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Anordnungen auf Baustellen: Abrechnung und Rechtsfolgen für Auftragnehmer
Ob eine Anordnung vorliegt oder nicht, kann sich finanziell massiv auswirken. Auftragnehmer sollten deshalb auf der Baustelle immer auf den richtigen Ablauf der Vertragsänderung achten. | Foto: Jarmoluk/Pixabay

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Auf Baustellen ändern sich manchmal täglich die auszuführenden Leistungen. Das ist einerseits normal, bei Einheitspreisverträgen sowieso, bei denen genau die ausgeführte Leistung abgerechnet werden kann. Andererseits greift sehr oft der Bauherr mit Wünschen und Anordnungen in die Bauleistung ein. Und das löst dann unterschiedliche Rechtsfolgen aus – vor allem kann der Auftragnehmer bei Anordnungen anders abrechnen, in der Regel nämlich mehr.

Ein Fall vor dem OLG Hamm: Eine Anordnung und ihre Folgen

Das OLG Hamm hatte das vor kurzem zu entscheiden: Der Auftraggeber ordnet an, dass der Auftragnehmer ursprünglich beauftragte Lamellen nicht ausführen soll. Der Auftragnehmer hatte das Material aber schon eingekauft und macht diese Kosten in Höhe von gut 55 Prozent der Einheitspreisposition geltend. Der Auftraggeber beruft sich auf eine Mengenminderung nach § 2 Abs. 3 VOB/B und verlangt eine Abrechnung nach dieser Vorschrift und beruft sich hilfsweise darauf, der Auftragnehmer habe bei anderen Leistungen einen Ausgleich erhalten. Im Ergebnis will er also nichts bezahlen.

Mengenminderung oder Anordnung: Wo genau liegt der Unterschied?

In diesem Fall kommt es entscheidend darauf an, dass der Auftraggeber eine Anordnung ausgesprochen hat. Die Mengenminderung ist bei Einheitspreisverträgen etwas ganz Normales, aber sehr oft stehen dem Auftragnehmer zum Beispiel wegen Mehrmengen an anderer Stelle gar keine Ansprüche zu. Damit hat der Auftraggeber im Ansatz recht. Aber es geht hier, wie das Gericht feststellt, eben nicht um eine reine Mengenminderung, sondern um eine Anordnung (OLG Hamm, 05.07.2024, 12 U 95/22).

Wann liegt eine Mengenminderung gemäß VOB/B vor?

Eine Mengenminderung im Sinne des § 2 Abs. 3 VOB/B liegt nur vor, wenn sie „unwillkürlich“ oder „zufällig“ passiert, also niemand ändernd eingreift. Wenn zum Beispiel die mit 1.000 m² ausgeschriebene Fläche tatsächlich nur 987,2 m² groß ist, ist das in dieser Weise „zufällig“. Weil solche Abweichungen vorkommen können, muss der Auftragnehmer prüffähig abrechnen, und seine Vergütung richtet sich nach den tatsächlich ausgeführten Leistungen. „Unwillkürlich“ oder „zufällig“ ist jetzt keine besonders eingängige Beschreibung, am genauesten wäre „ohne Eingriff des Auftraggebers“.

Was gilt bei Anordnungen durch den Auftraggeber?

Bei dem Beispiel mit den Lamellen gibt es also einen solchen Eingriff, und zwar eine Reduzierung auf „Null“, die Lamellen werden vollständig nicht ausgeführt. Deswegen darf der Auftragnehmer auch abrechnen wie nach einer (Teil-) Kündigung. Er bekommt also die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Im konkreten Fall bekommt er also das unnütz eingekaufte Material bezahlt, außerdem behält er seine Ansprüche auf Allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn. Damit bekommt er deutlich mehr als bei einer reinen Mengenminderung nach § 2 Abs. 3 VOB/B.

Die Bedeutung von Anordnungen auch bei Teilleistungen

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Auftraggeber mit seiner Anordnung nur einen Teil der Leistung streicht. Entscheidend ist der Eingriff, der in der Anordnung liegt. Der Bauvertrag enthält das Versprechen des Auftraggebers, die vereinbarte Vergütung zu zahlen, dafür verspricht der Auftragnehmer, die vereinbarte Leistung zu erbringen. Der Auftraggeber darf beim Werkvertrag auf einen Teil der Leistung verzichten, aber sein Zahlungsversprechen darf er nicht sanktionslos zurückziehen.

Pauschalverträge: Wann hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine Vergütung?

Bei Pauschalverträgen wird der Unterschied noch deutlicher. In § 2 Abs. 7 VOB/B wird beschrieben, wann der Auftragnehmer bei einer geänderten Leistung eine zusätzliche Vergütung verlangen kann. Deutlich ausformuliert geht es in § 2 Abs. 7 Nr. 1 VOB/B um die Fälle, dass die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich abweicht, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist. Die Rechtsprechung sieht eine solche Abweichung bei einer Erhöhung des gesamten (!) Volumens des Pauschalvertrages von 20-30 Prozent aufwärts. Auch 50 Prozent mehr mussten Auftragnehmer schon einmal hinnehmen, ohne eine gesonderte Vergütung zu erhalten. Das tut dann schon weh.

Kleine Anordnungen – große Folgen: Auftragnehmer sollten darauf achten

Sehr oft übersehen aber Auftragnehmer die sehr unauffällige Formulierung in § 2 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B: „Die Regelungen der Absätze 4, 5 und 6 gelten auch bei Vereinbarung einer Pauschalsumme.“ Der Verweis auf die Absätze 4, 5 und 6 bedeutet nichts anderes, als dass der Auftragnehmer bei jeder Anordnung einen Anspruch auf eine geänderte Vergütung hat. Auch wenn die Anordnung noch so klein und geringwertig ist. Ganz überspitzt gesagt, kann der Auftragnehmer bei einer Anordnung jeden Cent mehr abrechnen, bei der „erheblichen Abweichung“ des § 2 Abs. 7 Nr. 1 VOB/B kann er nur das abrechnen, was über die Erheblichkeitsgrenze von 20-30 Prozent (mindestens) hinausgeht.

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Fazit: Anordnungen immer dokumentieren!

Die Anordnung ist ein wichtiger Einstieg in Nachträge. Ob eine Anordnung vorliegt oder nicht – oder ob dies bewiesen werden kann – kann sich finanziell massiv auswirken. Auftragnehmer sollten deswegen immer darauf achten, im entscheidenden Moment auf der Baustelle auf den richtigen Ablauf der Vertragsänderung zu achten.


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