Klimaanpassung wird zum Milliardenmarkt
Eine neue Prognos-Studie zeigt: Klimaanpassung im Gebäudesektor wird zum Milliardenmarkt. Bis 2035 sind je nach Szenario Investitionen zwischen 137 und 237 Milliarden Euro nötig – und bis zu 15.300 zusätzliche Fachkräfte pro Jahr, um Gebäude fit für Hitze, Starkregen und andere Extremwetter zu machen.

„Klimaanpassung ist kein Nischenthema – sie wird zum zentralen Auftrag für das Bauen der Zukunft“, sagt Lukas Sander, Projektleiter bei der Prognos AG. Extreme Hitze, Starkregen, Hochwasser, Stürme und Hagel verursachen schon heute immense Schäden an Gebäuden. Künftig wird diese Belastung zunehmen, wenn keine systematischen Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Ein Markt von bis zu 237 Milliarden Euro
Die Studie beziffert den Investitionsbedarf für bauliche Anpassungen bis 2035 auf 137 Milliarden Euro im Szenario eines leichten Klimawandels und auf 237 Milliarden Euro bei einem starken Klimawandel. "Leicht" gilt hier für eine Entwicklung mit sehr niedrigen Treibhausgasemissionen und weltweit konsequentem Klimaschutz, bei der die Erwärmung deutlich unter 2 °C bleibt. Starker Klimawandel würde einen Pfad mit sehr hohen Treibhausgasemissionen ohne wirksamen globalen Klimaschutz bedeuten, bei dem die Erwärmung bis 2100 über 4 °C steigen kann.
Größter Posten geht an die Gebäudesanierung
Auffällig ist die Verteilung der nötigen Investitionen: Rund 86 Prozent des Volumens fließen laut Studie in die Nachrüstung bestehender Gebäude, nur etwa 14 Prozent in den Neubau. Der größte Posten entfällt auf den Hitzeschutz – zwischen 44 und 107 Milliarden Euro –, gefolgt von Starkregen- und Hochwasserschutzmaßnahmen.

Diese Summen umfassen eine breite Palette an Eingriffen: Außenliegende Verschattungssysteme und Wärmedämmung gegen Überhitzung, Dach- und Fassadenbegrünung zur Verbesserung des Mikroklimas, druckwasserdichte Kellerfenster und Rückstauklappen gegen Überflutungen, sturmfeste Dachbefestigungen und Hagelschutz für Fenster sowie umfassende Blitzschutzsysteme.
Klimaanpassung erfordert Fachkräfte
„Das ist nicht nur bauliche Vorsorge – das ist ein Konjunkturprogramm für die Zukunft“, so Sander. Investitionen, die die Gebäudesubstanz langfristig sichern, schaffen zugleich Arbeit für Handwerksbetriebe, Planungsbüros und Baustoffhersteller. Doch Geld allein wird nicht reichen. Für die Umsetzung der Anpassungsmaßnahmen werden laut Studie jährlich zwischen 7.700 und 15.300 zusätzliche Vollzeitkräfte benötigt – abhängig vom Klimaszenario. Der Fachkräftemangel, der viele Baubetriebe schon heute ausbremst, könnte sich damit weiter verschärfen.
Katharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel, sieht hier die gesamte Branche gefordert: „Die Klimaanpassung im Gebäudebereich ist keine abstrakte Zukunftsaufgabe mehr – sie ist konkrete Realität und tägliche Praxis in der Baustoffbranche.“ Die Rahmenbedingungen müssten so gestaltet werden, dass die Wertschöpfungskette Bau handlungsfähig bleibt: „Damit wir diese Herausforderung gemeinsam stemmen können, brauchen wir Planungssicherheit, Investitionen und eine politische Strategie, die auf Umsetzung ausgelegt ist.“
Klimaanpassung als Wirtschaftsmotor
Die Studie versteht Klimaanpassung nicht nur als Schutzkonzept, sondern als wirtschaftlichen Impuls. Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des ZDB, bringt es auf den Punkt: „Klimaanpassung ist mehr als ein reaktives Schutzkonzept – sie ist ein wirtschaftlicher Motor für die gesamte Bauwertschöpfungskette, eröffnet neue Märkte, Geschäftsmodelle und Beschäftigungschancen.“ Entscheidend sei, dass der Prozess planbar, wirtschaftlich tragfähig und praxistauglich bleibe – und nicht zur Kostenfalle werde.
Gerade im Neubau gilt: Wer Klimaanpassung frühzeitig mitdenkt, spart langfristig Kosten. Maßnahmen wie die gezielte Ausrichtung von Gebäuden, konstruktiver Hitzeschutz oder hochwassersichere Fundamente sind deutlich günstiger, wenn sie von Beginn an eingeplant werden, statt sie später nachzurüsten.
Beispielhafte Kosten für Anpassungsmaßnahmen
Die Prognos-Studie listet detailliert auf, was einzelne Maßnahmen kosten können: Ein außenliegender Sonnenschutz schlägt mit 350 bis 800 Euro pro Fenster zu Buche, eine Fassadenbegrünung mit 208 bis 600 Euro pro Quadratmeter. Dachbegrünungen kosten zwischen 90 und 180 Euro pro Quadratmeter, druckwasserdichte Kellerfenster zwischen 1.450 und 1.750 Euro pro Stück. Für eine „Schwarze Wanne“ als Abdichtung sind etwa 50 Euro pro Quadratmeter zu veranschlagen, eine „Weiße Wanne“ im Neubau kostet rund 400 Euro mehr pro Quadratmeter als eine Standardabdichtung. Blitzschutzsysteme bewegen sich je nach Gebäudegröße zwischen 2.200 und 8.300 Euro. Je nach Umfang macht die Klimaanpassung also einen erheblichen Anteil an Bau- oder Sanierungskosten aus.
Schulterschluss aller Beteiligten nötig
Mit der Klimaanpassung eröffnet sich für Bauunternehmen ein Markt, der über Jahre hinweg stabile Nachfrage verspricht. Wer sich jetzt auf klimaresiliente Bauweisen spezialisiert, technische Kompetenzen und Kooperationen aufbaut, wird zu den Gewinnern dieses Wandels gehören. Damit die Umsetzung in großem Maßstab gelingt, ist Zusammenarbeit entscheidend. „Der Prozess zur Klimaanpassung kann nur im Schulterschluss aller Beteiligten gelingen“, so Schubert-Raab. Politik, Bauwirtschaft und Investoren müssten gemeinsam dafür sorgen, dass Maßnahmen wirtschaftlich tragfähig und technisch machbar sind. Nur dann werde Klimaanpassung zum Standard und nicht zum kostspieligen Ausnahmefall.
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Die Studie ist abrufbar unter diesem Link: https://www.prognos.com/de/projekt/klimaanpassung-klimawandel-gebaeudesektor
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