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Leistungsabrechnung: Was tun, wenn das gemeinsame Aufmaß scheitert?
Beim Streit um den Leistungsumfang ist nicht zwangsläufig der Auftragnehmer beweispflichtig. | Foto: Adobe Stock

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Beim Einheitspreisverträgen erhält der Auftragnehmer genau die ausgeführte Leistung bezahlt. Dafür muss er aber auch genau nachweisen, welche Leistungen in welchem Umfang er ausgeführt hat. Und diesen Nachweis muss der Auftraggeber nachvollziehen können, um sicher sein zu können, dass der Auftragnehmer nicht zu viel abrechnet (ein zu wenig würde den Auftraggeber wohl weniger stören). Diese Idee wird auch in der VOB/B, im BGB und natürlich auch in der Rechtsprechung umgesetzt. Das Stichwort dazu ist „Prüffähigkeit“, was vielleicht bei manchen eher unangenehme Erinnerungen weckt. Hier soll es aber nicht um das „Wie“ der Prüffähigkeit gehen, sondern um die Frage, wer für den Umfang der Leistungen nachweispflichtig ist.

▶️Bauvertrag: Wann ist eine Rechnung prüffähig?

Beispiel: Abrechnung von Pflasterarbeiten

Ein Beispiel: Der Auftragnehmer will eine gepflasterte Fläche von 1.200 m² abrechnen, der Auftraggeber kürzt die Rechnung auf 1.050 m². Wer muss die Richtigkeit seines Ansatzes beweisen: Muss der Auftragnehmer beweisen, dass er tatsächlich 1.200 m² ausgeführt hat oder muss der Auftraggeber beweisen, dass es nur 1.050 m² waren?

Zunächst: Dieses Problem hätte sich vermeiden lassen. Wenn Auftragnehmer und Auftraggeber gemeinsam ein Aufmaß vornehmen und sich einig sind, dass dies Aufmaß maßgeblich sein soll, wird dies rechtlich als Anerkenntnis gewertet. Damit haben beide, Auftragnehmer wie Auftraggeber, allenfalls in Sonderfällen wie einer Täuschung die Möglichkeit, nachträglich das Aufmaß nicht mehr gelten zu lassen.

Gemeinsames Aufmaß genau dokumentieren

Auftragnehmer und Auftraggeber sind also an die gemeinsam festgestellten Massen gebunden. Deswegen sollte die Durchführung des Aufmaßes sorgfältig dokumentiert werden: Wer war dabei, welche Leistungen wurden in welchem Umfang aufgemessen? Waren sich Auftragnehmer und Auftraggeber einig? Wenn ja, worüber genau – waren sie sich z.B. einig darüber, dass dieses gemeinsame Aufmaß für beide verbindlich sein sollte? All dies ist möglichst noch im Termin zu dokumentieren. Aus Sicht des Auftragnehmers kann es z.B. hilfreich sein, vom Auftraggeber eine Unterschrift unter Aufmaßblätter zu verlangen und die Unterschriftenzeile mit einem eindeutigen Zusatz zu versehen wie „Der festgestellte Leistungsumfang wird anerkannt. Die Leistung ist mangelfrei.“

Die gemeinsame Leistungsfeststellung wird in der VOB/B mehrfach angesprochen und soll bei einer wirklich partnerschaftlichen Vertragsdurchführung auch der Regelfall sein. Dies hat nicht nur rechtliche Vorteile, sondern ist auch ein Ausdruck eines partnerschaftlichen Miteinanders und verhindert in der Praxis viele vermeidbare Meinungsverschiedenheiten.

▶️Aufmaß nach VOB: Was Auftragnehmer dabei beachten müssen

Aufmaß-Termin: Was wenn der Auftraggeber nicht kommt?

Auftragnehmer und Auftraggeber sollten also nach Möglichkeit einen Termin vereinbaren und gemeinsam „Art und Umfang der Leistungen“ (§ 14 Abs. 1 VOB/B) feststellen. Was aber passiert, wenn der Auftraggeber zu einem vereinbarten Ortstermin nicht kommt? Dann ist zur fragen, ob der Auftraggeber ein vom Auftragnehmer allein erstelltes Aufmaß bestreiten darf und was dies in einem Prozess bedeuten könnte.

Rechtlich gesprochen, geht es – auch – darum, wer von beiden die Beweislast trägt. Die Beweislast trägt grundsätzlich derjenige, der eine Tatsache vorträgt, die für ihn günstig ist. Nimmt man das kleine oben genannte Beispiel, ist das aber nicht sofort eindeutig: Für den Auftragnehmer ist es dort günstig, wenn es 1.200 m² sind, für den Auftraggeber ist es günstig, wenn es nur 1.050 m² sind

Ganz eindeutig ist der Auftragnehmer dafür beweispflichtig, dass er mehr als 1.050 m² ausgeführt hat. Wenn der Auftragnehmer aber nachweisen will, dass er tatsächlich 1.200 m² ausgeführt hat, muss er jeden einzelnen m² von „Null“ bis 1.200 nachweisen.

Der Auftragnehmer muss seine Leistung nachweisen - mit Ausnahmen

Und so ist es auch: Der Auftragnehmer ist grundsätzlich beweisbelastet dafür, dass er die Leistung im abgerechneten Umfang ausgeführt hat, und zwar bezogen auf die gesamte Menge. Es gibt aber Ausnahmen von diesem Grundsatz.

Der Auftraggeber darf sogar nach einer von ihm vorgenommenen und dem Auftragnehmer übermittelten Prüfung noch ein Aufmaß bestreiten – trägt dann aber die Beweislast für die jetzt von ihm behaupteten Massen. Dies gilt natürlich nicht, wenn er vorher ausdrücklich die Leistungsfeststellung als richtig anerkannt hat. Ein „echtes“ Anerkenntnis festzustellen, ist auch für Juristen nicht immer eindeutig möglich, denn auf der Baustelle verhandeln echte Menschen und keine Gesetzbücher.

Beweis anzutreten oder die Beweislast zu tragen ist erst einmal dabei nichts Problematisches. Ein erster kleiner Nachteil ist, dass der Beweisverpflichtete genau vortragen muss, was bewiesen werden soll. Wenn also der Auftraggeber die Beweislast für den Leistungsumfang trägt, kann er nicht einfach sagen, die Leistungsnachweise des Auftragnehmers seien falsch. Der Auftraggeber muss vielmehr genau vortragen, welcher Leistungsumfang richtig wäre.

Bleibt dann der Umfang der Leistungen streitig, ist der Träger der Beweislast verpflichtet, die Kosten für ein Beweismittel vorzuschießen. In sehr vielen Verfahren in Bausachen wird vom Gericht ein Sachverständiger beauftragt, aber erst nachdem der Träger der Beweislast den vom Gericht geforderten Vorschuss eingezahlt hat. Am Ende des Prozesses wird dieser Vorschuss dann Teil der gesamten Kostenmasse, das heißt bei einem Obsiegen bekommt man den Vorschuss von der Gegenseite erstattet – außer sie ist insolvent.

Beweislast liegt beim Auftragnehmer

Das sind die praktischen Themen. Rechtlich interessant wird es erst, wenn sich eine Tatsache nicht mehr beweisen lässt. Im Beispiel ist vielleicht der gepflasterte Hof durch ein Hochwasser beschädigt und nicht mehr vorhanden. Oder eine Leistung ist nicht mehr zugänglich, z.B. Bewehrungsstahl im Stahlbeton, unter Putz verlegte Leistungen, ein abgebrochenes Gebäude oder ähnliches. In diesem Fall ergeht eine Entscheidung zu Lasten desjenigen, der eine Tatsache beweisen müsste, dem es aber nicht gelungen ist – also zu Lasten des Trägers der Beweislast. An der Beweislast des Auftragnehmers ändert sich jedenfalls nichts (allein) dadurch, dass der Auftraggeber einem vereinbarten Beweistermin nicht wahrnimmt, auch wenn dies grundlos erfolgt.

1. Ausnahme: Auftraggeber verweigert Zugang zur Baustelle

Es kann daher wichtig sein, die angesprochenen Ausnahmen zu kennen: Zum Beispiel dann, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Zugang zur Baustelle verweigert, kommt es zu einer Beweislastumkehr. Ohne Zugang zur Baustelle ist es logisch ausgeschlossen, dass der Auftragnehmer die vorhandene Leistung vor Ort aufmißt. Er kann also nur auf Pläne, Lieferlisten, Fotos etc. zurückgreifen, um seinen Leistungsstand darzulegen. Allerdings sollte der Auftragnehmer unbedingt versuchen, vom Auftraggeber dennoch eine Erlaubnis für ein Aufmaß vor Ort zu erhalten, natürlich auch das am besten gemeinsam. Nur wenn auch das mißlingt und es zu einem Streit um den genauen Umfang der Leistungen des Auftragnehmers kommt, muss der Auftraggeber den Beweis antreten, dass die Abrechnung des Auftragnehmers unrichtig ist.

2. Ausnahme: Die Leistung ist nicht mehr feststellbar

Eine weitere Ausnahme gilt, wenn der Auftraggeber nicht (1) zu einem gemeinsamen Aufmaßtermin kommt und (2) die Leistung später nicht mehr feststellbar ist. Dann kommt es dazu, dass der Auftraggeber die Beweislast trägt, welche Leistungen der Auftragnehmer erbracht hat. Dies wird dann relevant, wenn der Auftragnehmer ein Aufmaß vorlegt und der Auftraggeber der Auffassung ist, es sei nicht richtig.

Nur ausnahmsweise kann der Auftragnehmer eine Schätzung seiner Leistungen vorlegen, wenn der Auftragnehmer aus objektiven Gründen kein Aufmaß vorlegen kann und der Auftraggeber dies verhindert hat.

Pauschales Bestreiten der Leistung reicht nicht

Nur weil der Auftragnehmer die Beweislast trägt, kann sich der Auftraggeber aber nicht völlig zurücklehnen. Will der Auftraggeber die Aufmaße des Auftragnehmers bestreiten, reicht dafür nicht immer ein pauschales Bestreiten, also ohne nähere Details. Hat der Auftraggeber eigene Kenntnis von den Leistungen des Auftragnehmers, muss er schon mehr dazu sagen. Dies gilt z.B. dann, wenn der Auftraggeber die vom Auftragnehmer vorzeitig beendeten Leistungen durch ein anderes Unternehmen zu Ende führen lässt und Mehrkosten geltend gemacht. Dies kann der Auftraggeber nur, wenn er weiß, welche Leistungen der Auftragnehmer ausgeführt hat und welche das danach tätige Unternehmen.

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Fazit: Im Streitfall hilft nur Eindeutigkeit beim Aufmaß

Auftragnehmer sind gut beraten, wenn sie mit dem Auftraggeber gemeinsam die Leistungen aufmessen und dafür sorgen, dass der Auftraggeber ein eindeutiges und rechtlich verbindliches Anerkenntnis erklärt. Auch wenn es oft auch anders „gut geht“, wird der Auftragnehmer in Streitfällen dankbar sein, wenn er eine eindeutige Aufmaßlage geschaffen hat.


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