Zukunftsfähig? Wie sich die Baubranche verändern muss

Fachkräftebedarf, Materialknappheit und Rückstand bei der Effizienz - die Liste der Herausforderungen für die Baubranche ist lang. Langfristig muss sich die Branche verändern, um die Probleme zu überwinden. Die Digitalisierung, neue Bauweisen und das Zusammenrücken von Bauunternehmen können den Bau in Deutschland wettbewerbsfähig halten.

Zukunftsfähig? Wie sich die Baubranche verändern muss
Christoph Blepp ist Gründungspartner der S&B Strategy GmbH in München und verantwortet den Bereich Strategieentwicklung und -umsetzung. Er ist ausgewiesener Experte für die internationale Bau- und Bauzulieferindustrie. | Foto: S&B Strategy

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Aktuell befindet sich die Baubranche in einer Zeit, in der die Nachfrage das Angebot übersteigt. Die Auftragsbücher sind voll, der Bauboom hält durch den hohen Sanierungsbedarf und den Wohnungsmangel weiter an. Doch angesichts des Fachkräfte- und Ressourcenmangels, sowie Lieferengpässen und höherer Komplexität moderner Gebäude ist die Branche mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Verschärfend hinzu kommen der Krieg in der Ukraine und die ambitionierten Klimaziele der Ampel-Koalition.

Gegenwärtig stehen die durch Materialknappheit bedingten Preissteigerungen am Bau im Fokus. Diese können aktuell noch an die Bauherren weitergegeben werden, und auch die entsprechenden Preisvereinbarungen in Verträgen werden bereits flexibler gestaltet, um Schwankungen Rechnung zu tragen, so zum Beispiel durch Preisgleitklauseln bei Bauverträgen. Zwar sind die Preise durch die Krisenereignisse nochmal massiv gestiegen, dies sollte sich aber langfristig einpendeln.

Fachkräftemangel ist kein temporäres Problem

Das weitaus größere Risiko birgt der Fachkräftemangel für die Bauwirtschaft. In den nächsten Jahren werden deutlich mehr Fachkräfte in den Ruhestand gehen als jüngere nachrücken. Der Fachkräftemangel am Bau wird langfristig weiter zunehmen und den Druck auf die gesamte Wertschöpfungskette erhöhen.

Das klingt nach düsteren Aussichten. Die Frage drängt sich auf: Wie kann der Druck auf die Branche verringert werden, wenn es sowohl an materiellen als auch humanen Ressourcen mangelt? Die einfache Antwort lautet: Effizienzsteigerung. Der verstärkte Einsatz von modularer Bauweise, digitalisierte Prozesse und Deregulierung bei Vergaben könnten dabei wichtige Treiber sein - wie auch der 10-Punkte-Plan der Bauindustrie beim "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" vorgelegt hat.

Modulares Bauen reduziert den Druck

So einfach die Antwort scheint, so komplex deren Umsetzung, denn sie kommt einer umfangreichen Reform der Branche gleich. Durch innovatives Bauen kann der Fachkräfte- und Kostendruck reduziert werden. Eine Industrialisierung der Produktion von Gebäuden durch Vorproduktion von Gebäudeelementen kann Abhilfe schaffen. Mittlerweile können ganze Krankenhäuser durch vorproduzierte OP-Säle in kurzer Zeit gebaut werden. Das spart Kosten und bietet weitere Vorteile: Saisonalen Schwankungen kann getrotzt werden, und es wird weniger ‚Manpower‘ benötigt. Sicherlich wird es dauern, bis Bauherren von neuen Modulkonzepten überzeugt sind und diese in Auftrag geben. Aber auch sie werden angesichts der absehbaren Preisentwicklungen die Vorteile dieser Art zu bauen schätzen lernen.

Neue Anforderungen durch komplexe Aufgaben

Zwar wird der Modulbau einiges vereinfachen, doch wird an anderen Stellen die Komplexität dessen, was ein Gebäude leisten können muss, auch steigen. Eine derartige Umstellung wird auch die Anforderungen an Bauunternehmen verändern. Diese brauchen in Zukunft ein Leistungsangebot sowie die nötigen Mitarbeiter bei der Umsetzung, die den immer komplexeren Aufgaben gewachsen sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Heizungsbranche. Beschränkten sich die Leistungen früher fast ausschließlich auf Installation, Reparatur und Wartung, sind bei modernen Heizungssystemen Know-how in diversen Bereichen, wie Batterietechnik und Fotovoltaik gefragt. Dass dieser Trend sich fortsetzen wird, ist schon wegen der ambitionierten Klimaziele der Ampelkoalition unbestritten.

Wichtigste Strategie: Effizienz erhöhen

Egal wie man es betrachtet, die Faustregel wird lauten: Wer die höchste Produktivität pro Mitarbeiter gewährleisten kann, wird im Vorteil sein. Ein Punkt an dem auch der gezielte Zukauf von Unternehmen sowie Zusammenschlüsse an Attraktivität gewinnen. Hier gilt es jedoch zu prüfen, was den eigenen Zielen wirklich zuträglich ist und mit welchem Partner sich die gewünschten Effizienzsteigerungen erreichen lassen.

Der zweite Punkt ist, dass Prozesse digitaler werden müssen. Bevor wir über die Implementierung von BIM sprechen, müssen erst einmal Geschäftsprozesse papierlos und ohne Schnittstellen gestaltet werden. Teilweise verbringen Unternehmen bis zu einem Drittel ihrer Zeit mit Bürokratie und der Vorbereitung von Projekten – so geht Zeit verloren, die letztlich nicht zum Bauen genutzt wird.

In einem nächsten Schritt können digitale Innovationen im Bauprojekt selbst Einzug halten. Das bereits erwähnte BIM wird sowohl bei der Projektplanung als auch bei der späteren Inbetriebnahme und Wartung, weitere Effizienzsteigerungen ermöglichen. Auch hier wird entscheidend sein, wie diese neuen Technologien genutzt werden können, um mit begrenzten Ressourcen erfolgreich den Bedürfnissen des Bauherrn gerecht zu werden.

Bauprojekte als Einheit betrachten

Zuletzt sollte die Politik das Vergaberecht deregulieren. Bisher ist der Prozess der Ausschreibung des Bauprojektes, bis hin zu den entsprechend ausgeschriebenen Bauleistungen, kleinschrittig und begünstigt damit die aktuell vorherrschende Fragmentierung der Bauindustrie. Ausschreibungen laufen parallel, da in der Regel nicht alle Leistungen von einer Firma erbracht werden können oder dürfen. Dies führt dazu, dass Bauprojekte nicht als Einheit gedacht werden, sondern die Abläufe in viele einzelne Stränge mit hochkomplexen Regelungen zerfallen und an Effizienz verlieren.

Bauverbände müssen Synergien nutzen

Deregulierung ist ein wichtiger Hebel, um die Effizienz am Bau zu steigern und Kapazitäten freizusetzen. Allerdings wäre es an dieser Stelle zu einfach, nur Forderungen in Richtung der Politik zu stellen. Auch die Rolle der Verbände muss diskutiert werden. Als Interessenvertreter ihrer jeweiligen Gewerke haben diese die aktuelle Rechtslage mitgeprägt. Das ist nachvollziehbar und rational, trägt aber in der Gesamtbetrachtung zur hohen Komplexität und zur effizienzfeindlichen Fragmentierung der Branche bei.

Wie so oft in schwierigen Zeiten müssen Unternehmen, Gewerke und Interessenverbände jetzt zusammenrücken und Synergien schaffen. So können sich auch komplexe digitale Systeme mit ihrem großen Optimierungspotenzial durchsetzen und in den Baualltag eingeführt werden. Größere Generalunternehmen, die alle Schritte der Wertschöpfungskette unter einem Dach vereinen, könnten komplette Prozesse von der Produktentwicklung bis zum Einbau auf der Baustelle vereinfachen und optimieren und so ihre Kosten nachhaltig senken.

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