Wenn der Bauherr Unmögliches verlangt
Ein Fall wie aus dem Lehrbuch: Der Auftraggeber macht Vorgaben, die zwangsläufig zu einem Mangel führen, der Auftragnehmer soll haften. Sein Problem: Er hat seine Bedenken nicht ordnungsgemäß angemeldet. Einen solchen Fall hatte gerade der Bundesgerichtshof zu entscheiden.
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Der Auftragnehmer hat die Pflicht, als Erfolg eine mangelfreie und verwendungsfähige Leistung zu erbringen. Diese Pflicht steht oft im Konflikt zu dem Wortlaut des Bauvertrages oder anderen Vorgaben des Auftraggebers, weil diese keine mangelfreie Leistung erlauben und oft zu einer völlig unbrauchbaren Leistung führen würden. Der Auftragnehmer muss in solchen Fällen Bedenken anmelden oder eine Vereinbarung nachweisen, um sich in solchen Fällen von der Haftung zu befreien.
Der Bundesgerichtshof hatte erst kürzlich wieder in einem geradezu schulbuchmäßigen Fall zu mangelhaften Vorgaben des Auftraggebers und der (verbliebenen) Haftung des Auftragnehmers zu entscheiden (BGH v. 29.09.2011, VII ZR 87/11):
Ein Auftragnehmer hatte den Auftrag, eine Düker mit verlegten Elektroleitungen zu herzustellen und zu vermessen. Der Düker verlief in einem Bogen. Der Auftragnehmer hat die Lage des fertigen Dükers aber einfach in einer geraden Linie zwischen Beginn und Anfang in die Pläne aufgenommen. Er übergab die Pläne an einen Unternehmer, der Erdarbeiten ausführen sollte. Und weil in den Plänen der Düker falsch eingezeichnet war, wurden die Elektroleitungen beschädigt. Daher machte der Auftraggeber Schadensersatz gegen den Auftragnehmer geltend.
Der Auftragnehmer verteidigte sich damit, die vereinfachte Art der Vermessung sei mündlich ausdrücklich vereinbart, hierzu wurden sogar Zeugen vernommen.
Der BGH entschied jedoch zu Ungunsten des Auftragnehmers. Wenn eine vereinbarte Leistung ungeeignet ist, den Erfolg herbeizuführen, ist sie mangelhaft – hier sollten die Pläne dazu dienen, den Düker vor Beschädigungen zu schützen, und genau dazu waren sie nicht geeignet.
Für diese Erfolgspflicht des Auftragnehmers ist es völlig egal, was die Vertragspartner vereinbart haben, so im Ergebnis der BGH. Der Auftragnehmer hätte nachweisen müssen, dass der Auftraggeber nicht nur mit der ungeeigneten Ausführung als solchen einverstanden war, sondern zusätzlich auch das Risiko für die unzureichende Darstellung hinsichtlich der späteren Erdarbeiten übernommen hat. Dies war aber nicht Thema des Gespräches gewesen.
Pferde sind nun mal schreckhaft
Wie weit die Prüfung des Auftragnehmers gehen kann, zeigt, ein vom OLG Saarbrücken entschiedener Fall (v. 13.10.2011, 8 U 298/07). Danach muss der Auftragnehmer die Decke einer Pferdehalle zwar nicht unbedingt regendicht, aber regensicher ausführen – aber er muss zusätzlich die Schreckhaftigkeit von Pferden berücksichtigen und daher darf seine Leistung auch bei starkem Wind nicht zu Flatter- und Knallgeräuschen führen. Diese Schreckhaftigkeit musste der Auftragnehmer bei seiner Leistung bedenken. Dem Auftragnehmer wurde zum Verhängnis, dass die Nutzung der Halle ausdrücklich im Vertrag genannt war.
-> Wenn der Vertrag eine ungeeignete Leistung beschreibt, darf der Auftragnehmer sie nur dann ungestraft ausführen, wenn er den Besteller auf die fehlende Funktionstauglichkeit hingewiesen hat und der Auftraggeber auf der untauglichen Ausführung besteht und das damit verbundene Risiko übernimmt.
Dabei kann die Ursache für eine fehlende Funktionstauglichkeit aus verschiedensten, dem Auftraggeber zugehörigen Umständen kommen. Sie kann insbesondere beruhen auf
- der Planung des Auftraggebers
- der Leistungsbeschreibung
- einer Anordnung des Auftraggebers
- vom Auftraggeber beigestellten Stoffen oder Bauteilen
- Vorleistungen anderer Unternehmer
- der vorhandenen Bausubstanz.
Diese Bereiche muss der Auftragnehmer prüfen, ob sie eine mangelfreie Ausführung sichern oder nicht. Der Auftraggeber hat schließlich ein Fachunternehmen beauftragt!
Regelungen in VOB und BGB
Bei der VOB/B ergibt sich diese Pflicht des Auftragnehmers aus §§ 4 Abs. 3 und 13 Abs. 3 VOB/B. Hinweise zu besonders mangelträchtigen Bereichen finden sich in der VOB/C. Besonders deutlich ist die Formulierung in § 13 Abs. 3 VOB/B. Als erstes wird dort nämlich gesagt, dass es bei der Haftung des Auftragnehmers bleibt, wenn ein Mangel auf einem der genannten Umstände beruht – erst danach kommt der Hinweis auf die Möglichkeit einer Bedenkenanmeldung.
Das BGB enthält anders als die VOB/B keine ausdrückliche Regelung zu dieser Prüfpflicht. Aber auch bei BGB-Verträgen gilt, dass der Auftragnehmer die Vorgaben des Auftraggebers prüfen muss. Kann er seine Leistung aufgrund dieser Vorgaben nicht mangelfrei ausführen, muss er Bedenken anmelden.
Aus dieser Bedenkenanmeldung muss sich dabei ganz klar ergeben, warum der Auftragnehmer Bedenken anmeldet und was ggf. für Folgen eintreten können. Allgemeine Hinweise auf „bauliche Fehler und drohende Mängel“ oder ähnliches reicht nicht aus. Der Auftragnehmer muss die drohenden Folgen – der BGH verwendet immer wieder das Wort „Risiko“ – genau beschreiben.
Nach der Bedenkenanmeldung
Wie es dann auf der Baustelle weitergeht, hängt von der Reaktion des Auftraggebers ab.
- Wenn er die Bedenken des Auftragnehmers zurückweist, muss der Auftragnehmer den Vertrag erfüllen, und zwar auch durch Ausführung der mangelhaften Leistung (weil eben diese Vertragsgegenstand ist). Allerdings muss sich aus der Zurückweisung ganz deutlich ergeben, dass der Auftraggeber diese Zurückweisung trotz der mitgeteilten Risiken erklärt. Der Auftragnehmer wird von der Gewährleistung frei.
- Nicht ausführen darf der Auftragnehmer Leistungen, bei denen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet wären und insbesondere solche, die zu einer Gefährdung von Leib und Leben führen würden. In solchen Fällen ist der Auftragnehmer berechtigt, die Arbeiten einzustellen.
- Reagiert ein Auftraggeber auf die Bedenkenanmeldung nicht, muss der Auftragnehmer im Zweifel ein mangelfreies Werk ausführen, also etwa von der fehlerhaften Leistungsbeschreibung des Auftraggebers abweichen. Hintergrund ist der Gedanke, dass ein Auftraggeber normalerweise ein mangelfreies Werk haben will und daher der Auftragnehmer diesen mutmaßlichen Willen umsetzt, wenn er mangelfrei, aber vom Vertrag abweichend arbeitet.
Diese Lösung ist natürlich nur möglich, wenn die eigene Leistung des Auftragnehmers betroffen ist. Sind etwa Vorleistungen eines anderen Unternehmers mangelhaft, wird der Auftragnehmer bei einem Schweigen des Auftragnehmers nur seine eigenen Leistungen einstellen können.
Richtiger Adressat der Bedenkenanmeldung ist der Auftraggeber. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Auftragnehmer auf einen Planungsfehler hinweist und der bauüberwachende Architekt auch die Planung erstellt hat. Nur wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer ausdrücklich darauf hingewiesen hat (oder sich ein Anscheinsvollmacht aus den Umständen ergibt), kann sich der Auftragnehmer an den bauüberwachenden Architekten werden.
- Macht der Auftragnehmer mit seiner Bedenkenanmeldung einen Alternativ-Vorschlag, haftet er dafür, dass dieser Vorschlag richtig und vollständig geplant ist.
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Natürlich kann eine falsche Vorgabe des Auftraggebers auch dazu führen, dass ihn ein Mitverschulden an dem eingetretenen Schaden trifft. Auch dies hat der BGH in dem hier beschriebenen Fall ausdrücklich noch einmal entschieden. Dabei sollte der Auftraggeber immerhin 50 Prozent des Schadens übernehmen, wenn sich zwar die falsche vertraglich Vorgabe, nicht aber die Risikoübernahme beweisen ließ.
Fazit
Obwohl jeder Unternehmer die Bedenkenanmeldung kennt, kommt es immer wieder zu kostenträchtigen Baufehlern – nur zu oft aus reiner Gedankenlosigkeit. Der Auftragnehmer muss den Bauvertrag genau lesen und dann entscheiden, ob eine mangelfreie Leistung beschrieben ist (und dabei ggf. sogar an die besondere Schreckhaftigkeit von Pferden denken).
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