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Landschaftsgärtner packen beim Bau der essbaren Stadt mit an

Wegen des Klimawandels nehmen die heißen Sommertage hierzulande zu. Den Hitzestress in der City soll zusätzliches Grün mindern. Trägt neben Bäumen und Gebäudebegrünung auch Urban Gardening – also Gärtnern in der Stadt – dazu bei, wird aus einer kühleren zugleich eine essbare Stadt. Wie das funktioniert, erläutert Florian Demling im Interview mit B_I galabau-Redakteur Jan Torben Budde.

Schutz vor Schadstoffen und Vandalismus beim Urban Gardening
Bringt seit 2019 mit „Urban Gardening Demonstrationsgärten“ das Grün und den Genuss in bayerische Städte: Florian Demling an einem Hochbeet. | Foto: LWG

Urban Gardening – was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Florian Demling: Beim Urban Gardening geht es vor allem darum, im städtischen Raum sein eigenes Obst und Gemüse anzubauen. Das kann kleinräumig im Balkonkasten auf der Fensterbank passieren – oder in Hochbeeten in einem Gemeinschaftsgarten auf einer Brachfläche.

Wozu ist das gut, und wo ist der Unterschied zu einem Stadtpark?

Demling: Bei Urban-Gardening-Projekten stehen vor allem ökologische und soziale Aspekte im Vordergrund. Es wird meist biologisch gegärtnert und auf nachhaltige Materialien oder Recycling-Produkte wie Bäckerkisten gesetzt. Gerade in Großstädten ist die Gemeinschaft durch solche Projekte besonders wichtig und schafft neue gesellschaftliche Teilhabe. Es wird gemeinsam gepflanzt, gegossen, geerntet – und die frische Ernte gemeinsam gekocht und gegessen.

Wer kann eigentlich alles ein Urban-Gardening-Projekt anschieben, und an wen wendet man sich mit seiner Idee?

Demling: Oft gibt es in vielen Städten und Gemeinden schon das ein oder andere Gartenprojekt. Meist sind diese an einen Verein oder an ein anderes Projekt geknüpft. Urban-Gardening-Projekte sind übrigens eine gute Möglichkeit für Obst- und Gartenbauvereine, die hier viele junge Mitglieder gewinnen können. Manche Kommunen fördern auch solche Projekte mit direkten Finanzmitteln.

Platz für Auberginen und Salat im mobilen Hochbeet. | Foto: LWG
Platz für Auberginen und Salat im mobilen Hochbeet. | Foto: LWG

Was ist bei der Standortwahl zu beachten?

Demling: Ein Standort für ein Urban-Gardening-Projekt kann mitten in der Stadt liegen und sollte für die Beteiligten gut zugänglich sein. Ein Zaun oder eine Hecke könnte das Risiko von Vandalismus verringern. Ein motivierter Flächeneigentümer wie eine Kommune, die an einer Nutzung interessiert ist, kann hier durchaus förderlich sein. Man kann einen leerstehenden Parkplatz oder andere Brachflächen dann gut mit temporären Beeten auf Paletten ausstatten. Halbschattige Standorte sind ideal, damit man hier nicht zu viel gießen muss. Bestenfalls gibt es einen festen Wasseranschluss oder die Möglichkeit, Regenwasser aufzufangen.

Woher kommen Geld und Arbeitskräfte für solch ein Projekt?

Demling: Meist entstehen solche Projekte aus einem Ehrenamt und die Freiwilligen bringen sich vor allem mit alten Kisten und Material ein. Pflanzen werden zur Kosteneinsparung meist selbst angezogen. Über Vereinsbeiträge, Fördermittel der Kommune oder kleine Sponsoren sind natürlich auch Anschaffungen möglich – Erde, Folie und geeignete Gefäße kosten schnell ein paar Hundert Euro.

Welche Rolle kann der Garten- und Landschaftsbau beim Urban Gardening übernehmen?

Demling: Ein Urban-Gardening-Projekt ähnelt doch auch manchmal einem Hausgarten: Es werden ein Wasseranschluss und Leitungen benötigt. Vielleicht muss der Untergrund für Hochbeete planiert werden oder sogar Beete geliefert werden. GaLaBau-Unternehmen könnten also eigentlich alle Dienstleistungen von der Planung, über die Flächenvorbereitung, temporäre Wegbefestigung oder Rollrasen übernehmen. Vor allem der Einsatz von Maschinen, wie zum Beispiel Radlader erleichtert den Aufbau eines Urban-Gardening-Projekts enorm.

Sie haben das Projekt „Urban Gardening Demonstrationsgärten in Bayern“ der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) betreut. Können Sie zur Veranschaulichung ein konkretes Beispiel nennen, welche Arbeiten Landschaftsgärtner erbracht haben?

Demling: Wir haben hier sieben Schaugärten in ganz Bayern angelegt und eigentlich in jedem die Unterstützung von Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus erhalten. Die Landschaftsgärtner in München haben zum Beispiel die komplette Infrastruktur an Holzdeck, Wasser und Strom geliefert. Ergänzt wurde die Gartenfläche mit der Lieferung, dem Aufstellen und Befüllen von Hochbeeten. Für die Gartenfläche gab es dann noch Rasen von den Landschaftsgärtnern.

Wenn alles fertig ist: Wie aufwendig ist die Pflege dieser Stadtgärten – und wer übernimmt die Arbeit überhaupt?

Demling: In Urban-Gardening-Projekten ist es immer wichtig, einen „Kümmerer“ zu haben, der die gesamte Organisation und Verantwortung in der Hand hat und regelmäßig ein Auge darauf hat. Das war in unseren Gärten jeweils eine Aushilfskraft, die bis zu neun Stunden in der Woche vor Ort war, um eine Gartenanlage von rund 200 Quadratmetern zu pflegen. Beim Anpflanzen und Ernten – oder auch beim Gießen – sind gut Aktionen möglich, zum Beispiel mit Schulklassen oder Anwohnern. Für die regelmäßige Pflege braucht es aber klare Abmachungen, dann sind auch Beet-Patenschaften möglich. Schließlich möchten viele Menschen einen eigenen Garten und könnten so ihr eigenes Gemüse anbauen.

Und wie wird verhindert, dass Hochbeete und Installationen gleich Randalierern zum Opfer fallen?

Demling: In unseren Schaugärten gab es erstaunlich wenig Vandalismus. Ein Zaun oder Hecke kann natürlich einen Garten von der Umgebung abtrennen – in zentraler Lage können auch Informationen hilfreich sein. Informationstafeln mit der Aufschrift „Dieses Beet wird betreut von einem Beetpaten XY“ oder auch Verhaltensregeln beim Garteneintritt können hier helfen. Es ist sehr schade, wenn das mühsam gezogene Gemüse einfach von externen abgeerntet oder sogar herausgerissen wird. Eine offensive Bürgerbeteiligung kann hier sicherlich auch unterstützen.

So gelingt vertikales Gärtnern am Treppenaufgang. | Foto: LWG
So gelingt vertikales Gärtnern am Treppenaufgang. | Foto: LWG

Urban Gardening klingt ja gut und schön. Doch wie gesund ist Obst und Gemüse aus der Stadt überhaupt? Stecken da nicht zu viele Schadstoffe drin?

Demling: Es sind verschiedene Quellen für Schadstoffe beim Urban Gardening denkbar. Wenn neben dem Garten eine stark befahrene Straße liegt, könnten Zwischenpflanzungen wie Hecken oder Sträucher die mögliche Luftschadstoff-Belastung reduzieren. Sobald man mehr als zehn Meter von der Straße etwas Essbares anpflanzt, sollten dort auch weniger Schadstoffe auftreten. Hier spielt auch die Pflanzenauswahl eine Rolle: Blatt- und Fruchtgemüse können Schadstoffe über die Luft aufnehmen. Wurzelgemüse sollte nicht in minderwertigem oder gar mit Schwermetallen belastetem Substrat aus Bauresten angebaut werden. An der Technischen Universität Berlin gab es hier unter anderem Untersuchungen bei verschiedenen Urban-Gardening-Projekten in Berlin. Vor allem aus minderwertigem Substrat ist hier Blei und Cadmium in Gemüse gelangt. Zertifizierte und schadstofffreie Substrate sind deshalb zu empfehlen. Wenn man diese Kriterien beachtet, steht eigentlich einem gesunden Obst oder Gemüse mit vielen Vitaminen nichts im Wege.

Wenn Geld und Platz keine Rolle spielen: Worauf würden Sie in Ihrem ganz persönlichen Urban-Gardening-Projekt Wert legen?

Demling: Hochbeete sind immer großartig, weil hier eine angenehme Arbeitshöhe erreicht wird und man ganz bequem anpflanzen und ernten kann. Vertikale Gartensysteme finde ich besonders spannend – sie ermöglichen ganz viele Pflanzen auf wenig Grundfläche. Das sieht meist super aus und kann auch direkt am Gebäude montiert werden. Alle Beete würde ich mit einer automatischen Bewässerung ausstatten, bestenfalls mit Regenwasser oder Recyclingwasser. Ich würde mir hier eine Oase in der Stadt schaffen, die ein angenehmes Klima schafft, viele leckere Besonderheiten zum Ernten bringt und auch noch was für die Insekten und Bienen beiträgt.

Gedeiht die grüne Branche?

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Florian Demling und das Urban Gardening

Florian Demling hat Gartenbau an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Freising in Bayern studiert. Studienschwerpunkt: Produktionsgartenbau. Abschluss: Bachelor of Science Gartenbau. Er ist bei der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) angestellt und betreut die Projekte „Urban Gardening Demonstrationsgärten“ und „Klimawandel-Garten“. Gleichzeitig ist Demling in seiner zweiten Teilzeit-Stelle seit Januar 2023 bei der Stadt Nürnberg als Baummanager tätig.

Näheres zu den beiden Projekten. Zum einen die „Urban Gardening Demonstrationsgärten in Bayern“: Unter dem Motto „Lust auf Gemüse in der Stadt“ sollte den Menschen in Ballungsräumen die Freude am Gärtnern auch auf kleinen Flächen vermittelt werden. Dazu wurden von 2019 bis 2022 in den Demonstrationsgärten Anbaumethoden vom Hochbeet über den Kistengarten bis hin zum Anbau von Gemüse und Kräutern an der Wand gezeigt: Das LWG-Projekt wurde von der Bayerischen Gartenakademie gemeinsam mit dem Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau realisiert. Angesichts der Klimadiskussion ist Urban Gardening aktueller denn je.

Der „Urban Gardening“-Demonstrationsgarten in München wurde zum „Klimawandel-Garten“ umgestaltet: 28 Ausstellungsobjekte zu 14 Themenbereichen geben beispielhaft Anregungen für die Bauwerksbegrünung, Flächenentsiegelung, Regenwasserbewirtschaftung und eine Pflanzenverwendung, die dem Klimawandel trotzen soll. Alle Themen haben einen Bezug zur Klimaforschung in Bayern. Jede Station bietet praktisches Anschauungsmaterial in Form ausgewählter Baustoffe und Bauweisen und informiert über den Benefit künftigen Tuns.

Wenn Salate und Basilikum schwimmen gehen: Urban Gardening auf dem Wasser. | Foto: LWG
Wenn Salate und Basilikum schwimmen gehen: Urban Gardening auf dem Wasser. | Foto: LWG

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