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Wer haftet für Überraschungen im Untergrund?

Der Baugrund birgt juristische und finanzielle Risiken. Wer haftet bei Abweichungen vom Bodengutachten oder Kontaminationen? Wie Gerichte entscheiden – und warum Auftragnehmer den Vertrag genau prüfen sollten.

Bodenrisiko am Bau: Rechtliche Fallstricke für Auftragnehmer
Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Boden und Abweichungen vom Vertrag führen häufig zu Streitigkeiten bei Bauverträgen. Auftragnehmer sollten sorgfältig prüfen, ob sie Risiken ausreichend einkalkuliert haben. | Foto: B_I MEDIEN

„Vor der Hacke ist es dunkel.“ Dies wird von Juristen gerne zitiert, wenn es um die Unsicherheiten geht, die im Baugrund drohen können. Schon die Mengenabweichung verschiedener Bodenqualitäten kann sich erheblich auf die Preise und die Kalkulation auswirken Wer trägt die Mehrkosten, wenn unerwartet im Boden eine Kontamination zu finden ist, man auf eine Sand- oder Torflinse stößt oder wenn der Boden eine andere Tragfähigkeit aufweist als erwartet?

Eine einfache und schematische Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Auf keinen Fall kann man sagen, dass immer der Auftraggeber diese Risiken und Mehrkosten zu tragen hat. Auftragnehmer müssen auch immer berücksichtigen, was im Vertrag steht und ob sie aus den Umständen bestimmte Erkenntnisse auf dem Boden entnehmen lassen. Dabei führt ein Bodengutachten regelmäßig zu mehr Kalkulationssicherheit.

Spielräume im Vertrag: Wer trägt welches Risiko?

Es kann im Vertrag geregelt sein, dass der Auftragnehmer die mit dem Boden zusammenhängenden Risiken übernimmt. Dies kann in sehr unterschiedlicher Weise passieren. Möglicherweise sind die Einheitspreispositionen so formuliert, dass sie alle möglichen Gegebenheiten erfassen und für abweichende Abrechnungen eigentlich keinen Raum mehr lassen. Beim Boden gilt wie bei allen Leistungen, dass eine sehr weit gefasste Leistungsbeschreibung auch sehr viele unterschiedliche Leistungen umfasst. Hierauf müssen sich Auftragnehmer schon bei der Kalkulation einstellen. Sie dürfen vor allem nicht darauf vertrauen, dass Auftraggeber ganz treu nach der VOB/C vorgehen und die Bodenverhältnisse differenziert ausschreiben.

OLG Hamburg: „Egal wie der Boden ist“ – Risiko beim Auftragnehmer

Auch beim Boden kann ein Auftragnehmer nicht kalkulierbare Risiken übernehmen. Läuft es in der Leistungsbeschreibung darauf hinaus, dass der Auftragnehmer den Boden „egal wie er ist“ nehmen und bearbeiten muss, übernimmt der Auftragnehmer auch alle daraus resultierenden Risiken (OLG Hamburg, Urteil vom 06.11.2024 - 4 U 89/21).

Dies gilt auch für den Fall, dass der Vertrag den Boden gar nicht näher beschreibt. Auch in diesem Fall weiß ein Bieter nur, dass er nichts über den Boden weiß und deswegen mit allem zu rechnen hat, sowohl kalkulatorischen als auch rechtlich (OLG Bamberg, Beschluss vom 09.10.2019 - 4 U 185/18).

Regionale Besonderheiten: Beispiel Torflinsen im hessischen Ried

Die Bodenverhältnisse können sich aber auch aus den anderen Umständen im Vertrag ergeben. So musste sich ein Bieter belehren lassen, dass im „hessischen Ried“ mit Torflinsen zu rechnen sei. Wer also in diesem Gebiet Boden aushebt und für Fundamente verantwortlich ist, muss damit rechnen, auf Torf zu stoßen und entsprechend Maßnahmen einkalkulieren zu lassen. Das OLG Frankfurt hat sich dabei auf allgemein zugängliche Quellen wie etwa Internet-Recherchen gestützt und darauf, dass sich das Baugebiet in der Nähe zum Naturschutzgebiet Pfungstädter Moor befindet (OLG Frankfurt v. 19.08.2019, 13 U 249/17). Ein Bieter, der nicht wissen will, wo er arbeiten soll und sich nicht um die Beschreibung im Vertrag kümmert, ist nicht schutzwürdig.

BGH-Urteile: Wann Kontaminationen einkalkuliert sein müssen

Aber auch andere Umstände, die sich einem fachkundigen Bieter geradezu aufdrängen müssen, sind von ihnen bei der Kalkulation zu berücksichtigen. In zwei vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fällen ging es um unerwartet angetroffene Kontaminationen. In beiden Fällen sollte der Auftragnehmer Boden austauschen und den ausgebauten Boden abfahren und entsorgen oder verwerten. In beiden Fällen waren im Bauvertrag keine Hinweise auf eine Kontamination zu finden und deswegen hat der Auftragnehmer nach dem Auffinden der Kontamination jeweils einen Nachtrag gestellt. In dem jeweils bis zum BGH geführten Rechtsstreit hat aber nur eine der Auftragnehmer auch seinen Nachtrag durchsetzen können. Warum?

Der Unterschied lässt sich dem bisher geschilderten Sachverhalt nicht entnehmen, denn es muss etwas Zusätzliches dazukommen: In dem Fall, den der Auftragnehmer verlor, also die Kontamination auf eigene Kosten beseitigen musste, war für jeden Fachmann erkennbar, dass in der geschilderten Situation vor Ort regelmäßig mit Kontaminationen dieser Art zu rechnen ist. Und weil diese Kontamination für jeden Fachmann erkennbar zu erwarten war, musste der Auftragnehmer sie auch von vornherein einkalkulieren. Im anderen Fall war es hingegen für ein Fachmann nicht zu erkennen, dass man auf eine solche Kontamination stoßen würde. Deswegen musste der Auftragnehmer auch insoweit nichts einkalkulieren und konnte die Mehrkosten vom Auftraggeber einfordern (BGH v. 22.12.2011 - VII ZR 67/11 und v. 21.3.2013, VII ZR 122/11).

Bodengutachten als Erwartungsgrundlage – aber nicht grenzenlos

Liegt ein Bodengutachten vor, klärt sich die Situation etwas mehr. Das Bodengutachten soll den vorhandenen Boden beschreiben und so die beidseitigen Erwartungen näher beschreiben. Weicht dann der vorhandene Boden von dem Bodengutachten ab, sind Mehrleistungen so zu vergüten, als habe der Auftraggeber eine ändernde Anordnung erteilt. Das lässt sich gut begründen: Der Auftraggeber beschreibt in dem Bodengutachten, womit der Bieter rechnen muss. Stößt der Auftragnehmer tatsächlich auf einen anderen Boden, könnte er den Auftraggeber fragen und dieser würde ihn anweisen, den geänderten Boden sachgerecht zu behandeln. Der Auftraggeber könnte also dieser Anordnung gar nicht entkommen. Kommt es aufgrund der Umstände auf der Baustelle nicht zu dieser Rückfrage, muss sich der Auftraggeber so behandeln lassen, als hätte er diese für ihn unvermeidbare Anordnung erteilt.

Planungsinitiative vom Unternehmer: Haftung für eigene Vorschläge

Auch das Bodengutachten schützt den Auftragnehmer jedoch nur dann, wenn er nicht selbst eigenmächtig oder aufgrund eigener planerischer Vorschläge hiervon abweicht. In einem vom OLG München erst kürzlich entschiedenen Fall hatte der Auftragnehmer bereits während der Angebotsphase Vorschläge zu der Gründung gemacht. Geplant war ursprünglich eine Flachgründung. Aufgrund der Vorschläge des Auftragnehmers wurde dann jedoch eine Pfahlgründung beauftragt. Diese Pfahlgründung ist technisch fehlgeschlagen. Die deswegen entstehenden Mehrkosten wollte der Auftragnehmer nicht tragen, das Baugrundrisiko sei schließlich vom Auftraggeber zu tragen. Dem ist das OLG München nicht gefolgt. Mit seinem eigenen Vorschlag hat der Auftragnehmer insoweit das Planungsrisiko übernommen. Planungsrisiko bedeutet, dass derjenige, der plant, auch das Risiko der Ausführbarkeit und der Vollständigkeit seiner Planung trägt. Dies hat das Gesetz für den Fall, dass ein Auftragnehmer plant, ausdrücklich vorgesehen. Dieser Auftragnehmer erhält für Leistungen, die über seine Planung hinaus erforderlich sind, keine zusätzliche Vergütung (§ 650b BGB). Es ist nur konsequent, dies auch auf Fälle im Zusammenhang mit dem Boden auszudehnen (OLG München, Beschluss vom 26.09.2024 - 28 U 1136/24 Bau)

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Fazit: Sorgfaltspflicht bei unklaren Leistungsbeschreibungen

Die nicht kleine Zahl der Entscheidungen zeigt es: Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Boden und tatsächlichen oder vermutlichen Abweichungen vom Vertrag führen immer wieder zu Streitigkeiten. Oft geht es um erhebliche Summen. Deswegen sollten Auftragnehmer immer besonders sorgfältig prüfen, was der Vertrag in Ihrem Fall vorsieht und ob sie die Risiken wirklich ausreichend einkalkuliert haben.

Gibt es im Vertrag oder in der Leistungsbeschreibung Unklarheiten, sollten Unternehmen unbedingt noch vor der Abgabe eines Angebots mit dem Auftraggeber Kontakt aufnehmen und für eine Klärung sorgen. Auch für Fälle des Bodenrisikos gilt, dass sich Bieter nicht auf eine erkennbar oder erkannte unklare Leistungsbeschreibung berufen können, um hieraus Nachträge geltend zu machen (OLG Celle, Urteil vom 20.11.2019 - 14 U 191/13). Eine aufgrund einer Bieterfrage mit dem Taktgeber gefundene Klärung ist für alle Bieter maßgeblich und führt zu fairen Wettbewerbsverhältnissen und sauber kalkulierten Preisen.

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