Raumgewinn für die Musik
Der Konzertsaal im Kieler Schloss wird nach rund fünf Jahren Bauzeit im Januar 2026 wiedereröffnet. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde technisch modernisiert und in Teilen in seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt – mit Fokus auf Sichtachsen, Akustik und Barrierefreiheit.

„O Fortuna! Velut luna…“ – Mit dem weltbekannten Anfangschor der „Carmina Burana“ wird am 11. Januar 2026 der Konzertsaal des Kieler Schlosses wiedereröffnet. Rund fünf Jahre Sanierung werden dann hinter ihm liegen. Ein halbes Jahr vorher treffen wir Projektleiter Hendrik Euling-Stahl, Spezialist für Theaterbauten und Architekt bei der Immobilienwirtschaft der Landeshauptstadt Kiel, der uns über die Baustelle führt.
Rückführung zur architektonischen Klarheit der 60er
Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude gilt als „Stiljuwel der 60er Jahre“, dessen ursprüngliche Charakteristik im Laufe der Zeit durch zahlreiche Um- und Einbauten verloren ging. Diese sollen im Zuge der Sanierung zurückgenommen werden. Ziel ist eine möglichst originalgetreue Wiederherstellung unter Berücksichtigung heutiger Anforderungen an Barrierefreiheit und moderne Nutzungsformen. Die Planer orientieren sich dabei an einem symmetrischen Gestaltungsprinzip, wie es auch in den ursprünglichen Entwürfen angelegt war.
Enge Verhältnisse im Bestand: Rückbau schafft neue Räume
Enge Durchgänge, fensterlose Räume und geteilte Flure – jahrzehntelang hatte der NDR große Teile des Gebäudes mitgenutzt, was ursprünglich nicht vorgesehen war. Erst durch den Umzug des Senders wurde die Wiederherstellung des ursprünglich geplanten Funktionszusammenhangs möglich. Räume, die durch nachträgliche Nutzungen blockiert oder unterteilt worden waren, konnten wieder geöffnet werden.

Schadhafter Beton – tragende Details
Der Betonskelettbau stammt aus den Jahren 1960–1964. Zahlreiche Schäden an Pfosten und Riegeln wurden festgestellt – laut Euling-Stahl mit „ausreichender Betonproblematik“. Die alte Betonüberdeckung entsprach nicht mehr heutigen Anforderungen. Im Foyer mussten die Stützen geöffnet werden, da hier teils die Entwässerung verlaufen war. Die Betonsanierung erfolgte innen wie außen.
Fassade: Ressourcenschonung und neue Technik
Die Ostfassade ist bereits fertiggestellt. Etwa 70 % der Natursteinplatten konnten aufgearbeitet und wiederverwendet werden. Die ursprüngliche Unterkonstruktion wurde durch eine Stahlunterkonstruktion ersetzt. Die Westfassade, in den 1980er Jahren durch eine Aluminiumkonstruktion ersetzt, wurde nun als lasergeschweißte Pfostenriegelfassade in Stahlbau mit den Abmessungen der Ursprungsfassade wiederhergestellt. Barrierefreie Vollglastüren ergänzen das neue Erscheinungsbild.
Foyer mit neuer Raumwirkung

Im Foyer wurde die freitragende Treppe von Einbauten befreit und räumlich neu inszeniert. Wo sich früher die Hauptgarderobe befand, entsteht nun eine von oben beleuchtete Bar. Die Garderoben werden verlegt, ebenso der Aufzug – und schaffen so zusätzlichen Raum.
Konzertsaal: Akustik, Technik, Raumgefüge
Im Zentrum der Sanierung steht der Konzertsaal mit 1.350 Plätzen. Bereits beim Bau wurde eine teilweise Raum-in-Raum-Konstruktion umgesetzt: Vor die tragenden Saalwände setzte man innenseitig eine entkoppelte Vorsatzschale. Auch die horizontalen, tragenden Stufenelemente von Parkett und Rang erhielten damals eine federnde Lagerung.

Ursprünglich befanden sich oberhalb der sichtbaren Decke schwere, mehrlagige Reflektoren aus gebogenen Spanplatten. Ihre große Höhe führte zu langen Schallwegen über dem Orchester, was die gegenseitige Hörbarkeit der Stimmgruppen beeinträchtigte. Diese Elemente wurden durch neue, unterhalb der Decke angebrachte und in Höhe sowie Position verstellbare Reflektoren ersetzt. Auch die neue Polsterung der Bestuhlung wirkt schallabsorbierend und sorgt im unbesetzten Zustand für eine akustische Raumwirkung, die der eines voll besetzten Saales sehr nahekommt.
Die motorisch höhenverstellbare Podienanlage ermöglicht es, in kürzester Zeit unterschiedliche Bühnentopographien einzurichten. So können künstlerische Anforderungen flexibel erfüllt werden – ohne zusätzlichen Podesttransport oder Lagerflächen im Gebäude zu blockieren. Zusätzlich entsteht im linken Bereich der Bühne ein Studio für kleinere Aufführungen mit bis zu 80 Personen.
Beleuchtungskonzept und Barrierefreiheit
Die neue Beleuchtung setzt auf warmweiße LED-Lichtinseln mit gezielter Zonierung – in Anlehnung an den ursprünglichen Entwurf. Für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen wurde ein modernes Akustiksystem in den Zwischenebenen installiert. Neue, barrierefreie Zugänge erschließen künftig alle Saalbereiche.
Künstlerbereiche und Nebenräume

Die Musikerbereiche wurden vollständig neu geordnet: Einzelgarderoben mit besonders großen Schwingflügelfenstern gemäß Ursprungsentwurf, Aufenthaltsräume mit maßgeschneiderten Instrumentenablagen in den unterschiedlichen Stimmzimmern und ein separater Stimmraum bieten künftig angemessene Bedingungen für professionelle Orchesterarbeit. Der Zugang für die Künstler erfolgt künftig über den früheren NDR-Eingang. In den ehemaligen Büros des Senders im Untergeschoss entsteht der neue Cateringbereich mit Küche und Lagerräumen.
Zeitverzug und Kostenrahmen
Eigentlich hätte der Konzertsaal bereits im Sommer 2024 fertiggestellt werden sollen. Neben baulichen Herausforderungen – etwa statischen Anpassungen oder Erschwernissen im Betonbau – sorgten vor allem verspätete Förderbescheide für eine Verzögerung von neun Monaten. Dennoch blieb das Projekt finanziell im geplanten Rahmen.
Was war die größte Herausforderung bei der Neugestaltung? „Da kann ich keine einzelne nennen, es waren etliche Details“, sagt Euling-Stahl. Ein Gebäude nach einer solchen Nutzung wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen und dabei aktuelle Anforderungen zu berücksichtigen, sei eine enorme Aufgabe gewesen – möglich gemacht durch den intensiven Planungsprozess und umfangreiche Voruntersuchungen.

Hendrik Euling-Stahl
Dipl.-Ing. Hendrik Euling-Stahl, verantwortlicher Projektleiter der Kieler Immobilienwirtschaft für die Neugestaltung des Kieler Konzertsaals, ist ein Spezialist für Theaterbauten. Nach vielseitiger Theaterarbeit parallel zum Studium der Architektur in Kiel war er beteiligt am Bau, an Planung und Sanierung verschiedener Kulturbauten wie z.B. beim Festspielhaus Hellerau, der Oper Köln, dem Stadttheater Freiburg und dem Staatstheater Augsburg.
Optimismus für den Spielzeitstart
Die stählerne Decke ist eingebaut, die Ränge vorbereitet, die Bühne samt Hubpodien in Arbeit – lediglich Wandverkleidung und Bestuhlung fehlen noch. Was den Eröffnungstermin betrifft, bleibt Hendrik Euling-Stahl zuversichtlich: „Vielleicht sind dann noch Restarbeiten im hinteren Bereich zu machen, aber das klappt.“
Im Bau kennen wir uns aus!
Für Sie bauen wir unseren Newsletter mit den relevantesten Neuigkeiten aus der Branche.
Gleich abonnieren!


Lesen Sie auch
Neueste Beiträge:
Meistgelesene Artikel
Für welche Leistungsart interessieren Sie sich?


Bauleistungen


Dienstleistungen


Lieferleistungen
Verwandte Bau-Themen:
Top Bau-Themen:
Jetzt zum Newsletter anmelden:
Lesen Sie Nachrichten zu Bauwirtschaft und Baupolitik aus erster Hand. Plus: Hoch-, Tief- und Straßenbau.