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Einsatz von Pflanzenkohle nach dem Stockholmer System in der Stadt

Urbane Substrate mit Pflanzenkohle sind insbesondere in schwedischen Städten Standard. Trotz ihrer Wirksamkeit und Kosteneffizienz gibt es in Deutschland noch viele Fragen und Hemmnisse gegenüber dem schwedischen Ansatz.. In diesem exklusiven Beitrag für B_I galabau beleuchtet David Bregulla, Projektmanager bei der Carbuna AG, die Herausforderungen, Potenziale und die wachsende Bedeutung angesichts des Klimawandels in städtischen Gebieten.

Pflanzenkohle im Stockholmer System: So wird das Substrat verwendet
Im Auftrag des Tiefbauamtes der Landeshauptstadt Magdeburg hat die Landschaftsarchitektin Annett Kriewald in Kooperation mit Carbuna zwei Bauvorhaben realisiert. | Foto: Kriewald 2023
Urbane Substrate mit Pflanzenkohle verbreiten sich seit kurzem auch in Deutschland zunehmend. In Stockholm werden solche Substrate inzwischen standardmäßig bei allen innerstädtischen Baumpflanzungen und Grünflächenerneuerungen verwendet. Viele andere schwedische Städte arbeiten derzeit und zunehmend mit ähnlichen Konzepten: Malmö, Lund, Uppsala und Göteborg, um nur einige zu nennen. Auch in anderen nordischen Ländern sowie in Österreich, der Schweiz und Deutschland werden immer mehr Projekte nach diesem Prinzip gebaut - und das Interesse der Städte hat massiv zugenommen. Der Schwammstadt-Gedanke verbreitet sich insbesondere nach den schweren Regenfällen von 2022 und den Dürreperioden von 2018 bis 2022 nun sehr schnell.

Welche Untersuchungen gibt es zur Schwammstadt mit Pflanzenkohle?

Im Auftrag der Stadt Stockholm (Schweden) und gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) übersetzt Carbuna das „Handbuch zum Stockholmer System“, welches noch 2023 erscheinen wird. | Foto: Stadt Stockholm 2017 / Carbuna AG 2023
Im Auftrag der Stadt Stockholm (Schweden) und gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) übersetzt Carbuna das „Handbuch zum Stockholmer System“, welches noch 2023 erscheinen wird. | Foto: Stadt Stockholm 2017 / Carbuna AG 2023
Das vielversprechende „Stockholmer System“ kommt im deutschsprachigen Raum bisher noch nicht so oft zum Einsatz wie in Schweden. Viele Grün- und Bauämter, Planungsbüros, Baumexperten und andere Entscheider haben erst vor kurzem oder noch gar nicht von Pflanzenkohle in urbanen Pflanzsubstraten – strukturstabilen und weiteren – gehört. Entsprechend gibt es vor Ort nur wenige Experten, die mit Rat und Erfahrung dienen können. Dies liegt auch daran, dass es noch wenig deutschsprachige Literatur gibt. Handbücher und Projektdokumentationen zum „Stockholmer System“ gibt es fast nur auf Schwedisch, nur vereinzelt wurden sie ins Englische übersetzt. Die umfassendste Dokumentation ist das Handbuch der Stadt Stockholm „Växtbäddar i Stockholms stad - en handbok 2017". Dieses Handbuch wird derzeit von Carbuna im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) finanzierten Projektes („Vitale Stadtbäume und urbane Grünflächen durch Einsatz von Pflanzenkohle nach dem schwedischen Vorbild“) ins Deutsche übersetzt. Es wird noch 2023 erscheinen. Auch andere Forschungsprojekte in Deutschland befassen sich mit strukturstabilen Substraten, Schwammstadt und Pflanzenkohle . Zum Beispiel das Projekt „BlueGreenStreets“ an der Hafen City Universität Hamburg oder das jüngst von der Hochschule Geisenheim gestartete Projekt „Black2GoGreen.

Worauf kommt es bei der Umsetzung des Prinzips „Urbane Substrate mit Pflanzenkohle“ an?

Für die Bauvorhaben in Magdeburg hat Anett Kriewald, inspiriert durch das „Stockholmer System“, ihre eigene Bauweise entwickelt – das „Magdeburger Baumquartier“ . | Foto: Kriewald 2023
Für die Bauvorhaben in Magdeburg hat Anett Kriewald, inspiriert durch das „Stockholmer System“, ihre eigene Bauweise entwickelt – das „Magdeburger Baumquartier“ . | Foto: Kriewald 2023
Kern des „Stockholmer Systems“ sind verschiedene urbane Substrate mit Pflanzenkohle, welche alle als Schwammstadt-Module genutzt werden können. Dabei kommen strukturstabile, überbaubare Varianten ebenso zum Einsatz wie nicht-überbaubare sowie Dach- und Fassadensubstrate. Dieser neue Ansatz – also mit Pflanzenkohle-Substraten zu arbeiten und diese mit Prinzipien der Schwammstadt zu verbinden – ermöglicht die lokale Versickerung und temporäre Rückhaltung von Regenwasser. Dies stellt die bisherige Praxis zumindest teilweise auf den Kopf. Insbesondere die Kombination mehrerer Funktionen auf einer Fläche (tragende Verkehrsfläche, Wurzelraum und Regenwasserspeicher) ist für viele neu. Und so ist es nicht verwunderlich, dass es in den Straßen- und Tiefbauämtern, in den Wasserwirtschaftsämtern und in den Grünflächenämtern oft viele Fragen und teilweise auch Widerstände gibt. Schließlich ist der neue Ansatz auch nicht immer leicht mit Normen, Vorschriften und Zuständigkeiten zu vereinbaren.

In der bisherigen Praxis ist der städtische Raum meist folgendermaßen aufgeteilt: Ein Teil ist für Straßen/Wege vorgesehen, ein Teil für Parkplätze, ein Teil für Infrastruktur und Rohre einschließlich der Kanalisation – und die übrige Fläche kann für Bäume und Grünflächen genutzt werden. Weil das „Stockholmer System“ diese Grenzen verwischt, erfordert die Einführung diees neuen Konzeptes viel Kommunikation innerhalb und zwischen den betroffenen Stellen, Ämtern und Zuständigen. Doch es lohnt sich, diesen Dialog zu suchen, denn die Erfahrungen und Ergebnisse aus Schweden zeigen: Strukturstabile und weitere, urbane Substrate auf Basis von Pflanzenkohle sind wahrscheinlich die effektivste und kostengünstigste Lösung für die Bewältigung großer Starkregenmengen. Gleichzeitig führt der größere Wurzelraum und die Versickerung nach dem Schwammstadtprinzip zu einem verbesserten Wachstum der Bäume.

Pflanzenkohle ist doch viel zu teuer – oder?

Beim Bauvorhaben „Platzgestaltung Nicolaiplatz Magdeburg“ wurden zahlreiche neue Bäume à la „Magdeburger Baumquartier“ gepflanzt, mit Gehbereichen sowie einspurigen Fahrbereichen dazwischen. | Foto: Kriewald 2023
Beim Bauvorhaben „Platzgestaltung Nicolaiplatz Magdeburg“ wurden zahlreiche neue Bäume à la „Magdeburger Baumquartier“ gepflanzt, mit Gehbereichen sowie einspurigen Fahrbereichen dazwischen. | Foto: Kriewald 2023

In Stockholm wurden schon 2009 die ersten Versuche mit Pflanzenkohle im urbanen Grün durchgeführt. 2014 wurde dann damit begonnen, Pflanzenkohle systematisch in urbanen Substraten – strukturstabilen und weiteren – einzusetzen. Seit ein paar Jahren wird nun in Stockholm bei fast allen städtischen Pflanzungen und Bodensanierungsprojekten Pflanzenkohle verwendet! Solche grundlegenden Veränderungen brauchen Zeit und viele Pioniere, die sich vertrauensvoll und offen auf neue und vielversprechende Wege begeben wollen.

Pflanzenkohle galt lange als relativ teuer. Seit Mitte 2020 besteht nun für die Händler von Pflanzenkohle – wie Carbuna – die Möglichkeit, die Klimadienstleistung des Kohlenstoffentzugs in Form von Zertifikaten zu monetarisieren. Dadurch ist der effektive Preis für den Anwender von Pflanzenkohle inzwischen deutlich gesunken.

Was kann der urbane Raum zum CO2-Entzug aus der Atmosphäre leisten?

Im Zuge des Bauvorhabens „Ersatzneubau Strombrückenzug Magdeburg“ werden mit der von Kriewald entwickelten Bauweise Alleen-Bäume gepflanzt. | Foto: Kriewald 2023
Im Zuge des Bauvorhabens „Ersatzneubau Strombrückenzug Magdeburg“ werden mit der von Kriewald entwickelten Bauweise Alleen-Bäume gepflanzt. | Foto: Kriewald 2023
Kohlenstoffentzug beschreibt die Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Luft. Die Begriffe „Negativemissionen“ oder „Carbon Dioxide Removal (CDR)“ meinen in der Regel dasselbe. Kohlenstoffentzug soll künftig nicht nur dazu dienen, unvermeidbare CO2-Emissionen zu kompensieren: Um das 1,5 °C oder das 2 °C Ziel von Paris einzuhalten ist es unvermeidbar, überschüssiges CO2 aus der Luft zu entnehmen. Netto-null reicht nicht aus, nach 2050 muss die Welt netto-negative Treibhausgasemissionen erreichen. Dies macht auch deutlich, dass Kohlenstoffentzug kein Feigenblatt ist für weitere fossile Emissionen. Vielmehr muss Kohlenstoffentzug genau so schnell geschaffen werden, wie fossile Emissionen verringert werden müssen. Pflanzenkohle ist eine bereits weit entwickelte Technologie für Kohlenstoffentzug, durch sie wird Kohlenstoff aus Pflanzen in fester Form haltbar gemacht und sicher in Böden, Gewässern oder langlebigen Baustoffen gelagert.

Auch Städte müssen klimaneutral werden – und folglich müssen auch sie Kohlenstoffentzug ermöglichen. Die Verwendung von Pflanzenkohle in urbanen Substraten (und als Zusatz in Beton) ist eine der wenigen realistischen Optionen für dauerhaften CO2 -Entzug von innerhalb der Stadtgrenzen. Dies wird eindrücklich unterstrichen von einer aktuellen Studie (im preprint: Rodríguez Méndez et al., 2023): „Die meisten Städte sind sich der drastischen Veränderungen in der bebauten Umwelt, die zur Verringerung der Treibhausgasemissionen erforderlich sind, noch nicht bewusst (…).“ Weiter heißt es sinngemäß, dass „zahlreiche Unwägbarkeiten, wirtschaftliche Hindernisse und ordnungspolitische Fragen bislang die Umsetzung und den Umfang der notwendigen Maßnahmen noch erheblich einschränken.“

Welchen CO2-Fußabdruck haben die einzelnen Substrate?

Das „Stockholmer System“ liefert nicht nur wertvolle Vorarbeit in Bezug auf Stadtbäume – sondern auch Blaupausen für alles übrige urbane Grün:  vom Magerrasen über Staudenbeete bis hin zu Dach- und Fassadenbegrünungen. Im Bild ein Staudenbeet in Malmö (Schweden), in welchem eine Mischung aus Recycling-Splitt, Pflanzenkohle und Kompost verwendet wurde. | Foto: Carbuna AG
Das „Stockholmer System“ liefert nicht nur wertvolle Vorarbeit in Bezug auf Stadtbäume – sondern auch Blaupausen für alles übrige urbane Grün: vom Magerrasen über Staudenbeete bis hin zu Dach- und Fassadenbegrünungen. Im Bild ein Staudenbeet in Malmö (Schweden), in welchem eine Mischung aus Recycling-Splitt, Pflanzenkohle und Kompost verwendet wurde. | Foto: Carbuna AG
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, gut funktionierende Substrate für urbanes Grün herzustellen – der CO2-Fußabdruck dieser Substrate, egal ob fertig bezogen oder selbst gemischt, steht bisher jedoch meist nicht im Blickpunkt der Hersteller und Kunden. Urbane Substrate mit Pflanzenkohle sind in hohem Maße klimapositiv – das heißt, sie speichern dauerhaft mehr CO2, als bei Herstellung und Transport erzeugt werden. Eine Tonne Pflanzenkohle bindet im Schnitt -2,8 t CO2e und lokal bezogene Gesteine kommen auf einen CO2-Fußabdruck von unter 0,010 t CO2e/t (einschließlich 50 Kilometer Transport). Im Gegensatz dazu enthalten viele der heute verwendeten Substrate Bestandteile wie Bimsgestein, die oft viele 100 oder sogar mehr als 1.000 Kilometer transportiert werden. Andere enthalten energieintensive Materialien wie Blähton oder Blähperlit, die unter großer Hitze erzeugt werden müssen. Der CO2-Fußabdruck solcher Bestandteile ist um Größenordnungen höher als der von lokal gewonnenen Gesteinen, die in Kombination mit Pflanzenkohle sehr gut als Grundstoff für strukturstabile Substrate verwendet werden können. Damit fördert das „Stockholmer System“ zusätzlich die regionale (Kreislauf-) Wirtschaft.

Der Klimawandel stellt unsere Städte vor immer größere Herausforderungen:

  • Die Städte heizen sich nicht nur zunehmend auf – sie kühlen auch nicht mehr richtig ab.
  • Die Bevölkerung und das urbane Grün leiden unter der Hitze – vor allem unter den häufiger auftretenden und länger werdenden Dürreperioden.
  • Heftige Starkregenereignisse führen zu verheerenden Überschwemmungen – und erfordern eine bessere Regenwasserbewirtschaftung.

Die Städte werden dazu gezwungen, schnelle und effektive Lösungsmaßnahmen umzusetzen. Das „Stockholmer System“ als multidimensionaler Lösungsansatz, preiswert, klimapositiv und auf Basis lokaler Rohstoffe verbindet städtebauliche Herausforderungen und bietet ganzheitliche Lösungsansätze. Es wird einen wertvollen, entscheidenden Beitrag leisten, um den zentralen Herausforderungen des Klimawandels im städtischen Kontext zu begegnen.

Das DBU-Projekt von Carbuna „Vitale Stadtbäume und urbane Grünflächen durch Einsatz von Pflanzenkohle nach dem schwedischen Vorbild“, oder auch das „Black2GoGreen“-Projekt der Hochschule Geisenheim werden dazu beitragen, diesem vielversprechenden Ansatz zu mehr Bekanntheit und zur breiteren Anwendung zu verhelfen.

Gedeiht die grüne Branche?

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Unser Autor

David Bregulla, Carbuna AG, Projektleiter des DBU-Projektes "Vitale Stadtbäume und urbane Grünflächen durch Einsatz von Pflanzenkohle nach dem schwedischen Vorbild". Kontakt: d.bregulla@carbuna.com

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