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Der Auftraggeber zahlt nicht – und jetzt?

Baustopps wie beim Elbtower oder beim Steglitzer Kreisel: Wenn ein Auftragnehmer seine Arbeit auf der Baustelle einstellt, weil der Auftraggeber die Rechnung nicht bezahlt, geht er ein großes Risiko ein. Zudem sind die rechtlichen Hürden für so eine Arbeitsniederlegung sehr hoch. Es gibt aber alternative Handlungsmöglichkeiten.

Baustopp: Was tun wenn der Auftraggeber nicht zahlt?
Baustopp am Elbtower: Der Bauherr zahlt nicht. Aber die Arbeit einfach so einstellen dürfen Baufirmen nicht. | Foto: Webcam

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Eine Arbeitseinstellung kann sinnvoll sein, um bei einem Bauvorhaben nicht noch weiter Material, Lohn und Zeit zu investieren, obwohl eine Zahlung des Auftraggebers nicht sicher oder sogar unwahrscheinlich ist. Natürlich ist ein solcher Schritt eine Eskalation, sowohl rechtlich als auch im Sinne einer partnerschaftlichen Vertragsdurchführung. Für den Auftraggeber als Vertragspartner bedeutet eine Arbeitseinstellung des Auftragnehmers ein ernstzunehmendes Problem. Ist die Arbeitseinstellung berechtigt, kann er vom Auftragnehmer erst einmal keine weiteren Leistungen verlangen, weder eine Mangelbeseitigung noch eine Fortführung der Leistungen als solches. Das kann ein gesamtes Projekt über den betroffenen Vertrag hinaus in eine massive zeitliche und finanzielle Schieflage bringen.

Arbeitseinstellung: Hohe Hürden für den Auftragnehmer

Für einen Auftragnehmer sind die Hürden für eine Arbeitseinstellung in jeder Hinsicht hoch, viele Handlungsmöglichkeiten sind mit erheblichen Risiken behaftet. Deswegen bietet es sich in vielen Fällen an, den „Umweg“ über ein Sicherungsverlangen zu gehen. Dies ist eine weitgehend risiko-arme Vorgehensweise. Und Risiken sollte der Auftragnehmer vermeiden, denn eine unberechtigte Arbeitseinstellung gibt dem Auftraggeber das Recht zur Kündigung und einen Schadensersatzanspruch. Sieht man vom Sicherungsverlangen nach § 650f BGB ab, setzen alle potentiellen Handlungsmöglichkeiten vor allem einen fälligen Anspruch des Auftragnehmers voraus – unabhängig von den ggf. hinzukommenden weiteren Voraussetzungen.

Zahlungsanspruch als Voraussetzung für eine Arbeitseinstellung

Die Forderung nach einem fälligen Anspruch des Auftragnehmers macht aber klar, dass die Rechtmäßigkeit der Arbeitseinstellung davon abhängig ist, dass der Zahlungsanspruch des Auftragnehmers besteht und auch fällig ist.

Mögliche Einwände des Auftragggebers

Prüffähigkeit der Rechnung

Das „übliche Streitprogramm“ sieht so aus, dass der Auftraggeber als erstes die fehlende Prüffähigkeit der Abschlagsrechnung einwendet. Ist eine Abschlagsrechnung nicht prüffähig, ist sie nicht fällig. Es kommt daher gar nicht mehr darauf an, ob die Leistungen tatsächlich erbracht sind, allein der fehlende prüffähige Nachweis verhindert einen fälligen Anspruch des Auftragnehmers. Das klingt hart, hängt aber mit dem Wesen des Einheitspreisvertrages zusammen: Der Auftragnehmer erhält seine gesamte Leistung bezahlt, muss aber vorher den Umfang der geleisteten Arbeiten genau nachweisen. Ohne Nachweis keine Bezahlung – und der Nachweis muss für den Auftraggeber nachvollziehbar sein. Die Prüffähigkeit ist dabei nur ein anderer Begriff für die „Nachvollziehbarkeit“.

In einem solchen Streitfall wird der Auftraggeber natürlich besonders sorgfältig prüfen, ob die Rechnung ordnungsgemäß ist. Nach meiner Beobachtung sind im Baubereich sehr viele Rechnungen in keiner Weise ordnungsgemäß nachvollziehbar, werden aber bei einem normalen Verhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer dennoch bezahlt. Deswegen unterschätzen Auftragnehmer oft die Anforderungen an die Prüffähigkeit von Rechnungen und werden nachlässig. Das kann „tödlich“ sein, wenn z.B. Leistungen nicht mehr zugänglich sind. In einem Fall hatte der Auftragnehmer bei Abbrucharbeiten nur Nachweise für die abgefahrenen Materialien, nicht aber – und das verlangt die VOB/C eigentlich – ein Aufmaß des abgebrochenen Gebäudes.

Richtige Abrechnung der erbrachten Leistungen

Damit ist das „Streitprogramm“ aber noch nicht ausgereizt. Fast immer wird – einen nachvollziehbaren/prüffähigen Nachweis einmal vorausgesetzt – auch streitig sein, ob der Auftragnehmer die erbrachten Leistungen auch tatsächlich im abgerechneten Umfang erbracht hat.

Zurückbehaltungsrecht bei Mängeln

Und dann wird sich ein Auftraggeber außerdem genau ansehen, ob der Auftragnehmer auch vertragsgemäß gearbeitet hat. Mängel kann der Auftraggeber bei einer Arbeitseinstellung auch noch später feststellen und mitteilen. Es ist daher für den Auftragnehmer in keiner Weise sicher, dass ohne frühere Mängelrügen der Auftraggeber die Leistungen auch tatsächlich als mangelfrei akzeptieren wird. Bei Mängeln steht dem Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht zu, regelmäßig in Höhe des Doppelten der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten. Da es um die Beseitigung durch einen Dritten geht, kann dies erhebliche Höhen erreichen. Müssen der Mangel und seine Ursachen noch untersucht und festgestellt werden, ist dies Teil der Mangelbeseitigungskosten. Damit wird es sehr oft so sein, dass die geschätzten (!) voraussichtlichen (!) Mangelbeseitigungskosten – doppelt gerechnet – einen Zahlungsanspruch des Auftragnehmers übersteigen.

Fälliger Zahlungsanspruch: Nachfrist für Zahlungen setzen

Wenn die Forderung des Auftragnehmers fällig ist (oder zumindest die Risiken wegen der Einwendungen des Auftraggebers nicht zu hoch sind), sind weitere Voraussetzungen einzuhalten. Rechtlich gibt es verschiedene Ansätze für die Einstellung, das soll hier aber nicht im juristischen Detail ausziseliert werden. Es ist in der Regel der Ablauf der Zahlungsfrist abzuwarten, so z.B. ausdrücklich § 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B. Nach Ablauf der Zahlungsfrist empfiehlt es sich, dem Auftraggeber eine Nachfrist zu setzen und ihm die Arbeitseinstellung anzudrohen. Diese Nachfrist ist z.B. in § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B verlangt. Auch sonst empfiehlt sich diese Nachfrist mit der Androhung, um dem Auftraggeber eine Chance zu geben, die weitere Eskalation zu verhindern.

Ein Einstellungsrecht kann auch bestehen, wenn der Auftraggeber einen tatsächlich bestehenden Nachtragsanspruch des Auftragnehmers ernsthaft und endgültig ablehnt oder sich weigert, darüber zu verhandeln. Dies setzt allerdings voraus, dass der Anspruch berechtigt ist! Auch hier ist Streit vorprogrammiert.

In der Baustellenpraxis kommt die Schwierigkeit hinzu, dass die Entscheidung über die Arbeitseinstellung eher schnell getroffen werden muss. Zu diesem Zeitpunkt ist aber oft noch gar nicht einschätzbar, ob z.B. der Hinweis auf eine fehlende Prüffähigkeit berechtigt ist oder nicht.

Alternative: Sicherheitsverlangen nach § 650f BGB

Die eben geschilderten Risiken kann man umgehen, indem der Auftragnehmer eine Sicherheit nach § 650f BGB verlangt. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass ein Bauvertrag im Sinne des § 650a BGB vorliegt, also ein Vertrag über Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon (§ 650a Abs. 1 BGB) oder Instandhaltungsarbeiten iSd § 650a Abs. 2 BGB. Außerdem muss es eine noch nicht bezahlte Forderung des Auftragnehmers geben. Es ist aber nicht erforderlich, dass hierfür Leistungen ausgeführt wurden, sie mangelfrei sind und ordnungsgemäß abgerechnet wurden etc.! Diese nicht bezahlte Forderung besteht von Abschluss des Bauvertrags bis zur vollständigen Bezahlung.

Um eine Sicherheit nach § 650f BGB zu bekommen, muss der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Frist setzen und die Sicherheit verlangen. Dabei muss der Auftragnehmer vor allem mitteilen, in welcher Höhe er Sicherheit geltend macht. Fordert der Auftragnehmer eine zu hohe Sicherheit, darf der Auftraggeber die Sicherheit nicht insgesamt verweigern, sondern muss sie in der Höhe leisten, die nach seiner Auffassung richtig ist. Deswegen ist dem Auftragnehmer zu raten, dass er dem Auftraggeber Anhaltspunkte für die Berechnung der geforderten Bürgschaft gibt.

Sicherheitsverlangen auch nach Abnahme und bei Mängeln

Die Sicherheit kann auch noch nach Abnahme der Leistungen verlangt werden, so ausdrücklich § 650f Abs. 1 S. 3 BGB. Auch Mängel geben dem Auftraggeber nicht die Möglichkeit, dem Auftragnehmer keine oder nur eine geminderte Sicherheit zu geben. Erhaltene Abschlagszahlungen oder andere Erfüllungssicherheiten sind allerdings zugunsten des Auftraggebers zu berücksichtigen. Nur soweit der Werklohnanspruch durch Aufrechnung (allerdings nur bei unstreitiger oder rechtskräftig festgestellter Gegenforderung) oder aufgrund einer Minderung endgültig erloschen ist, besteht kein zu sichernder Anspruch mehr und der Auftragnehmer kann insoweit keine Sicherheit mehr fordern. Kosten für die Sicherheit bis maximal 2 % p.a. der Sicherheitssumme muss der Auftragnehmer tragen. Darüber hinaus gehende Kosten trägt der Auftraggeber. Es bleibt dem Auftraggeber überlassen, für welche Art der Sicherheit er sich entscheidet. Die üblichste Sicherheit ist die Bürgschaft.

Konsequenzen nach Ablauf der Frist

Nach Ablauf der Frist darf der Auftragnehmer die Arbeiten einstellen oder den Vertrag kündigen. Während der Arbeitseinstellung kann der Auftragnehmer die Sicherheit einklagen, er muss dies aber nicht tun. Leistungen muss der Auftragnehmer währenddessen nicht erbringen, auch nicht etwa zur Beseitigung von Mängeln. Daher kann der Auftraggeber während der Arbeitseinstellung auch nicht den Vertrag kündigen. Übergibt der Auftraggeber die verlangte Sicherheit, muss der Auftragnehmer natürlich die Arbeiten fortsetzen, wenn er nicht aus anderen Gründen die Arbeiten einstellen kann. Aber dann hat er immerhin einen Schutz für den Fall beispielsweise der Insolvenz des Auftraggebers.

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Fazit: Risikofreier Weg zur Arbeitseinstellung

Die Arbeitseinstellung durch den Auftragnehmer ist eine Eskalation, die nur auf sicherer Grundlage vorgenommen werden sollte. Viele Handlungsmöglichkeiten sind wegen der geforderten fälligen Forderung sehr risikobehaftet. Bei Bauverträgen iSd § 650a BGB bietet das Verlangen nach einer Sicherheit einen risikofreien Weg zur Arbeitseinstellung.

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