Matthäi baut Norddeutschlands erstes 3D-gedrucktes Gebäude
In Selsingen entsteht Norddeutschlands erstes 3D-gedrucktes Gebäude: Ein neues Bürohaus der Matthäi-Gruppe wird Schicht für Schicht mit modernster Drucktechnik realisiert. Das Projekt markiert einen Innovationsschub für das Bauen mit Beton und setzt Maßstäbe in Gestaltung, Tempo und Technik.

Im niedersächsischen Selsingen entsteht derzeit ein Neubau, der den konventionellen Hochbau herausfordert: Die Matthäi-Gruppe realisiert mit ihrem Tochterunternehmen Matthäi Schlüsselfertigbau dort das erste Bürogebäude Norddeutschlands, das im 3D-Betondruckverfahren errichtet wird. Das Projekt setze neue Maßstäbe im industriellen Drucken tragender Bauteile – und in der praktischen Umsetzung komplexer Architekturen, so das Unternehmen.
3D-Betondruck: Zweigeschossiger Baukörper mit 105 Stunden Druckzeit
Gedruckt wird ein zweigeschossiges Bürogebäude mit einer Grundfläche von rund 22,50 x 13,50 Metern und einer Höhe von 7,40 Metern. Die tragenden Wände werden schichtweise vor Ort mit einem großformatigen 3D-Drucker aufgebaut. Zum Einsatz kommt der "Cobod Bod2", ein Portaldrucker mit einer installierten Konfiguration von 24 m Länge, 15 m Breite und 9 m Höhe.

Der Druckvorgang startete am 21. Mai 2025. Für das Erdgeschoss sind rund 50 Stunden reine Druckzeit angesetzt, für das Obergeschoss 55 Stunden – jeweils verteilt auf mehrere Arbeitstage. Der Drucker wird von einem eigens geschulten Team von Matthäi Schlüsselfertigbau bedient, begleitet von einem Supervisor des Technologiepartners Peri 3D Construction.
Baustoffe: Spezialmörtel für präzise Schichten

Gedruckt wird mit dem Material "Tector Print 3D" von Holcim. Der zementgebundene Spezialmörtel ist speziell für die Anforderungen des 3D-Betondrucks formuliert. Er zeichnet sich durch ein definiertes Erstarrungsverhalten, hohe Formstabilität und gute Verarbeitbarkeit bei gleichzeitig minimaler Entmischungsneigung aus. Mit dieser Materialkombination lassen sich stabile, tragende Wandscheiben herstellen, die hohe architektonische Freiheit bieten. So entstehen fließende Formen, Nischen, Rundungen und individuelle Fassadenstrukturen – ohne Schalung und mit geringem Materialeinsatz.
Statik und Zulassung: ZiE für das Drucksystem
Da der 3D-Betondruck im Hochbau aktuell noch nicht über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügt, erfolgt das Projekt im Rahmen einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE). Das begleitende Ingenieurbüro Schiessl Gehlen Sodeikat erarbeitet hierzu ein spezifisches Prüf- und Zulassungskonzept, erstellt Gutachten und begleitet die Maßnahme in allen Projektphasen – von der Planung bis über die Bauabnahme hinaus.
Technologieeinsatz: Der Cobod Bod2 im Projektbetrieb

Der Cobod Bod2 gilt als einer der leistungsfähigsten Drucker für großformatigen Betonbau. In Selsingen ist das Portalgerät auf Streifenfundamenten montiert und wird Abschnitt für Abschnitt entlang der geplanten Wandverläufe geführt. Die Druckgeschwindigkeit liegt projektbezogen bei rund 0,5 bis 1 Meter pro Sekunde, abhängig von Geometrie, Wetter und Materialfluss. Das System ermöglicht Öffnungen für Fenster und Türen ebenso wie komplexe Fassadengliederungen. Gedruckt wird stets in Schichten von wenigen Zentimetern Höhe, die durch ihre rasche Aushärtung auch vertikale Baufortschritte innerhalb weniger Stunden erlauben.
Architektonisches Konzept: Sichtbeton mit Charakter

Das entworfene Gebäude soll nicht nur funktional, sondern auch gestalterisch überzeugen. Für die architektonische Planung ist das Büro Schulenburg Architekten verantwortlich, das bewusst auf organische Linienführung und lebendige Fassadenstrukturen setzt. Sichtbeton bleibt als dominantes Gestaltungselement erhalten und soll die technische Präzision des Druckprozesses sichtbar machen.
Zukunftsperspektive: das Bürogebäude als Demonstrator
Für die Matthäi-Gruppe ist der Neubau mehr als ein Pilotprojekt – er ist Ausdruck des eigenen Anspruchs, technologische Innovation praktisch umzusetzen. „Dass wir unser erstes 3D-Druck-Geb äude für den eigenen Firmensitz realisieren, zeigt unser Vertrauen in die Technik“, erklärt Bernd Mergard, Geschäftsführer von Matthäi Schlüsselfertigbau. Unterstützt wird das Projekt neben Peri, Holcim und Schulenburg auch durch das Planungsbüro Mense Korte, das seit Jahren an 3D-Drucklösungen für bezahlbaren Wohnraum arbeitet.
Vom Nischenformat zum Bauverfahren mit Zukunft
Dieses Projekt macht deutlich: Der 3D-Betondruck verlässt langsam die rein experimentelle Phase und entwickelt sich zu einem praktikablen Werkzeug im Hochbau. Die Vorteile sind höhere Geschwindigkeit, weniger Materialeinsatz, weniger Personalbedarf und mehr architektonische Freiheit. Zudem wächst die Zahl der am Markt verfügbaren Systeme, Materialien und Dienstleister.
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Allein Peri hat in Europa und den USA schon 17 Projekte begleitet oder selbst realisiert – darunter das größte 3D-gedruckte Gebäude Europas in Heidelberg. Der Markt gilt jedenfalls als wachsend, vor allem im Kontext von Wohnungsbau und Gewerbebauten mit kurzen Realisierungszeiträumen.

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