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Bauvertrag: Wann ist eine Rechnung prüffähig?
Aufmaß und Abrechnung bei Bauverträgen müssen prüffähig sein, damit der Auftragnehmer seinen Anspruch auf Vergütung nicht verliert. | Foto: Picture-Factory

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Es ist eine Besonderheit des Baurechts, dass Auftragnehmer genau für die ausgeführten Mengen bezahlt werden. Das bedeutet, dass sie präzise Kilo für Kilo, Quadratmeter für Quadratmeter usw. bezahlt werden. Dem steht gegenüber, dass sie deswegen die ausgeführten Leistung auch entsprechend präzise nachweisen müssen. Sie müssen dem Auftraggeber nachweisen, wieviel sie von der jeweiligen Leistung ausgeführt haben und was damit die rechnerische Grundlage des Vergütungsanspruches ist. Über die Bedeutung, die ein prüffähiges Aufmaß in diesem Zusammenhang hat, haben wir schon früher informiert.

Die Bedeutung der Prüffähigkeit

Ist der Nachweis nicht präzise genug und kann der Auftraggeber die rechnerische Richtigkeit deswegen nicht prüfen, wird dies rechtlich als fehlende Prüffähigkeit bezeichnet. Wichtig ist, dass dies nichts mit der Richtigkeit einer Abrechnung zu tun hat. Eine Abrechnung kann im Ergebnis falsch sein, aber den Fehler kann man aufgrund der Prüffähigkeit feststellen. Falsch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die abgerechnete Menge nicht mit der tatsächlichen ausgeführten übereinstimmt. Nur wenn dies „richtig“ oder „falsch“ nicht festgestellt werden kann, ist die Rechnung nicht prüffähig.

In fast jedem Vergütungsprozess geht es auch um die Prüffähigkeit der Rechnung. Kommt der Auftraggeber mit diesem Argument durch, hat er den Prozess gewonnen – jedenfalls erst einmal, denn der Auftraggeber hat eine zweite Chance, seinen Anspruch neu zu begründen.

Prüffähigkeit der Rechnung wichtig im Streitfall

Deswegen sind die Anforderungen an die Prüffähigkeit in Streitfällen immer wieder relevant. Der Verfasser hat die Erfahrung gemacht, dass in alltäglichen Abrechnungen der Praxis sehr oft nicht den (gar nicht so hohen) Anforderungen der Prüffähigkeit entsprechen, aber dennoch ganz oft bezahlt werden. Die Anforderungen an eine Rechnung werden im Gegenteil sehr oft gar nicht so genau beachtet, weder vom Auftraggeber noch vom Auftragnehmer. Tückisch ist nur, dass bei einer Meinungsverschiedenheit und einem nachfolgenden Klageverfahren diese Anforderungen wieder verlangt werden. Für diese nicht alltägliche Streitsituation sind Auftragnehmer dann relativ häufig schlecht aufgestellt.

Anforderungen an die Prüffähigkeit

Man kann ganz grob sagen, dass eine Rechnung dann prüffähig ist, wenn ein bisher am Bauvorhaben nicht Beteiligter sie nehmen und die Maße an der fertigen Leistung überprüfen kann. Er muss also wissen, welche Leistungen wo zu finden ist und mit Lasermessgerät, Zollstock etc. die in der Abrechnung genannten Maße und Mengen gegenprüfen.

Das ist natürlich nur einfach bei offenliegenden Leistungen. Viele Leistungen sind aber verdeckt (der inzwischen verputzte Rohbau, die verlegten Stromleitungen, die zugedeckte Drainage etc.) oder gar nicht mehr vorhanden (die zurückgebaute Wand).

Nach der VOB/B geht es bei der Abrechnung um die „zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege“, § 14 Abs. 1 VOB/B. Diese erforderlichen Belege unterscheiden sich also von Leistung zu Leistung. Ist eine Leistung später nicht mehr zugänglich, so ist sie – im Zweifel auf Verlangen des an seiner Vergütung interessierten Auftragnehmers – rechtzeitig aufzumessen, § 4 Abs. 10 VOB/B, § 14 Abs. 2 Satz 1 VOB/B. Dabei wird vom Auftraggeber verlangt, dass er die gewerkeüblichen Abrechnungen auch lesen kann, d.h. er darf sich nicht „dumm stellen“.

VOB/C: Leistung aus Zeichnungen ermitteln

Die Anforderungen an die Abrechnung kann natürlich der Auftraggeber auch selber definieren, indem er in den Vertrag entsprechende Regelung aufnimmt. Ist die Geltung der VOB/C vereinbart, finden sich dort bereits Regelungen, die als Teil der VOB/C ebenfalls Vertragsbestsandteil sind. Nach der ATV DIN 18299 Abschnitt 5.0 kann der Auftragnehmer zum Beispiel die Pläne des Auftraggebers für seine Abrechnung verwenden, wenn er die Leistung unverändert ausgeführt hat. Die VOB/C und damit auch die VOB/B verlangen also vom planenden Auftraggeber, dass er diese Pläne lesen und auswerten kann. Der Auftragnehmer könnte also z.B. diese Pläne nehmen und nur die Abweichungen der tatsächlichen Ausführung von der geplanten Ausführung einzeichnen oder die in den Plänen nur grob angegebenen Maße durch die tatsächlichen Maße ergänzen.

Auch sonst enthält die VOB/C wichtige Hilfestellungen für die Abrechnung, in der ATV DIN 18459 werden z.B. Vorgaben für die Umrechnung von Raum- und Massenwerten gegeben. Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Prüffähigkeit nicht zu hoch gesetzt werden.

Rechtsfolgen: Wenn die Rechnung nicht prüffähig ist

Ist eine Rechnung nicht prüffähig, hängen die Rechtsfolgen davon ab, ob sich der Auftraggeber innerhalb der ihm zustehenden Rügefrist auf diesen Fehler beruft oder nicht. Die Rügefrist ist dabei identisch mit der dem Auftraggeber zustehenden Prüffrist. Die Rüge fehlender Prüffähigkeit muss dem Auftragnehmer in dieser Frist auch zugehen, d.h. der Auftraggeber muss sie entsprechend rechtzeitig auf den Weg bringen.

Der Auftraggeber kann diese Rüge auch nicht pauschal erheben, er muss vielmehr darlegen, warum er eine Rechnung für nicht prüffähig hält. Diese Rüge soll dem Auftragnehmer die Möglichkeit geben, die Berechtigung der Rüge zu überprüfen und seine Abrechnung nachzubessern.

Wenn der Auftraggeber die Rüge rechtzeitig und ordnungsgemäß erhebt, wird der Anspruch des Auftragnehmers gar nicht fällig und kann daher schon deswegen nicht gerichtlich durchgesetzt werden. Der Höhe nach findet (logischerweise) keine Prüfung statt, eine Klage würde also abgewiesen werden – allerdings nur als „zurzeit unbegründet“. Deswegen hat der Auftragnehmer in diesem Fall eine zweite Chance, eine neue Rechnung zu stellen und diese ggf. in einem weiteren Verfahren geltend zu machen.

Erhebt der Auftraggeber aber die Rüge nicht fristgerecht, kommt es zu einer inhaltlichen Prüfung der Rechnung. Dann muss der Auftragnehmer nachweisen, welche Leistungen er in welchem Umfang ausgeführt hat. Das ist aber – was wiederum logisch ist – wegen der fehlenden Prüffähigkeit oft nur eingeschränkt, manchmal gar nicht mehr möglich. Ist dem Auftragnehmer vor Gericht der Nachweise nicht möglich, verliert er, und zwar diesmal endgültig. Deswegen sollten sich Auftraggeber überlegen, ob sie die Rüge der fehlenden Prüffähigkeit erheben oder es lieber auf einen Streit in der Sache ankommen lassen.

Auftraggeber an seine Prüfung gebunden

Weil „Prüffähigkeit“ und „Richtigkeit“ oft verwechselt werden, sollte ein Auftragnehmer die Verteidigung des Auftraggebers genau prüfen. Es kommt oft vor, dass Auftraggeber tatsächlich die Rechnung prüfen und als unrichtig zurückschicken. Abgesehen davon, dass das Zurückschicken gar keine rechtliche Wirkung hat, hat der Auftraggeber in diesem Fällen sogar selbst bewiesen, dass die Rechnung prüffähig ist. Das gilt erst recht, wenn der Auftraggeber die Rechnung wegen aus seiner Sicht bestehender Fehler inhaltlich bearbeitet und gekürzt hat.

Wird im Auftrag des Auftraggebers ein Dritter tätig, wirkt dies allerdings nicht direkt gegen den Auftraggeber. Immer mal wieder schicken beauftragte Ingenieurbüros geprüfte Exemplare an den Auftragnehmer. Der Auftraggeber darf sich in diesen Fällen dennoch auf eine fehlende Prüffähigkeit berufen, die Aussagen des Büros binden ihn nicht. Natürlich spricht es erheblich für eine gegebene Prüffähigkeit, wenn ein fachkundiges Büro die Prüfung tatsächlich vornehmen konnte.

Fazit: Sorgfalt bei der Abrechnung zahlt sich aus

Es ist für Auftragnehmer sehr ärgerlich und teuer, einen Prozess und den geltend gemachten Anspruch wegen fehlender Prüffähigkeit zu verlieren. Aus Sicht des Auftraggebers wiederum hat der Auftragnehmer eben nicht nachgewiesen, dass er die geltend gemachte Vergütung auch tatsächlich durch die Ausführung von Leistungen verdient hat. Die Prüffähigkeit ist also kein Selbstzweck und auch keine lästige Formalität, sondern ein Teil der partnerschaftlichen Ausführung und Bezahlung des Bauvertrages. Weil die Praxis oft etwas lax mit den Abrechnungsmodalitäten umgeht, sind Prozesse mit diesem Thema leider immer wieder für Auftragnehmer gefährlich.

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Lesen Sie zu diesem Thema auch den nach wie vor aktuellen Beitrag "Aufmaß und Recht - Das sollten Sie beachten".


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