„Ich hoffe auf eine Einigung auf dem Niveau der letzten Schlichtung“
Im kommenden Jahr stehen Tarifverhandlungen für das Bauhauptgewerbe an. Was erwarten führende Bauunternehmen in Deutschland von der Tarifrunde 2024? Wir fragten Jan Schwägerl, Geschäftsführer der Porr Deutschland.
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B_I baumagazin: Die letzte Tarifrunde am Bau verlief ausgesprochen schwierig. Das Ergebnis nach der Schlichtung war ein Lohnplus von insgesamt über 6 Prozent. Was hat der Tarifabschluss für Ihren Betrieb bedeutet?
Jan Schwägerl: Grundsätzlich ist das Bauen seit der letzten Tarifrunde deutlich teurer und durch zeitweise unterbrochene Lieferketten für Auftraggeber und Auftragnehmer auch schwieriger planbar geworden. Für uns als Auftragnehmer bedeutete die deutliche Lohnerhöhung von 6 % neben den gestiegenen Material- und Betriebsstoffpreisen erhebliche Mehrkosten bei bestehenden Aufträgen. Als tariftreues Unternehmen sind diese Kosten bei uns verblieben und konnten aufgrund bestehender Verträge mit unseren Auftraggebern nicht weitergegeben werden.
B_I baumagazin: Was meinen Sie, wie wird die nächste Tarifrunde laufen?
Schwägerl: Ich rechne mit einem ähnlich schwierigen Verlauf wie 2021. Die Inflation der vergangenen Monate hat die Haushalte unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belastet, auch wenn sich diese Entwicklung inzwischen wieder deutlich verlangsamt hat. Dem gegenüber steht ein herausforderndes Marktumfeld, das uns voraussichtlich auch in den kommenden Jahren begleiten wird. Diese gegensätzlichen Faktoren stellen die Verhandlungspartner vor eine schwierige Aufgabe.
B_I baumagazin: Was würden Sie sich von der Tarifrunde 2024 wünschen?
Schwägerl: Insbesondere der für die Bauwirtschaft so wichtige Hochbau steht angesichts der negativen Auswirkungen steigender Baupreise und gleichzeitig stark gestiegener Bauzinsen vor Herausforderungen. Ich hoffe auf Augenmaß und Ausgewogenheit der Verhandlungsparteien und eine Einigung auf dem Niveau der letzten Schlichtung.
B_I baumagazin: Die Bauwirtschaft leidet wie andere Branchen auch unter Personalmangel. Können höhere Tariflöhne die Probleme, an Fachkräfte zu kommen oder sie zu halten, verringern?
Schwägerl: Es wird immer gebaut und es muss vor dem Hintergrund der notwendigen Veränderungen in unserem Land gebaut werden. Insofern sind wir gefordert, Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Dazu gehört auch eine faire Bezahlung. Die Bezahlung ist aber nur ein Entscheidungsfaktor für (potenzielle) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gesundheitsvorsorge, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie flexible Arbeitszeiten stehen ebenfalls ganz oben auf der Agenda. Persönlich sehe ich die größte Stärke der Branche in der Möglichkeit, in Teamarbeit einen bleibenden Wert, etwas „Handfestes“ zu schaffen, und den Stolz bei der Fertigstellung des Bauwerkes zu genießen. Hier gelingt es uns mit unserem breiten Leistungsspektrum, diesen „Stolz“ erlebbar zu machen.
B_I baumagazin: Welche Bedeutung haben für Sie die Flächentarifverträge? Würden Sie andere Lösungen bevorzugen?
Schwägerl: Ich halte den Flächentarifvertrag mit seinen individuellen Vor- und Nachteilen für das einzelne Unternehmen für wichtig, um eine ausgewogene Wettbewerbssituation in unserer Branche sicherzustellen. Ich bin ein Verfechter des „Bestbieterprinzips“ und nicht des „Billigstbieterprinzips“. Der Flächentarifvertrag ist außerdem ein gutes Instrument, um mit attraktiven (Einstiegs-)Gehältern um Nachwuchs zu werben. Alternative Lösungen, die eine stärkere Individualisierung für die Betriebe in den Mittelpunkt stellen, bieten aus meiner Sicht insgesamt keine Vorteile gegenüber dem Flächentarifvertrag.
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Über Jan Schwägerl
Seit Oktober 2021 ist Jan Schwägerl kaufmännischer Geschäftsführer (CFO) der Porr GmbH & Co. KGaA, München, und verantwortet die Bereiche Personal sowie M&A/Merger Integration. Zuvor war er kaufmännischer Geschäftsführer bei Oevermann und Franki.
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