"Unterschiedliche Interessen auf Seiten der Arbeitgeber"

In diesem Monat stehen Tarifverhandlungen für das Bauhauptgewerbe an. Was erwarten führende Bauunternehmen in Deutschland von der Tarifrunde 2024? Wir fragten Alexander Weiss, Geschäftsführer Personal bei Leonhard Weiss, mit rund 7.200 Mitarbeitern eines der größten Bauunternehmen in Deutschland.

Bau-Tarifrunde 2024: Unterschiedliche Interessen im Arbeitgeber-Lager
„Ich bevorzuge einen Flächentarifvertrag. Sollte jedoch eine Einigung in der Fläche nicht tragfähig zustande kommen, so müsste man über Teilungen entweder in der Fläche oder über die Betriebsgröße nachdenken.“ Alexander Weiss | Foto: Leonhard Weiss Bauunternehmung

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B_I baumagazin: Die letzte Tarifrunde am Bau verlief ausgesprochen schwierig. Das Ergebnis nach der Schlichtung war ein Lohnplus von insgesamt über 6 Prozent. Was hat der Tarifabschluss für Ihren Betrieb bedeutet?

Alexander Weiss: Die etwas über 6 Prozent beziehen sich in diesem Fall ja auf die Jahre 2021, 2022 und 2023. Wir hatten den Abschluss damals in etwa so antizipiert und entsprechende Steigerungen bereits vorgesehen. Insofern hat uns das Ergebnis nicht überrascht. Nicht vergessen sollte man in diesem Zusammenhang jedoch auch die Wegezeitentschädigung, die parallel mit aufgenommen wurde. Die nun seit 2023 etablierte Form der Wegezeitentschädigung ist ja ebenfalls ein Einkommensbestandteil, der aus meiner Sicht auch ein wichtiges Element für das Bauhandwerk ist, da die Mitarbeiter nicht an einem Produktionsstandort, sondern auf wechselnden Arbeitsorten tätig sind.

B_I baumagazin: Was meinen Sie, wie wird die Tarifrunde 2024 laufen?
Alexander Weiss: Ich persönlich rechne damit, dass die Tarifrunde zäh und schwierig werden wird.
Die Baukonjunktur ist im Moment sehr heterogen und wird durch politische und gesellschaftliche Einflüsse stark beeinflusst. Auf der einen Seite ist die Auftragslage im Hochbau durch die Inflation und die Zinsen stark belastet. Auf der anderen Seite gibt es Bereiche, in denen eine hohe Nachfrage herrscht, wie in den Bereichen Glasfaserausbau, Energietrassen sowie Gleisinfrastruktur- und Brückenbau. Hier gibt es jedoch seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil ein großes Fragezeichen, wie die vorgesehenen Investitionen abgesichert werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass wir mit einer hohen Inflation konfrontiert sind und andere Branchen bereits hohe Tarifabschlüsse erzielt haben. Zusätzlich gibt es Unterschiede, auch bundesweit, wie die Bautariflöhne eingeschätzt werden. Alles in allem führen diese Punkte zu einer sehr komplexen Gemengelage mit unterschiedlichen Interessen auf Seiten der Arbeitgeber.

"Aus Sicht der Bauindustrie im Südwesten mit sehr viel Nähe zur Automobil-, Elektro- und Metallbranche wünsche ich mir, dass der Abstand zu anderen Branchen nicht weiter wächst."

B_I baumagazin: Was würden Sie sich von der Tarifrunde 2024 wünschen?
Alexander Weiss: In den 1970er und 1980er Jahren war die Arbeit auf dem Bau sehr lukrativ und die Bauberufe gehörten zu den bestbezahlten Tätigkeiten. Davon sind wir heute weit entfernt. Andere Branchen haben uns längst überholt. Dieser Abstand hat sich in den letzten Jahren noch vergrößert. Aus Sicht der Bauindustrie im Südwesten mit sehr viel Nähe zur Automobil-, Elektro- und Metallbranche wünsche ich mir, dass dieser Abstand mindestens nicht weiter wächst, damit die Bauberufe weiterhin attraktiv sind. Bei einem allgemein verbindlichen Flächentarifvertrag ist sichergestellt, dass der Wettbewerb intakt bleibt und kein Lohndumping stattfindet.

B_I baumagazin: Welche Bedeutung haben für Sie die Flächentarifverträge? Würden Sie andere Lösungen bevorzugen?

Alexander Weiss: Ich bevorzuge generell einen Flächentarifvertrag. Sollte jedoch eine Einigung in der Fläche nicht tragfähig zustande kommen, so müsste man über Teilungen entweder in der Fläche oder über die Betriebsgröße nachdenken, was ich bedauern würde.

B_I baumagazin: Die Bauwirtschaft leidet wie andere Branchen auch unter Personalmangel. Können höhere Tariflöhne die Probleme, an Fachkräfte zu kommen oder sie zu halten, verringern?

Alexander Weiss: Natürlich zaubert ein höherer Tariflohn keine zusätzlichen Fachkräfte auf den Personalmarkt. Jedoch sorgen gute Arbeitsbedingungen dafür, dass Fachkräfte gerne in der Branche bleiben. Ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeitsbedingungen ist die Vergütung. Das bedeutet: Gute Löhne sorgen dafür, dass die Branche attraktiv ist, dass Menschen eine Perspektive in dieser Branche sehen und dass sie nicht wegen des Lohns in andere Branchen abwandern. Für Bauunternehmen herrscht auf zwei Seiten starker Wettbewerb: auf der Angebotsseite wie auch im Personalmarkt. Ich finde es sehr wichtig, sich im Wettbewerb um Aufträge durch Kompetenz, Qualität, effiziente Prozesse und intelligente Bauweisen hervorzuheben, anstatt über tiefe Löhne den Angebotspreis niedrig zu halten. Dabei hilft ein flächendeckender allgemeinverbindlicher Tarifvertrag mit den richtigen Löhnen, die einerseits attraktiv sind und andererseits gegenüber den Kunden darstellbar sind.

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Über Alexander Weiss

Alexander Weiss ist einer der sieben Geschäftsführer, die das familiengeführte Bauunternehmen Leonhard Weiss mit den Hauptstandorten in Göppingen und Satteldorf leiten. Er führt seit dem 1. Januar 2014 das Ressort Personal und Kommunikation. Neben dem Marketing und der Forcierung der Arbeitgebermarke Leonhard Weiss zählt die Personalbindung und -entwicklung zu seinen Aufgabenbereichen.

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