Wann haftet der Auftraggeber?
Für Mängel kann es unterschiedliche Ursachen geben – und unterschiedliche Verursacher. Aus Sicht des Auftragnehmers sind die Fälle interessant, in denen eine Haftung oder Mithaftung des Auftraggebers in Frage kommt. Sobald Auftragnehmer aber Nachunternehmer beauftragen, müssen sie selbst solche Haftungsfallen beachten.
Ganz grob kommen drei unterschiedliche Sachverhaltsgruppen in Frage, die zu Lasten des Auftraggebers gehen könnten. Das erste sind fehlerhafte Vorgaben in Leistungsbeschreibung, Anordnungen oder Planungen. Das zweite sind fehlerhafte sachliche Voraussetzungen für die Baudurchführung, also z.B. ungeeigneter Baugrund oder ungeeignete Vorleistungen anderer Unternehmer. Zuletzt geht es um Fehler bei der Überwachung der Leistungen durch den vom Auftraggeber eingesetzten Bauüberwacher.
Mangelursache aus Vorgaben des Auftraggebers
In der VOB/B ist ausdrücklich der Fall angesprochen, dass die Ursache für Mängel aus Vorgaben des Auftraggebers stammt. Ausgangspunkt der VOB/B ist dabei, dass der Auftragnehmer primär für solche Mängel haftet. In § 13 Abs. 3 VOB/B heißt es dazu: „Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer, …“. Erst nach diesem eindeutigen ersten Satzteil, der die Haftung dem Auftragnehmer zuweist, geht es im nachfolgenden Satz um die Bedenkenanzeige durch den Auftragnehmer, denn es heißt dann im folgenden Satz, dass diese Haftung greift, „es sei denn“ der Auftragnehmer hat seine Bedenken angemeldet.
Interessant und deswegen oben auch ausdrücklich wiederholt ist die Aufzählung der Gründe für den Mangel. Dieser Katalog umfasst die Leistungsbeschreibung, Anordnungen, vom Auftraggeber gelieferte Stoffe, Vorleistungen anderer Unternehmer – das macht deutlich, worauf der Auftragnehmer bei seiner Ausführung achten muss! Auch die Planung des Auftraggebers stellt übrigens eine Anordnung im Sinne dieser Regelung dar!
In einem neueren Fall wollte sich ein Auftragnehmer auf fehlerhafte Leistungen eines anderen Unternehmens berufen und warf dem Auftraggeber als Verteidigung gegen einen Schadensersatzanspruch ein – außerhalb der Gewährleistungsansprüche stehendes – Mitverschulden vor, vergleichbar einer Mitschuld bei einem Straßenverkehrsunfall. Das entscheidende Gericht war aber der Auffassung, dass auch bei einem solchen Fall die gleichen Grundsätze wie nach § 13 VOB/B gelten und der Auftragnehmer daher allein haftete.
Kompetenter Auftragnehmer vorausgesetzt
Dennoch haftet der Auftragnehmer nicht für alle und jeden Fehler in Vorgaben des Auftraggebers. Diese grundsätzlich zuerst anzunehmende Haftung beruht auf dem Grundgedanken, dass der Auftragnehmer im Zweifel näher an der Ausführung ist und er außerdem eine besondere Kompetenz in seinem Fach aufweist. Der Unternehmer muss daher die in seinem Fachgebiet üblichen und zumutbaren Prüfungen vornehmen. Dies kann je nach Gewerk ein einfaches „Handauflegen“ sein oder aber zum Beispiel die Durchführung von Plattendruckversuchen. Auch wenn sich erst bei den Arbeiten Mängel anderer Unternehmen, z.B. eine fehlende Betonfestigkeit zeigen, muss der Auftragnehmer hierauf hinweisen. Der Auftragnehmer muss sich daran messen lassen, dass er als Fachmann auftritt und daher von ihm die in seinem Gebiet üblichen Kenntnisse zu erwarten sind.
Wie ist es, wenn ein Fehler für den Auftragnehmer in keiner zumutbaren Weise erkennbar war? Dann geht es darum, wer das Risiko für eine Mangelursache stellt. Geht es zum Beispiel um Baumaterialien, die der Auftragnehmer für seine Leistungen braucht und die er in eigener Verantwortung kauft, trägt er das Risiko, dass die Baumaterialien ungeeignet sind oder sich sonst als mangelhaft erweisen. Der Auftraggeber wiederum ist verantwortlich dafür, eine Baustelle zur Verfügung zu stellen, die sich für die Ausführung der Leistungen eignet. Ist daher z.B. der Boden wider Erwarten nicht tragfähig, so geht dies zu Lasten des Auftraggebers. Und bei manchen Umständen tragen beide Seiten die ihnen entstandenen Schäden: Verzögert sich die Bauausführung wegen ungewöhnlicher Wetterverhältnisse, bleibt der Auftraggeber zum Beispiel auf entgangenen Mieteinnahmen sitzen, der Auftragnehmer auf den Mehrkosten der Baustellen-Vorhaltung.
Fehler der Planung – Mithaftung des Auftraggebers
Bei Planungen gibt es immer wieder Fälle, dass der Auftraggeber in eine Mithaftung genommen wird. Gerade bei der Planung gibt es viele Punkte, die ein Auftragnehmer gar nicht alleine überprüfen kann. So kann vom Auftragnehmer nicht verlangt werden, dass er eine Statik vollständig nachrechnet. Sind aber zum Beispiel bei einer Fassade gar keine Wind- oder Schneelasten berücksichtigt, muss dies einem Fassadenbauer auffallen.
Daher gilt eigentlich im Ergebnis für Planungen das gleiche wie für andere Vorgaben des Auftraggebers: Der Auftragnehmer muss die Planung im Rahmen seiner Fachkenntnis prüfen. Offensichtliche Fehler muss er auf jeden Fall dem Auftraggeber mitteilen. Bei anderen Fehlern kommt es darauf an, ob er sie mit seinem Ausbildungs- und Kenntnisstand hätte feststellen müssen.
Nimmt der Auftragnehmer gar keine Prüfung vor oder baut er ohne vorherige Übergabe einer Planung, haftet er im Zweifel in voller Höhe für den Schaden. In anderen Fällen kann es zu einer anteiligen Haftung des Auftraggebers kommen. Die Rechtsprechung sieht aber den Auftragnehmer als Fachmann und Schuldner eines „Erfolgs“, des funktionsfähigen Bauwerks, immer vorrangig in einer Prüf- und Hinweispflicht.
Bauüberwachung: Haftung nur gegenüber dem Auftraggeber
Wie ist es eigentlich, wenn der vom Auftraggeber beauftragte Bauüberwacher einen Mangel sieht, aber den Auftragnehmer nicht darauf hinweist? Eigentlich lässt er doch so den Auftragnehmer „ins offene Messer laufen“, er nimmt also bewusst eine mangelhafte Ausführung hin.
Dazu ist die Rechtsprechung seit vielen Jahren eindeutig. Der Bauüberwacher wird nur im Interesse des Auftraggebers tätig und schuldet nur dem Auftraggeber Rechenschaft. Der Bauüberwacher kann allenfalls gegenüber dem Auftraggeber haften, wenn er einen Fehler nicht entdeckt und meldet.
Das ist aus Sicht des Auftragnehmers ärgerlich und unbefriedigend und wirkt auf den ersten Blick auch nicht partnerschaftlich. Man kann dazu nur eine Kontroll-Überlegung anbieten: Der Auftragnehmer schuldet eine mangelfreie Leistung erst mit der Abnahme. Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH darf der Auftraggeber bei BGB-Verträgen regelmäßig Mängelansprüche wie eine Selbstvornahme etc. überhaupt erst nach der Abnahme geltend machen. Es ist aber immer möglich, dass der Auftragnehmer eine ursprünglich mangelhaft ausgeführte Leistung als solche erkennt und von sich aus vor der Abnahme noch nachbessert.
Sieht der Bauüberwacher also eine mangelhafte Bauausführung, heißt das noch lange nicht, dass dieser Mangel bis zur Abnahme besteht. In Einzelfällen ist natürlich ein Mangel nicht reparabel (z.B. Weglassen von Bewehrung von Stahlbeton), in den meisten anderen Fällen kann man diese Kontroll-Überlegung zumindest hilfsweise zur Plausibilisierung der Rechtslage heranziehen.
Rückgriff: anteilige Haftung möglich
Auch wenn der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber alleine haftet, ist dies für ihn nicht zwingend das Ende der Geschichte. Insbesondere wenn es auch Fehler bei der Planung und/oder der Bauüberwachung gibt, kann der Auftragnehmer bei dem Planer bzw. der Bauüberwacher Rückgriff nehmen.
Auch in diesem Fall muss der Auftragnehmer damit rechnen, dass man ihm seine Prüf- und Hinweispflicht vorhält. Deutlich einfacher als im Verhältnis zum Auftraggeber kommt es aber zu einer zumindest anteiligen Haftung des anderen Beteiligten.
Dieser Rückgriff bei anderen Verursachern beruht darauf, dass der Auftraggeber oft die Wahl hat, wen er in Anspruch nimmt: Hat der Auftragnehmer mangelhaft gearbeitet und der Bauüberwacher dies nicht bemerkt, können gegenüber dem Bauherren beide in voller Höhe haften (natürlich nur einmal). Wer genau wieviel Schuld an dem Fehler hat, müssen dann die Verursacher untereinander ausmachen, der Auftraggeber darf sich einen von beiden aussuchen und in voller Höhe seine Ansprüche geltend machen.
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An dieser Stelle wurde hierüber schon mehrfach berichtet, auch über potentielle Fehlerquellen bei Vergleichen mit dem Bauherren.
Fazit: Prüf- und Hinweispflicht wahrnehmen
Der Auftragnehmer schuldet dem Auftraggeber eine funktionierende Leistung. Wenn seine Leistung dies Versprechen nicht erfüllt, muss er nachweisen, dass die Ursache nicht aus seinem Bereich kommt und dass der Auftraggeber den Fehler selber oder durch eine ihm zurechenbare Person gemacht hat. Außerdem muss der Auftragnehmer seine Prüf- und Hinweispflicht wahrgenommen haben. Dann kann eine vollständige oder zumindest anteilige Haftung des Auftraggebers in Frage kommen. Fehler der Bauüberwachung sind dem Auftraggeber im Verhältnis zum Auftragnehmer nicht zuzurechnen.
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