„Wenn etwas knarzt, dann darf man auch schimpfen“
Betreuung eigener Kinder, Pflege eines Elternteils oder das Verlangen nach mehr Freizeit: Die Gründe für flexible und kürzere Arbeitszeiten sind vielfältig. Doch lässt sich solch ein Modell überhaupt im Garten- und Landschaftsbau umsetzen? B_I galabau-Redakteur Jan Torben Budde sprach darüber mit Eva Eisenbarth, die seit 30 Jahren einen Betrieb in Konstanz hat.
Angesichts steigender Preise drehen viele Gartenbesitzer und Kommunen momentan jeden Cent zweimal um – wie ist die Auftragslage bei Ihnen?
Sie bieten in Ihrem Betrieb flexible Arbeitszeitmodelle an: Wie kam es zu diesem Entschluss?
Eva Eisenbarth: Es war schon immer eine persönliche Einsicht. Ich habe zwei Kinder großgezogen. Mein erstes Kind nahm ich mit meinem damaligen Partner ins Studium mit, eine Betreuung war nur privat möglich, denn von staatlicher Seite gab es kaum Angebote. Nach unserer Firmengründung mussten wir Kind und Arbeit miteinander vereinbaren, dies ging nur mit flexiblen eigenen Arbeitszeiten. Beim zweiten Kind war es kaum anders. Da ich als Chefin meine Arbeitszeiten selbst einteilen konnte, war es möglich, Familie und Beruf zu vereinen, wodurch man aber schon mal an die eigenen Grenzen stieß. Und nun, da meine Enkel da sind, sehe ich wieder, wie wenig sich im Arbeitsleben verändert hat. Kinder und Beruf sind ein Spagat und hier ist es einfach ganz wichtig, dass die Unternehmen Verständnis aufbringen und flexible Arbeitszeiten anbieten. Aber auch die Betreuung von Angehörigen ist ein Thema. Wir als Unternehmen haben die gesellschaftliche Verantwortung und Aufgabe, hier mit unseren Arbeitszeitmodellen zu unterstützen.
Was versprechen Sie sich für Ihren Betrieb davon?
Eva Eisenbarth: Ich verspreche mir davon nichts. Ich sehe das gelebt, wie sich die Beziehung meiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu ihrer Arbeit auswirkt. Sie kommen und arbeiten gerne, Sie tauschen sich untereinander aus, Sie sind da und engagieren sich sehr, jeder denkt mit. Und wenn am Ende ein schöner Garten entstanden ist, fühlen sie sich als Teil davon.
Klingt nach großer Zufriedenheit.
Eva Eisenbarth: Sie erkennen die Zufriedenheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unbedingt am Krankenstand.
Wie viele Mitarbeiter nutzen diese Möglichkeit überhaupt?
Eva Eisenbarth: Vom Arbeitszeitmodell über die Tageverteilung sind es drei. Allerdings gerechnet auf 15 Angestellte – ohne Auszubildende – sind das immerhin 20 Prozent.
Und aus welchen Gründen?
Eva Eisenbarth: Ein Gärtner hat Familie, wo die Kinder noch so klein sind, dass er zwei Tage zu Hause bleibt. Er teilt die Erziehungsarbeit mit seiner Frau. Der zweite Gärtner kommt aus der Planung. Er hat jahrelang in verschiedenen Architekturbüros gearbeitet, war sehr unglücklich in seinem Arbeitsumfeld und arbeitet nun bei mir als Gärtner draußen. Sein Arbeitsantrieb ist, „glücklich sein“ mit weniger Geld und dafür mehr Zeit für sich und seine Partnerin zu haben. Die dritte Mitarbeiterin im Büro hat eine Mutter im Pflegeheim, für die sie Zeit haben will, denn Zeit ist das Einzige, was noch zählt.
Inwiefern müssen die Mitarbeiter dann Abstriche bei Gehalt und Urlaub machen?
Wie gelingt die Umsetzung und wie vermeiden Sie personelle Engpässe – gerade in Zeiten, wenn besonders viel Arbeit ansteht?
Eva Eisenbarth: Umsetzung gelingt immer durch vorausschauende Planung und Einteilung und durch transparentes Arbeiten. Wir arbeiten in Teams, keiner hat ein Alleinherrscherwissen. Wir kommunizieren über Whatsapp und durch die Besprechungen morgens und abends im Betriebshof. Wenn etwas knarzt, dann darf man auch schimpfen und es benennen. Aber – und das ist die Einstellung von allen – es darf nicht wiederholt wegen desselben Grundes knarzen, denn dann hat irgendjemand nicht dazulernen wollen. Besonders viel Arbeit steht immer dort an, wenn die Planungen nicht stimmen, wenn Arbeitsabläufe chaotisch sind, wenn Bestellungen falsch sind. Also kurzum: wenn das Hamsterrad sich so richtig schnell dreht, und für Überlegungen keine Zeit mehr bleibt. Bei mir ist das Einteilen von Baustellen und die Zuordnung der Mitarbeiter je nach Anwesenheit der wichtigste Posten für meine Projektbearbeiter. Und ganz klar: Fehlen mir die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, dann muss ich Aufträge einfach auch ablehnen, sonst sind Fehlerquellen vorprogrammiert, was wieder zu einer Abwärtsspirale führt. Nur eines ist wichtig: Zeit – und die in alle Richtungen.
Gedeiht die grüne Branche?
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Eva Eisenbarth und das Gartenforum
Eva Eisenbarth ist gelernte Gärtnerin und Diplom-Gartenbauingenieurin. Das Studium absolvierte sie an der Fachhochschule in Weihenstephan. Ihr Betrieb Gartenforum, der 1993 gegründet wurde, befindet sich in Konstanz am Bodensee. Sie hat 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Leistungsangebot umfasst unter anderem Gartenplanung, Grün- und Baumpflege, Bewässerung sowie Pool- und Schwimmteichbau. Bei den Kunden des Gartenforums handelt es sich überwiegend um Privatleute, etwa fünf Prozent sind Firmen. Übrigens unterstützt der Betrieb die ursprünglich aus Niederösterreich stammende Initiative „Natur im Garten“, um ein klares Zeichen für die Umwelt zu setzen. „Wir sind engagiert und wollen den Gedanken des naturnahen Gärtnerns mit anderen teilen, uns vernetzen, uns austauschen“, heißt es im Gartenforum in Konstanz.
Wie reagieren eigentlich Kunden und Berufskollegen darauf, wenn sie von den flexiblen Arbeitszeitmodellen in Ihrem Betrieb hören?
Was raten Sie anderen GaLaBau-Firmen, die mit dem Gedanken spielen, flexible Arbeitszeitmodelle einzuführen?
Eva Eisenbarth: Na, die Frage ist ähnlich wie die nach dem großen Erfolg. Jeder und jede muss selbst lösen, was gut ist für das jeweilige Unternehmen und die Mitarbeiter. Man kann das einfach auch mal umdrehen und sagen: Wer keine flexiblen Arbeitszeitmodelle anbietet, kann auf dem Arbeitsmarkt einfach irgendwann weniger attraktiv sein. Denn die Mitarbeiter entscheiden mit, welche Säulen für sie wichtig sind. Und die Säulen sind heute: Gehalt, Arbeitszeit, Unternehmensführung und Unternehmensgrundhaltung.
Werfen wir mal einen Blick in die Glaskugel: Welches Arbeitszeitmodell herrscht in zehn Jahren im GaLaBau und welche Rolle spielt dabei womöglich die technische Entwicklung?
Frau Eisenbarth, vielen Dank für das Gespräch.
Flexible Arbeitszeitmodelle
Wer die Stellenanzeigen für Landschaftsgärtner in Zeitungen oder im Internet studiert, stößt immer mal wieder darauf: Im Absatz „Was wir bieten“ wirbt der GaLaBau-Betrieb außer mit einem spannenden und abwechslungsreichen Aufgabenfeld sowie leistungsorientierter Vergütung zudem mit flexiblen Arbeitszeiten. Davon verspricht sich der Chef dann einen Vorteil im Wettbewerb um gute Kräfte. Doch welche Modelle gibt es überhaupt? Sieben Beispiele liefert das Bundesarbeitsministerium.
Teilzeit classic – das klassische Teilzeitmodell:
Die tägliche Arbeitszeit wird stundenweise reduziert. Durch regelmäßige Verteilung der Arbeitsstunden ist „Teilzeit classic“ laut Ministerium die für Arbeitgeber am einfachsten umzusetzende Form von Teilzeit.
Teilzeit Classic Vario:
Dabei handelt es sich um eine variable Variante des „Teilzeit Classic“-Modells. Die wöchentliche Arbeitszeit wird auf zwei bis fünf Tage verteilt. Dabei kann auch die tägliche, wöchentliche oder monatliche Stundenanzahl variieren. So ist Teilzeit mit Vollzeit kombinierbar.
Teilzeit Home:
Arbeitnehmer arbeiten in Teilzeit von zu Hause. Vereinbarte Arbeitszeiten stellen die Erreichbarkeit sicher und erleichtern die Zusammenarbeit. Tägliche Leerlaufzeiten wie Hin- und Rückfahrten entfallen. Die Bindung ans Unternehmen wird durch einzelne Arbeitstage im Unternehmen gestärkt.
Teilzeit Jobsharing:
Zwei Arbeitnehmer teilen sich eigenverantwortlich eine Stelle. Teilzeit-Mitarbeiter können somit auch Vollzeitprojekte übernehmen und verantwortlich leiten. Die Projektverantwortung bleibt dabei uneingeschränkt bestehen. Voraussetzung: Regelmäßige Abstimmung und Informationsaustausch. Für Unternehmen mit langen Servicezeiten ist Teilzeit Jobsharing ein Modell zur besseren Kundenorientierung.
Teilzeit Team:
Arbeitgeber geben nur vor, wie viele Mitarbeiter in bestimmten Zeitabschnitten anwesend sein müssen. Im Team wird dann die jeweilige persönliche Arbeitszeit geplant und abgesprochen. Kurzfristige Änderungen sind jederzeit möglich. Für Arbeitnehmer die flexibelste Form, Arbeitszeit beziehungsweise Freizeit zu planen. Für Arbeitgeber ist Teilzeit Team ein Modell zur Optimierung der Auslastung und der Kundenorientierung.
Teilzeit Invest:
Das Ministerium beschreibt dies als die „unsichtbare Teilzeit“. Gearbeitet wird unverändert Vollzeit – bezahlt wird Teilzeit. Die Differenz wird als Zeit- oder Geldguthaben auf einem Wertguthaben beziehungsweise Langzeitkonto angespart. Möglich werden so mehrmonatige Freistellungsphasen wie zum Beispiel Sabbaticals oder langfristig sogar der vorgezogene Ruhestand. Das Gehalt wird dabei jeweils weitergezahlt.
Teilzeit Saison:
Dies Modell dient zum Ausgleich von einer Über- oder Unterauslastung in Saisonbetrieben. In Hochphasen werden Arbeitnehmer Vollzeit beschäftigt. Bei niedriger Auslastung haben sie frei. Arbeitgeber können so Entlassungen verhindern. Die kostenintensive Suche und Einarbeitung neuer Mitarbeiter für die nächste Hochsaison entfällt. Arbeitnehmer erhalten ganzjährig ein monatliches Grundgehalt. Der Sozialversicherungsschutz ist durchgehend gewährleistet, für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als drei Monaten jedoch nur, wenn eine Wertguthaben-Vereinbarung vorliegt.
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