Abnahme und Teilabnahme nach VOB/B
Teilabnahmen sind für Auftragnehmer vorteilhaft, bergen aber Risiken für Auftraggeber. Dabei geht es um Haftung, Gewährleistung und Ansprüche. Wie mit Teilabnahmen richtig umzugehen ist und welche Alternative es gibt.
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Die Abnahme ist ein strategisches Ziel des Auftragnehmers. Mit der Abnahme sind viele für den Auftragnehmer positive Rechtsfolgen verbunden. Das ist als ein erstes wichtiges Beispiel zu nennen der Beginn der Gewährleistungsfrist oder die Abwehr von Vertragsstrafen, wenn der Auftraggeber sich diese nicht bei der Abnahme vorbehalten hat. Deswegen ist es unternehmerisch richtig, nicht einfach eine Baustelle zu verlassen, sondern Auftragnehmer sollten immer für klare Verhältnisse sorgen und sich um die Abnahme kümmern.
Eine Besonderheit ist die Durchführung von Teilabnahmen. Für Auftragnehmer sind Teilabnahmen interessant. Mit einer Teilabnahme kann der Auftragnehmer verhindern, dass eine eigentlich fertige Leistung „herumsteht“ und durch Alterung, unsachgemäße Nutzung oder andere Schäden beeinträchtigt wird. Ohne Abnahme gehen diese Risiken oft zu Lasten des Auftragnehmers, jedenfalls kommt es oft zu Streit, wenn der Auftragnehmer sich gegen mögliche Ansprüche des Auftraggebers zur Wehr setzt.
Beispiel: Schäden an Trockenbauwänden
In verschiedenen Stockwerken werden Innenausbaumaßnahmen ausgeführt wie z.B. Trockenbauwände. Eine Etage ist fertiggestellt und wird vom Auftraggeber an den Mieter übergeben. Der Mieter zieht ein, dabei kommt es zu einigen Schäden an den Trockenbauwänden. Weil die Leistung nicht abgenommen ist, verlangt der Auftraggeber vom Auftragnehmer die Beseitigung dieser Schäden, und zwar kostenlos als Teil der Gewährleistung.
BGB erlaubt nur fiktive Abnahme
Eine Abnahme allein wegen der Benutzung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Möglichkeit der Teilabnahme besteht. Um die Möglichkeit einer Teilabnahme zu haben, muss der Vertrag dies vorsehen. Das BGB sieht keine Teilabnahme vor. Nach dem BGB muss der Auftragnehmer also seine Leistung vollständig erbracht haben, bevor es zu einer Abnahme kommen kann. Das wird deutlich bei der sogennanten fiktiven Abnahme, die der Auftragnehmer durch Fristsetzung erreichen kann, § 640 Abs. 2 BGB.
Die VOB/B ist da flexibler und gibt – wenn sie als Vertragsbestandteil vereinbart ist – in § 12 Abs. 2 VOB/B wird die Teilabnahme zugelassen. Allerdings ist die Teilabnahme dort an bestimmte Voraussetzungen gebunden und nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung zugelassen. Außerdem setzt sie eine entsprechende Forderung voraus, die normalerweise vom Auftragnehmer kommt bzw. kommen sollte.
Teilabnahmen bergen Risiken für Auftraggeber
Natürlich kann der Vertrag auch andere Voraussetzungen für eine Teilabnahme enthalten. Dabei ist aber jedenfalls aus Sicht der Auftraggeber Vorsicht geboten. Der Auftragnehmer übernimmt mit dem Bauvertrag auch eine Erfolgshaftung, d.h. er muss eine funktionsfähige Leistung erbringen. Sehr oft hängen Leistungen aber technisch voneinander ab, und es kann sein, dass es nach Teilabnahmen mit verschiedenen Zeitpunkten und damit verschiedenen Gewährleistungszeiträumen streitig sein kann, aus welchem Leistungsteil ein Mangel kommt und wann dieser Leistungsteil abgenommen wurde.
Beispiel: Mängel an Reihenhäusern
Der Auftragnehmer soll mehrere Reihenhäuser ausführen, die je nach Verkauf und erfolgtem Innenausbau abgenommen werden sollen. Ein Reihenhaus wird 2018 abgenommen, eines 2020. 2024 regnet es in beide Häuser, der Regen drückt durch die Fuge zwischen den beiden Gebäuden. Auf den ersten Blick war es natürlich nachvollziehbar, die Häuser abzunehmen. Das Problem war wohl kaum vorhersehbar, ist jetzt aber erheblich. Denn es gibt keine zwingende Begründung, warum die Fuge zum einen oder zum anderen Haus (und damit einem bestimmten Zeitpunkt der Abnahme) zugeordnet werden kann. Damit besteht eine massive Unsicherheit, ob der Mangel verjährt ist oder nicht.
Teilabnahme im Interesse des Auftragnehmers
Dieser Fall macht deutlich, warum Teilabnahmen vor allem aus Sicht des Auftraggebers Risiken mit sich bringen. Auf der anderen Seite hat der Auftragnehmer ein legitimes Interesse an einer Teilabnahme. Das Beispiel mit den Trockenbauwänden hat es gezeigt: Ohne Abnahme kann es passieren, dass der Auftragnehmer für Schäden durch Dritte aufkommen muss. Nach § 4 Abs. 5 VOB/B muss der Auftragnehmer die Leistung bis zur Abnahme vor Beschädigungen schützen. Wenn man es aus Sicht des Auftragnehmers betrachtet, könnte dies bedeuten, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber den Einzug seiner Bieter untersagen darf, weil dies seine Leistung gefährdet. Hieran hat der Auftraggeber kein Interesse.
Alternative: Gemeinsame Zustandsfeststellung
Das Mittel der Wahl dürfte in solchen Fällen oft die Zustandsfeststellung sein. Auftragnehmer und Auftraggeber können zusammen die Leistung aufnehmen und feststellen, welche Mängel vorhanden sind. Auf dieser Grundlage kann der Auftraggeber die Leistung dann in Benutzung nehmen, und die Beweislast kehrt sich zu seinen Lasten um, d.h. er muss beweisen, dass ein Mangel schon bei Beginn der Nutzung vorlag. Wichtig: Der Auftragnehmer sollte auf eine ordnungsgemäße Dokumentation der Zustandsfeststellung und der sich daraus ergebenden Folgen achten!
Wann ist eine Teilleistung abgeschlossen?
Eine (echte) Teilabnahme setzt voraus, dass es um in sich abgeschlossene Teile der Leistung geht. Die abstrakte Beschreibung sieht vor, dass die Leistungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung als selbstständig und von den übrigen Teilleistungen aus demselben Bauvertrag unabhängig anzusehen sind. Das ist anzunehmen, wenn sie sich in ihrer Gebrauchsfähigkeit abschließend für sich beurteilen lassen, und zwar sowohl in ihrer technischen Funktionsfähigkeit als auch im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung.
Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass Leistungsteile innerhalb eines Gewerks grundsätzlich nicht als in sich abgeschlossen angesehen werden können. Sie haben regelmäßig die Selbständigkeit, die eine eigenständige Beurteilung der Teilleistung ermöglicht. Dies kann anders sein, wenn es eine klare Trennung gibt, z.B. bei mehreren zu errichtenden Häusern – wobei es je nach Gewerk auch vorkommen kann, dass Leistungen funktional zusammenhängen. Die Stromversorgung oder die Wärmeversorgung mehrerer Gebäude kann technische Abhängigkeiten haben, genauso die Wasserver- und -entsorgung.
Auftraggeber muss die Geltendmachung von Ansprüchen vorbehalten
Beweislastumkehr nach der Abnahme
Die Beweislastumkehr wird immer dann relevant, wenn sich nicht aufklären lässt, wann ein Fehler entstanden ist. War die Delle in der Trockenbauwand schon vor der Abnahme oder ist sie danach entstanden? Kann der genaue Zeitpunkt nicht bewiesen werden, geht dies vor der Abnahme zu Lasten des Auftragnehmers und nach der Abnahme zu Lasten des Auftraggebers. Bei vielen Mängel ergibt sich schon aus der Ursache, dass sie vor der Abnahme vorhanden gewesen sein muss. Auch wenn sich Risse in der Wand erst nach einiger Zeit zeigen, war die Ursache, die mangelhafte Ausführung der Wand, unzweifelhaft bereits bei der Abnahme vorhanden. Es kommt also nicht darauf an, wann sich die ersten Mangelsymptome zeigen oder wann ein Mangel entdeckt wird. Mit der Abnahme oder der Abnahmereife darf der Auftragnehmer auch keine Abschlagsrechnungen mehr stellen, bereits gestellte aber noch nicht bezahlte Abschlagsrechnungen sind hinfällig. Die bei manchen Unternehmen übliche Praxis, kurz vor der Abnahme noch schnell eine Abschlagsrechnung zu stellen, ist rechtlich gesehen sinnlos.
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Fazit: Zustandsfeststellung manchmal sinnvoller als Teilabnahme
Die Teilabnahme ist nur bei (wirklich) in sich abgeschlossenen Leistungen und nur bei Vereinbarung der VOB/B vorgesehen. Der Auftraggeber sollte sich immer genau überlegen, ob er auf das Verlangen nach einer Teilabnahme eingehen will oder ob er den Auftragnehmer auf eine Zustandsfeststellung verweist.
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