Schareck: Was sich Bauunternehmer von der Tarifrunde wünschen
An diesem Mittwoch werden die Tarifverhandlungen für das Bauhauptgewerbe in Berlin fortgesetzt. Wir fragten Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein, wie die Bauunternehmer im Norden zu den wichtigsten drei Diskussionspunkten der schwebenden Tarifrunde stehen: Lohnerhöhung, Wegezeitentschädigung und Mindestlohn.
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B_I baumagazin: Herr Schareck, ist die Lohnforderung der IG Bau gerechtfertigt? Können die Bauunternehmer in Schleswig-Holstein 5,3 Prozent wuppen?
Georg Schareck: Ob die Lohnforderung der IG Bau in Höhe von 5,3 Prozent gerechtfertigt ist, ist nur aus der Sichtweise des Fordernden zu beantworten. Ich halte sie nach dem Abschluss von 2018 und der Gesamtentwicklung der Löhne für ein gut Teil zu hoch auf die Laufzeit eines Jahres bezogen. Die IG Bau geht nach wie vor und relativ stereotyp schlicht von Umsatzentwicklungen aus und vernachlässigt dabei die an und für sich viel wichtigeren Indikatoren wie die Nettorendite für einen Betrieb. Diese liegt eben nicht, wie von der IG Bau in der Öffentlichkeit vertreten, im hohen zweistelligen Zuwachsbereich, sondern - wie uns Perfacta immer wieder für Schleswig-Holstein nachweist und auch der ZDB im Bundesdurchschnitt belegen kann - zwischen dreieinhalb und in der Spitze eines Gewerkes von maximal 5 Prozent. Die einfache Umsetzung der Gewerkschaftsforderung würde ein gut Teil dieser Marge abschmelzen.
In der Regel werden Zusatzbelastungen aus Tarifabschlüssen in die Kosten für Bauwerke durchgereicht. Da wir jedoch schon seit geraumer Zeit eine enorme Kostenbelastung für die Auftraggeberseite durch steigende Baumaterialkosten und große Probleme bei der Zulieferung haben, sind signifikante weitere Preissteigerungen kontraproduktiv. Sie müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zum Markt stehen. Denn immerhin machen die Personalkostenanteile beim Bau bis zu rund 30 Prozent aus.
Ich bin sicher, dass unsere Bauunternehmer einen vernünftigen Abschluss mittragen. Denn auch das gehört zur Wahrheit dazu, dass gerade in den eigentümergeführten Betrieben des Bauhauptgewerbes die Arbeitgeber auch heute schon teilweise Leistungen ihrer Arbeitnehmer mit übertariflichen Zulagen bedienen.
B_I: Eine der Hauptforderungen der Gewerkschaft ist die Weiterentwicklung der Wegezeitentschädigung. Wie sehen Sie das?
Schareck: 2018 haben sich die Arbeitgeberverbände dieser Forderung der IG Bau und mit Blick auf die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes zu dieser Materie verständigt, die bereits bestehenden tariflichen Regelungen im Bundesrahmentarifvertrag und dem Entgelttarifvertrag auf Belastbarkeit und praxisgerechte Ausformung zu überarbeiten. Denn es gibt bereits in diesen genannten Tarifverträgen Regelungen zu dieser Frage. In einem hochkarätig besetzten Arbeitsgremium aller beteiligten Tarifvertragsparteien wurde in vielen sehr intensiven Diskussionen unter Federführung des Schlichters Professor Dr. Schlegel in diesem Jahr ein Vorschlag vorgelegt. Diesen haben alle Parteien zwischenzeitlich intensiv geprüft. Es geht nunmehr darum, auf dieser Grundlage ein tragfähiges Ergebnis zu vereinbaren. Jedoch scheint die IG Bau derzeit am weitesten weg von dieser Arbeitsgrundlage, an der sie selbst mitgewirkt hat, zu sein.
B_I: Die Mindestlohnstruktur soll ebenfalls verhandelt werden. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Schareck: Die Vorstellungen der Gewerkschaft IG Bau zur Mindestlohnstruktur ist über die letzten Jahre gesehen fast schon ein Dauerbrenner. Und er führte in der Regel zu keinen signifikanten Ergebnissen. Dies betrifft die Struktur des Mindestlohnes im Osten und Westen und sowohl zwischen Mindestlohn eins und Mindestlohn zwei. Dies hat meiner Einschätzung auch viel mit dem grundlegenden Verständnis des Mindestlohnes an sich zu tun. Soll der Mindestlohn also entweder die Absicherung des Entgeltgitters nach unten und damit sehr nahe an den höheren Löhnen der höheren Berufsgruppen sein oder die auch betriebswirtschaftlich vernünftige Einstiegsgruppierung nach Bewertungskriterien im Markt und bei den Unternehmen sein?
Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Tarifvertragsparteien nicht völlig frei in der Findung eines Mindestlohnes sind. Denn dieser muss sich nach dem hierfür geltenden Verfahrensrecht auch mit vergleichbaren Branchen in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zu den dort gezahlten Löhnen im Einstiegsbereich bewegen. Denn es gilt gerade hier über Arbeitgeberverbände und konkurrierende Zusammenschlüsse hinweg der Grundsatz „Gleiche Arbeit, gleicher Lohn“. Hinzukommt wohl bei der Gewerkschaft ein weiteres Motiv, das darin zu sehen ist, möglichst weit weg vom gesetzlichen Mindestlohn zu sein und zu bleiben. Zu verhindern, dass nicht mittelfristig der tarifliche Mindestlohn Bau überflüssig wird.
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Ich meine, dass mit gutem Willen und auch basierend auf den Vorschlägen der vorgenannten Arbeitsgruppe, die sich mit diesem Thema gleichfalls beschäftigt hatte, ein vernünftiger Kompromiss möglich ist. Denn ich halte den Mindestlohn im Bau zur Verhinderung von Wildwest in Deutschland für wichtig.
B_I: Vielen Dank, Herr Schareck, für diese Einschätzung.
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