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Bauen mit Holz: Zwischen Klimakrise und Preisexplosion

Holz als nachwachsender und CO2 senkender Baustoff boomt. Bei der Bewältigung des Klimaproblems sei er unerlässlich, sagen Experten. So entstehen nicht nur in Hamburg und Berlin riesige Wohnbauprojekte in Holzbauweise. Doch mit dem weltweiten Nachfrageschub nach Bauholz steigen auch die Preise.

Die Baubranche hat derzeit mit ungewöhnlichen Preissteigerungen bei Baustoffen zu kämpfen. Doch nicht genug damit, mit dem Klimaziel 2050 steht dem Bau eine weitere Herausforderung und Diskussion über die Nachhaltigkeit von Baustoffen ins Haus. Das Argument: Wenn Beton, Kalksandstein oder Ziegel einmal verbaut sind, sind die Grundstoffe Zement, Sand, Kies, Kalk unwiederbringlich weg. Verbrauchter Sand, Kies oder Zement wächst nicht nach, die Ressourcen sind endlich. Anders Holz: Holz wächst kontinuierlich nach. Rund ein Drittel der Fläche Deutschlands besteht aus Wald. Pro Jahr wurden in den vergangenen Jahren durchschnittlich 76 Millionen Rohholz geerntet. Eine nachhaltige Forstwirtschaft sorgt dafür, dass die rund 2 Millionen Waldbesitzer nur so viel ernten wie nachwächst – in der Regel sogar weniger. Nach Angaben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald beträgt der jährliche Holzzuwachs 121,6 Millionen Kubikmeter. Allein in den Brandenburger Forsten wächst beispielsweise in 50 Tagen ausreichend Holz für 17.000 neue Wohnungen - ohne klimaschädliches CO2 zu emittieren. Während bei der Herstellung von Massivbaustoffen teilweise hohe CO2-Gase emittiert werden, speichert Holz beim Wachsen CO2 und fungiert damit als CO2-Senke. Das in einem Kubikmeter Holz gebundene CO2 entspricht tausend Kilogramm Kohlendioxid-Äquivalente.
Nachhaltige Variante eines Wolkenkratzers: Studie eines 350 Meter hohen Wohnturms in Tokio - zu 90 Prozent aus Holz und 10 Prozent Stahl. | Foto: Nikken-Sekkei

Holzpreise explodieren

Nicht zuletzt die Diskussion um Nachhaltigkeit hat dem Holzbau einen Boom beschert. Die Nachfrage nach Holz steigt, die Preise auch. In Norddeutschland sei der Preis je Kubikmeter Holz von 300 auf 560 Euro gestiegen, sagt der Zimmermeister und Präsident der Lübecker Handwerkskammer Ralf Stamer gegenüber der Presse. Grund für die Knappheit heimischen Holzes und die Preissteigerungen soll auch der Export heimischen Holzes vor allem in die USA sein. Auch klimabedingte Folgen von Trockenheit, Stürmen und Borkenkäfer wirken sich aus. Verstärkt fällt das durch Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer geschädigte Kalamitätsholz an. Das muss nicht schlechter sein, sagt die Holzwirtschaft und appelliert an die Bauwirtschaft, beim Bauen auch auf Kalamitätsholz zurückzugreifen, da es die gleiche Qualität wie herkömmliches Schnittholz habe. Um den Marktschwankungen besser begegnen zu können, spricht sich der Vorsitzende von Holzbau Deutschland, Peter Aicher dafür aus, mehr Nassholzlager einzurichten. Dadurch könnte der Holzmarkt entlastet, Schwankungen ausgeglichen und die Verfügbarkeit des Rohstoffs Holz auf dem heimischen Markt verbessert werden.

Massivbaustoffe sind emissionsintensiv

„Gebäude, die in Holzbauweise erstellt werden, verfügen über eine ganze Reihe von ökologischen und ökonomischen Vorteilen gegenüber konventionell errichteten Gebäuden aus Mauerwerk und Beton“, so der Geschäftsführer des Deutschen Holzfertigbau-Verbandes, Konstantin zu Dohna. Dennoch ist der Holzbau beim Einfamilienwohnungsbau in Deutschland mit im Durchschnitt 18,7 Prozent, im Mehrfamilienhausbau mit sogar nur zwei Prozent gegenüber dem Massivbau unterrepräsentiert. Bei Massivbaustoffen wie Stahlbeton, Kalksandstein und Ziegel fallen in der Produktionsphase durch den Verbrauch nicht erneuerbarer Energie CO2-Emissionen an. In einer Lebenszyklusanalyse hat die Technische Universität München drei Massiv-Wandbaustoffe sowie eine Holzständerwand unter anderem auf den CO2-Ausstoss im Herstellungsprozess untersucht und im Jahr 2021 veröffentlicht. Das Ergebnis: Bei allen Massivbaustoffen entsteht während der Produktion das klimaschädliche CO2 – Holz hingegen erhält eine CO2-Gutschrift, weil es CO2 einlagert.

So viel CO2 stoßen Baustoffe aus

Baustoff

CO2 Ausstoß (kg CO2-Äq. je m2 Wand)

Stahlbeton

82

Kalksandstein

70

Ziegelwand

60

Holzrahmenbau

-40

Zur Tabelle: Weil Holz CO2 bindet, erhält der Baustoff Holz eine CO2 Gutschrift. Bei Massivbaustoffen hingegen wird in der Produktionsphase viel CO2 emittiert. Quelle: TU München

Vorteil kurze Bauzeit

Auf einen weiteren Vorteil weist der Deutsche Holzfertigbau-Verband hin: Durch die Vorfertigung von ganzen Wand-, Decken- und Bodenelementen in den Werkhallen der Hersteller ist die Bauzeit bei Gebäuden aus Holz wesentlich reduziert. Die fertigen Elemente werden auf die Baustelle geliefert und vor Ort montiert. Je nach Gebäude kann innerhalb von nur einer Woche ein komplettes Geschoss fertiggestellt – und entsprechend frühzeitig mit dem Innenausbau begonnen werden. So beträgt bei konventioneller Bauweise die Errichtung des Rohbaus oftmals mehr als ein Jahr, während ein Gebäude in Holzbauweise in derselben Zeit schon bezugsfertig ist. Dadurch ergibt sich ein erheblicher Vorteil hinsichtlich der Dauer der Kapitalbindung. Ein Problem des Holzbaus sieht das Fraunhofer Institut in den manufakturähnlich strukturierten und handwerklich geprägten Kleinunternehmen im Holzbau in Deutschland, denen das Hightech-Wissen, aber auch das Finanzvolumen fehle, um den Holzbau in ein digitales Zeitalter zu führen. In Hamburg sollen aus diesem Grund drei Holzbaufirmen bei einem großen Holzbauprojekt abgesprungen sein. Ausführendes Unternehmen ist nun die Tiroler Rubner Holzbau GmbH mit ihrer Augsburger Niederlassung.

Holzbauprojekte der Superlative

Auch beim Holzbau gilt: höher, größer, spektakulärer. In Tokio soll ein Hochhaus mit 350 Meter Höhe zu 90 Prozent aus Holz und nur zehn Prozent Stahl bis 2040 realisiert werden. Nicht ganz so hoch, aber immerhin mit 65 Meter Höhe wird derzeit in Hamburg ein 18-stöckiger Wohnturm gebaut, das dann höchste in Deutschland realisierte Holzbauprojekt. Auf dem ehemaligen Flughafen Tegel soll mit 5.000 Wohneinheiten das weltweit größte Stadtquartier in Holzbauweise entstehen.

In Hamburg entsteht mit 65 Meter derzeit das in Deutschland höchste aus Holz gebaute Hochhaus. | Foto: Garbe Immobilien-Projekte/Störmer Murphy and Partners
In Hamburg entsteht mit 65 Meter derzeit das in Deutschland höchste aus Holz gebaute Hochhaus. | Foto: Garbe Immobilien-Projekte/Störmer Murphy and Partners
Mit „Roots“ (Wurzeln) entsteht in der Hamburger HafenCity Deutschlands vorerst höchstes Holzhochhaus mit einem Investitionsvolumen von 140 Millionen Euro. Insgesamt werden 5.500 Kubikmeter Nadelholz verbaut. Lediglich das Unter- und Erdgeschoss sowie die Erschließungskerne sind in Stahlbauweise geplant. Die Fertigstellung ist für Anfang 2024 geplant. Das 18-stöckige und 65 Meter hohe Gebäude wird 181 teilweise öffentlich geförderten Wohneinheiten haben. In einem angeschlossenen L-förmigen Riegel mit sieben Geschossen – davon sechs in Holzbauweise - sind ebenfalls Wohnungen untergebracht. Die Erstellung mit vorgefertigten Fertigteilen ermöglicht eine Bauzeit von nur einem Jahr.

Hoch lastabtragende Außenwände in vorgefertigter Elementbauweise und Massivholzdecken bilden zusammen mit einem tragenden Innenwandring das Primärtragwerk des Turmes.In den Decken wird 240–280 Millimeter starkes Brettsperrholz verbaut. Durch eine zweite Fassade aus Glas sind Brandschutz, UV-Schutz und Feuchteschutz des Holzes gewährleistet. „Wir möchten mit der Holzhausentwicklung für die Branche vorangehen und es in zehn Jahren gemeinsam geschafft haben, dass diese Art zu bauen kein Novum mehr ist. Das Gebäude steht für unsere Vision, die Stadt mit dem Baustoff Holz klimaneutral nachzuverdichten“, sagt Fabian von Köppen, Geschäftsführer der Garbe Immobilien-Projekte GmbH und fügt in einem NDR-Beitrag hinzu: „Das Spannende an der Sache ist, dass die verbauten 5.500 Kubikmeter innerhalb von 23 Minuten in Deutschland nachwachsen.“

Deutschlands größtes Holzbau-Projekt: Im Schumacher-Quartier auf dem Gelände des ehemaligen Flughafen Tegel entstehen über 5.000 Wohnungen. | Foto: Tegel-Projekt GmbH
Deutschlands größtes Holzbau-Projekt: Im Schumacher-Quartier auf dem Gelände des ehemaligen Flughafen Tegel entstehen über 5.000 Wohnungen. | Foto: Tegel-Projekt GmbH

Ein ganzer Stadtteil aus Holz

Mitte der 2030er Jahre soll auf dem ehemaligen Flughafen Berlin-Tegel ein Projekt der Superlative abheben: Für mehr als 10.000 Menschen werden mit dem Schumacher Quartier 5.000 Wohneinheiten entstehen, davon 40 Prozent geförderte Wohneinheiten – in Holzbauweise. Die landeseigene Tegel Projekt GmbH wird ab 2021 in Tegel auf einer 48 Hektar großen Projektfläche ein Modellquartier für den urbanen Holzbau realisieren. Dieses Wohnprojekt ist Teil eines insgesamt 211 Hektar großen Projektes Tegel TXL, einem Innovationspark für urbane Technologien. Dabei soll mit dem Projekt Bauhütte 4.0 ein System entwickelt werden, mit dem mittelfristig um 20-25 Prozent günstiger gebaut werden kann als bei konventioneller Bauweise. Gleichzeitig könnten dabei 80 Prozent klimaschädliche Emissionen eingespart werden. Das langfristige Ziel sei es – so die Tegel Projekt GmbH – mit der Bauhütte 4.0 durch industrielle Fertigung den Holzbau erschwinglich zu machen, denn im Verglich zum Massivbau sei der Holzbau 10 bis 15 Prozent teurer.

Perspektiven des Holzbaus

Die Fachgruppe Holzbau Deutschland im ZDB ist überzeugt, dass der Holzbau beste Voraussetzungen bietet, um nachhaltig, ressourcenschonend und CO2 senkend zu bauen und gleichzeitig den Wohnungsbau voranzubringen. In den vergangenen fünf Jahren ist die Quote der genehmigten Wohngebäude in Holzbauweise kontinuierlich gestiegen, von 15,1 Prozent im Jahr 2014 auf, auf 17,8 Prozent im Jahr 2019. Für einen effizienten Klimaschutzbeitrag sei das Bauen mit Holz unerlässlich – sagen Experten. Dem Bausektor kommt bei der Vermeidung von Treibhausemissionen somit eine Schlüsselrolle zu. Holz wirkt sich aufgrund seiner Eigenschaft, der Atmosphäre CO2 zu entziehen und den enthaltenen Kohlenstoff langfristig zu speichern, positiv auf die Umwelt aus und leistet so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Je mehr mit Holz gebaut wird, umso mehr Kohlenstoff bleibt über viele Jahre gebunden. Damit trägt der Holzbau entscheidend dazu bei, den CO2-Gehalt in der Luft zu senken.

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