Wie beim Interims-Gasteig Budget und Termin gehalten wurden
Wer an Kulturbauten denkt, dem kommen Begriffe wie Zeitüberschreitung und explodierende Budgets in den Sinn. Dass es auch anders geht, zeigt ein Kulturprojekt in München: Der Interims-Konzertsaal Gasteig HP8 ist sowohl im Zeit- als auch im Kostenrahmen geblieben.
Das Mischen wird digital
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Europas größtes Kulturzentrum, der Münchener Gasteig, muss generalsaniert werden. Ihn bei laufendem Betrieb umzubauen, war jedoch unmöglich. Deshalb musste ein Ausweichquartier gefunden werden, und so ist der neue temporäre Gasteig HP8 auf dem Areal der Stadtwerke München in Sendling entstanden.
Teil des Interimsquartiers Gasteig HP8 ist die fünfstöckige Isarphilharmonie, die trotz modularer Bauweise höchsten Konzertgenuss in beachtlichen Dimensionen bietet. Entworfen haben die Konzerthalle die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) in enger Zusammenarbeit mit Yasuhisa Toyota und seinem Team von Nagata Acoustics, den Akustikexperten, die auch für die Elbphilharmonie verantwortlich zeichnen. Mit der baulichen Realisierung wurde das Schweizer Unternehmen Nüssli AG als Generalunternehmen beauftragt.
Eine Herausforderung für das Nüssli-Team war nicht nur die kurze Bauphase von nur 20 Monaten, sondern auch die sehr engen Platzverhältnisse am neuen Gasteig. Rohbau und Hülle, Innenausbau, Deckenlandschaft, Philharmoniesaal, technische Gebäudeausstattung und Brandschutz – viele Teilprojekte und Prozesse liefen parallel auf kleinstem Raum, der nicht zuletzt wegen Corona präzise geplant und genutzt werden musste.
Generalunternehmen Nüssli über die Besonderheiten beim Interims-Gasteig
Die Nüssli Gruppe mit weltweit 350 Mitarbeitern besteht seit 85 Jahren. Harald Dosch, Director Business Development der Nüssli Gruppe, war für das Unternehmen auf vielen Weltausstellungen und anderen Sonderbauten tätig. Auch das Interimsquartier Gasteig HP8 hat er mit betreut. Wir sprachen über die Besonderheiten des Projekts mit dem 54jährigen Bauingenieur.
B_I: Herr Dosch, wurden bei dem Projekt eigene Mitarbeiter oder Nachunternehmen eingesetzt?
Harald Dosch: Ein Großteil waren Nachunternehmer, die Sondergewerke haben wir in Eigenregie ausgeführt.
B_I: Ist die Firma Nüssli denn spezialisiert auf den Eventbau?
Dosch: Ursprünglich kommen wir aus dem klassischen Zimmerergewerk, später wurde daraus Tribünenbau und dann kam der Eventbau. Daraus entstand dann der temporäre Hochbau. Wir unterscheiden einmal den nur für einige Tage stehenden Eventbau, etwa für ein Festival oder einen Sportanlass, und daneben den temporären Hochbau, der aber auch mit dem höherwertigen Anspruch verbunden ist und entsprechend länger steht. Am Ende steht dann so etwas wie der Gasteig als Sonder- oder Nischenprojekt. Eigentlich ist für dieses Projekt, das mehrere Jahre stehen soll, der Begriff temporär falsch. Alles, was länger als ein halbes Jahr steht, ist kein temporärer Bau.
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B_I: Die Ausschreibung war ungewöhnlich. Warum haben Sie sich überhaupt auf das Projekt eingelassen?
Dosch: Es war ein Verhandlungsverfahren, dabei zählt am Ende nicht nur der Preis. Es sind Themen enthalten wie Theater- und Bühnentechnik sowie Tribünenbau, bei denen wir uns auskennen. Dadurch gab es eine begrenzte Wettbewerbssituation. An solche Spezialthemen trauen sich nicht viele Mitbewerber. Gerade an die Spezialgewerke wie die Akustik mit den Holzelementen haben sich viele nicht herangewagt. Wir haben die entsprechenden Erfahrungen mitgebracht. Ein Vorteil war, dass die Gründung zu Beginn unserer Arbeiten bereits gemacht war und dass der Bauherr in Eigenregie die Sanierung der denkmalgeschützten Halle E in Einzelvergaben vergeben hat.
Kosten im Rahmen: Kaum Änderungen in der Bauphase
B_I: Kosten waren mit rund 40 Millionen nicht sehr hoch. Wie haben Sie das gemeistert?
B_I: Wie waren die logistischen Herausforderungen?
Dosch: Die Logistik war sehr schwierig, letztlich hat aber alles funktioniert. Wir haben speziell für die Logistik zwei Leute abgestellt. Die Baustelle lag in einem sehr frequentierten Bereich mit absolut begrenztem Platz. Die benachbarten Betriebe mussten weiterlaufen. Wir haben uns gut mit dem Rohbauer geeinigt und konnten dessen Krankonzept nutzen, so dass dessen Krane auch den anderen Nachunternehmern zur Verfügung standen.
Kurze Bauzeit: „Für uns ist der Termin heilig“
B_I: Die kurze Bauzeit lässt auf Vorfertigung schließen.
B_I: Es gab ein Box-in-Box-Konzept - was bedeutet das?
Dosch: Dabei wird der Konzertsaal in ein Stahltragwerk des Hauptgebäudes eingehängt, um eine Schalltrennung zu erreichen. Den großen Einfluss hatte der Akustiker, alles andere hatte sich dem unterzuordnen. Das war die größte Herausforderung. Ob die Akustik stimmt, merkt man erst, wenn der Saal komplett fertig ist. Die Frage, was passiert, wenn der Akustiker die Akustik bemängelt, stellten wir uns erst gar nicht. Wie würde man den Mangel überhaupt beschreiben? Nachhall-Probleme könnte man eventuell mit Arbeiten am Innenausbau lösen. Gott sei Dank gab es keine diesbezüglichen Probleme.
Öffentliche Hand als Bauherr: Randbedingungen müssen stimmen
Dosch: Um solch eine anspruchsvolle Konzerthalle realisieren zu können, braucht es das perfekte Zusammenspiel aller Beteiligten. An dieser Stelle unser herzliches Dankeschön an alle Projektteilnehmer, Genehmigungsstellen, Architekten, Fachplaner, ausführende Firmen und vor allem an das Team Gasteig für die professionelle und stets zielorientierte Zusammenarbeit. Ich möchte unterstreichen, dass die öffentliche Hand in der Lage ist, im Termin und im Budget zu arbeiten, wenn die Randbedingungen stimmen und alle an einem Strang ziehen, um ein Vorzeigeprojekt zu schaffen. Es gibt nämlich leider auch viele schlechte Beispiele aus dem Bereich. Wenn alles so harmonisch läuft wie in diesem Fall, dann kann man auch heute mit der öffentlichen Hand hervorragend zusammenarbeiten.
B_I: Vielen Dank, Herr Dosch, für das Gespräch.
Ein weiteres prominentes Beispiel für einen termin- und kostengerechten Kulturbau ist das Volkstheater München.
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