnittstellenkoordination zwischen städtischen Ämtern, öffentlichen und privaten Vorhabenträgern, externen baumschutzfachlichen Baubegleitungen und Baumkontrolleuren. Zum Job gehöre, Verstöße gegen den festgelegten Baumschutz aufzunehmen, Bauarbeiter zu sensibilisieren, Schutzmaßnahmen zu kontrollieren und gegebenenfalls zu sanktionieren, falls sich die Situation verschlimmere. Als Maßnahmen nannte der Forstwirt die Verhängung eines Baustopps, die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens und die Androhung einer Aufgrabungssperre.

Allerdings sollte dabei signalisiert werden, dass eine gemeinsame Problemlösung angestrebt werde, betont Stuffrein. Zugleich müsse aber deutlich werden, dass Baumschutz auf der Baustelle notwendig sei. Dies lässt sich im Gespräch klären. Der Experte legt erforderliche Baumschutzmaßnahmen fest. Als Beispiele nennt er unter anderem unantastbare Wurzelräume, Schutzzäune, Baustraßen, spezielle Ausgrabungsverfahren mit Saugbagger oder grabenlose Verfahren, Bewässerung, Kronen- und Wurzelrückschnitt oder auch Baumuntersuchungen.

Baumschutz – von der Planung bis zur Fertigstellung

Wie sich die baumschutzfachliche Baubegleitung in die Planungs- und Bauphasen einbinden lässt, erläutert Gernot Fischer, Sachverständiger für Baumschutz. „Dokumentation ist das A und O“, sagt der Ingenieur aus dem Büro Standort-Baum Expertise in Mülheim/Ruhr. Er unterstreicht, dass der Baumschutz von der Planungsphase bis zur Fertigstellung dauert. Dabei sollten die Beteiligten auf die Regelwerke hingewiesen und zu deren Einhaltung aufgefordert werden. So gehöre auch die Überprüfung der Baumschutzeinrichtungen, die Begleitung von Schachtungen in der Nähe von Bäumen und die Unterstützung bei der Erarbeitung von Lösungen im Konfliktfall dazu. Die Bautechniken und das Wissen um die Biologie haben sich weiterentwickelt. Wie Fischer ausführt, gebe es nun technische Möglichkeiten wie den Einsatz von Saugbagger und Pressluftlanze, Wurzelortungsverfahren, gesteuerten Vortrieb und Spülbohrverfahren. Dies sei unter dem Druck entstanden, Schäden an Fremdleitungen aus Kostengründen zu vermeiden. Daher verweist er auf wurzelschonende Bauverfahren, die dann auch eingefordert werden sollten. Lassen sich Wurzelverletzungen oder Einschnitte in die Baumkronen nicht vermeiden, so der Experte, gebe es Möglichkeiten, um Schäden zu kompensieren oder ihre Auswirkungen zu minimieren. Schäden müssten protokolliert und eingeschätzt werden. Ebenso gehöre die Mitwirkung bei der Abnahme von Rückbau- und Rekultivierungsmaßnahmen dazu.

Stahlplatten oder Baustraßen gegen Bodenverdichtung

Sensibilisierung für den Baumschutz macht einen Großteil seiner Tätigkeit auf Baustellen aus: „Vieles funktioniert dort besser, wenn man miteinander spricht“, sagt Dr. Markus Streckenbach vom Sachverständigenbüro für urbane Vegetation in Bochum. Praxisbeispiele, wie sich der Wurzelraum eines Baumes auf einer Baustelle schützen lässt und wie nicht, kennt er genug. Entsprechende Fotos hat Streckenbach zuhauf. Darauf zu sehen sind tiefe Fahrspuren direkt im Wurzelraum eines Baumes. Manchmal werde auf der Baustelle eine Sache nicht ganz bis zum Ende gedacht, stellt der Biologe mit Bedauern fest. Dabei lasse sich der Wurzelraum gut schützen – so etwa mit ausgelegten Stahlplatten oder einer Baustraße. Darauf könnten Bagger und Radlader fahren. Die Last verteilt sich breitflächig, die Gefahr der Verdichtung schwindet. Zudem weist Streckenbach auf die Bedeutung von Feuchtigkeit, Sauerstoffgehalt und Dichte des Bodens hin. Wasser ist für Bäume unentbehrlich, Trockenstress ist zu vermeiden. Wurzeln brauchen Sauerstoff, um sich zu entwickeln. Eine gute Durchlüftung des Bodens ist unerlässlich. Die Optimierung des Gasaustausches fördert die Ausbildung von Feinwurzeln, die Wasser und Nährelemente aufnehmen.

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