Abnahme verweigert: Was Auftragnehmer tun können
Wird die Abnahme zu Unrecht verweigert, können sich Bauunternehmen trotzdem auf ihre Rechte berufen. Dieser Beitrag zeigt, wie Auftragnehmer strategisch vorgehen sollten – und welche Beweise im Streitfall den Ausschlag geben.

Die Abnahme der erbrachten Leistungen ist für einen Bauunternehmer eigentlich ein strategisches Ziel. Warum nur „eigentlich“? In vielen Fällen ist leider festzustellen, dass Auftragnehmer eine Baustelle einfach verlassen, ohne dass es zu einer Abnahme kommt. Manchmal sieht man dann auch, dass noch nicht einmal eine Schlussrechnung gestellt wird.
Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Manchmal will man die Baustelle einfach nur hinter sich bringen und vergessen. Manchmal hat man schon so viele Zahlungen erhalten, dass sich die Mühe für eine Schlussrechnung nicht lohnt. Viel öfter scheint es aber so zu sein, dass Auftragnehmer einfach nicht wissen, was es bedeuten kann, wenn keine Abnahme erfolgt.
Bedeutung der Abnahme für den Auftragnehmer
Aus Sicht der Auftraggeber wiederum ist die Abnahme nicht unbedingt erstrebenswert. Spiegelbildlich sind die Vorteile der Abnahme für den Auftragnehmer Nachteile für den Auftraggeber. Deswegen können Auftraggeber versucht sein, die Abnahme ohne wirklichen sachlichen Grund zu verweigern. So ein Fall wurde gerade vom OLG Frankfurt mit Urteil vom 06.10.2023 – 29 U 143/21 entschieden.
Welche rechtlichen Folgen hat so ein Verhalten des Auftraggebers?
Zuerst muss man sich vor Augen halten, dass die Abnahme für den Auftragnehmer ganz erhebliche und praktisch durchweg rechtlich vorteilhafte Folgen hat. Es fängt damit an, dass der Auftragnehmer eine Schlussrechnung legen kann. Selbst wenn er bis dahin schon sehr viele Abschlagsrechnung gestellt hat, hat die Zahlung auf eine Schlussrechnung doch eine andere rechtliche Wirkung. Zahlungen auf Abschlagsrechnungen bedeuten rechtlich kein Anerkenntnis. Der Auftraggeber kann also jederzeit behaupten, eine Abschlagszahlung sei ohne Grund erfolgt und müsse deswegen zurückgezahlt werden. Das ist bei einer Schlusszahlung anders. Die Zahlung auf eine Schlussrechnung bedeutet grundsätzlich ein Anerkenntnis der beglichenen Schuld. Das macht es ein Auftraggeber viel schwieriger, nach einer Zahlung Rückforderungsansprüche geltend zu machen.
Und natürlich beginnt taggenau mit der Abnahme die Gewährleistungsfrist. Es ist einfach mühsam, einige Jahre nach Abschluss einer Baustelle Mängelrügen zu bekommen und dann festzustellen, dass völlig unklar ist, ob die Ansprüche verjährt sind oder nicht.
Konkludente Abnahme und ihre Tücken
Zu einer solchen Unklarheit kommt es nämlich, wenn der Auftragnehmer einfach eine Baustelle räumt. Es gibt dann zwar die Rechtsfigur der sogenannten Abnahme durch konkludentes Verhalten. Das setzt aber rechtlich einiges voraus. So muss die Leistung nutzbar sein. Der Auftraggeber muss sie auch in der Absicht nutzen, sie als vertragsgerecht entgegenzunehmen und nutzen zu wollen. Und das muss er in irgendeiner Weise nach außen zeigen, bei der konkludenten Abnahme eben durch die tatsächliche Nutzung.
Für all diese Voraussetzungen ist ein Auftragnehmer beweispflichtig. Außerdem wird diese Abnahme erst nach Ablauf einer Prüffrist wirksam, deren genaue Dauer immer vom Einzelfall abhängig und deswegen nicht im vorhinein präzise zu ermitteln ist.
Umkehr der Beweislast: Was auf dem Spiel steht
Auch die sogenannte Umkehr der Beweislast darf nicht unterschätzt werden. Die Beweislast betrifft eigentlich nur prozessuale Fragen. Es geht darum, wer für eine Tatsache Beweis führen muss. Das ist, wenn man den Prozess gewinnt, eigentlich egal, da man wegen der nachgewiesenen Tatsache und der gegebenenfalls angefallenen Beweiskosten einen Erstattungsanspruch gegen die Gegenseite hat. Es kommt aber immer wieder vor, dass eine Tatsache, aus welchen Gründen auch immer, nicht nachgewiesen werden kann: Manche Leistungen sind später nicht mehr zugänglich oder ein bestimmter Zustand ist nicht mehr feststellbar.
Ein Gewerk, das unter anderem typischerweise Probleme mit dieser Frage hat, ist der Trockenbauer. Auch die Garten- Landschaftsbauer sind oft betroffen, wenn sie etwa Hofflächen pflastern. Wann genau ist ein Loch in der Trockenbauwand entstanden oder eine Fahrrille in das Pflaster gedrückt worden? Wer trägt dafür die Verantwortung? Lässt sich das nicht erklären, kommt es darauf an, ob die Abnahme stattgefunden hat oder nicht. Vor Abnahme trägt der Auftragnehmer die Beweislast, dass seine Leistung mangelfrei ist. Erst nach der Abnahme dreht sich diese Beweislast um und der Auftraggeber muss nachweisen, dass ein Mangel bereits zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden war.
Bezogen auf ein Loch in einer Trockenbauwand bedeutet dies, dass bei einem Einzug vor Abnahme der Auftragnehmer erhebliche Risiken übernimmt, weil er im Zweifel für Beschädigungen haften muss. Nach der Abnahme hingegen ist dem Trockenbauer egal, wie viel Möbel durch die von ihm errichteten Innenräume getragen werden.
Die förmliche Abnahme und ihre Bedeutung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Abnahme durchzuführen. Der Normalfall soll eigentlich die gemeinsame oder auch förmliche Abnahme sein. Bei dieser förmlichen Abnahme trifft man sich auf der Baustelle und geht gemeinsam die erbrachten Leistungen ab. Es wird ein Abnahmeprotokoll erstellt und die Leistungen werden abgenommen.
Wenn der Auftraggeber die Abnahme verweigert
Was aber passiert, wenn der Auftraggeber sich weigert, an der Abnahme mitzuwirken? In diesem Fall kommt es natürlich darauf an, ob er zu dieser Abnahme verpflichtet wäre oder nicht. Ein Auftraggeber kann die Abnahme nur bei sogenannten wesentlichen Mängeln verweigern. Ein wesentlicher Mangel kann darauf beruhen, dass eine Leistung gar nicht funktionsfähig ist (an der Heizungsanlage fehlt noch das Kabel zur Steuerungseinheit) oder es gibt so viele einzelne Mängel, dass dies dem Auftraggeber nicht zuzumuten ist.
„Verweigert der Auftraggeber zu Unrecht die Abnahme, treten alle Wirkungen der Abnahme ein.“
Weigert sich der Auftraggeber, muss der Auftragnehmer nachweisen, dass seine Leistung tatsächlich abnahmereif war. Dazu kann er Fotos machen, Videoaufnahmen oder mit einem Mitarbeiter die Leistungen begehen. Der Auftraggeber kann später nicht einfach ins Blaue hinein behaupten, die Leistung sei nicht abnahmereif. Er muss seinerseits vortragen, was fehlt oder was mangelhaft ist. Auftragnehmer muss dem jedoch entgegentreten können, um den Zustand der Leistung zum Zeitpunkt der versuchten Abnahme nachweisen zu können.
Verweigert der Auftraggeber zu Unrecht die Abnahme, treten alle Wirkungen der Abnahme ein (bezogen auf die Fälligkeit der Schlussrechnung hatte das schon BGH, Beschluss vom 18.05.2010 – VII ZR 158/09 festgestellt). Das ist für den Auftragnehmer eine ganz wichtige Rechtsfolge, wie oben ja schon erläutert wurde.
Auftragnehmer sollten den Auftraggeber zu einem Abnahmetermin einladen, um mit ihm die Abnahme durchzuführen. Erst ein solcher erfolgloser Versuch, dem Auftraggeber ein rechtmäßiges Verhalten zu ermöglichen, eröffnet dem Auftragnehmer die Möglichkeit, sich auf die zu Unrecht verweigerte Abnahme zu berufen.
Abnahme durch Fristsetzung: § 640 Abs. 2 BGB
Es ist auf eine besondere Form der Abnahme hinzuweisen, die sowohl bei VOB-Verträgen als auch bei BGB-Verträgen anwendbar ist. Es geht um eine Abnahme durch Fristsetzung. Diese ist in § 640 Abs. 2 BGB geregelt. Danach treten die Wirkungen der Abnahme ein, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Auftraggeber diese Abnahme nicht unter Berufung auf mindestens einen Mangel abgelehnt hat.
Viele Auftraggeber kennen diese „Falle“ und versuchen sie zu vermeiden, indem sie mindestens einen Mangel einwenden. Das Gesetz sieht nicht vor, dass es sich um einen besonders relevanten oder eben wesentlichen Mangel handeln muss. Deswegen läuft in manchen Fällen diese Form der Abnahme ins Leere.
Es bleibt aber bei der allgemeinen Regel, dass der Auftraggeber nicht zu Unrecht eine Abnahme verweigern kann. Dies gilt auch dann, wenn die Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB scheitert.
Fazit
Der Auftraggeber kann sich der Pflicht zur Abnahme der Leistungen nicht entziehen. Der Auftraggeber muss sich also so behandeln lassen, als habe er die Abnahme erklärt. Vogel-Strauß-Strategien helfen ihm nicht!
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