Entstehung eines Totholzgartens am Schulweg in Stein bei Nürnberg
Um sich am Projekt „Starterkit blühende Kommunen“ des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) zu beteiligen, beschloss die Stadtgärtnerei der Stadt Stein bei Nürnberg, ein Projekt zur Umweltbildung, in Verbindung mit einer insektenfreundlichen Flächenentwicklung zu starten. Der Leiter der Stadtgärtnerei, Jörg Jaroszewski, beschreibt, wie die Idee eines insektenfreundlichen Totholzgartens am Schulweg in Stein entstand, seine Realisierung als vom StMUV gefördertes Projekt und seine erste Erweiterung bereits kurz nach Fertigstellung.
Es verfestigte sich also der Gedanke, ein größeres Projekt umzusetzen. Zusätzlicher Anreiz dafür war die Aussicht auf 5.000 Euro Förderung durch den Freistaat Bayern, die der jeweiligen Siegerkommune im Landkreis zugutekommen sollte. Daraus reifte die Idee, ein Umweltbildungsprojekt von unbestimmter Dauer durch die Stadtgärtnerei ins Leben zu rufen. Damit konnte man gleichzeitig dem Nachhaltigkeitsgedanken gerecht werden, für den die Stadt Stein als Fair-Trade-Kommune steht.
Die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei waren nicht nur bereit und in der Lage dies anzugehen, vielmehr entbrannte bei zahlreichen Beschäftigten ein Feuer für solch ein Projekt. Eben mal was anderes im manchmal so tristen Arbeitsalltag einer Stadtgärtnerei. Es konnte zudem auf einen soliden Stamm aus Fachleuten in den eigenen Reihen zurückgegriffen werden, was immense Sicherheit für die Umsetzung mit sich bringt. Das Team aus Landschafts-, Baum- und Zierpflanzengärtnern, Baumpflegern und einer geprüften Natur- und Landschaftspflegerin kam zu dem Ergebnis, einen Totholzgarten zu realisieren. Vorbild der Anlage wurde der Totholzgarten der Stadt Schwabach, ganz in der Nähe von Stein.
Die Idee: Ein insektenfreundlicher Totholzgarten zur Umweltbildung
Der Totholzgarten sollte durch die Erweiterung um zusätzliche Lebensräume zudem zum kurzzeitigen Verweilen einladen und zahlreiche Hinweistafeln sollten für die nötige Information der Besucher sorgen. Dazu wurden die Lebensräume Feldhecke, Blühwiese, Steinhaufen, Sand, Streuobst und eine Benjeshecke in die Planungen einbezogen. Alle Elemente wurden mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Fürth abgestimmt, da sich die Fläche in einem Landschaftsschutzgebiet befindet. Mit diesem Paket an Maßnahmen wurde eine aussagekräftige Bewerbung formuliert und fristgerecht eingereicht.
Erfolgreiche Bewerbung
Es kam wie erhofft, und die Stadt Stein wurde mit dem Projekt „Steiner Totholzgarten am Schulweg“ als Starterkit-Kommune ausgewählt. Das hatte zur Folge, dass der erste Bürgermeister Kurt Krömer nach Ellingen zum Weltbienentag fahren durfte, um dort am 20.05.2022 vom bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber höchstpersönlich, den Scheck für das „Starterkit“ über 5.000 Euro entgegenzunehmen.
Die Arbeitsweise änderte sich daraufhin grundlegend, da von nun an die Blühpaktberatung der Regierung von Mittelfranken mit in die weiteren Planungen einbezogen werden musste, denn jetzt kam es auf Details in der Umsetzung an. Der Blühpaktberater war für die Einhaltung der Vorgaben zuständig und lieferte darüber hinaus entscheidenden Input. Durch ihn und die „Zuständige für Biodiversitätsberatung von Kommunen“ der Regierung wurde sichergestellt, dass die Lebensbereiche auch funktionell einwandfrei umgesetzt werden konnten. Zu diesem Zweck fanden einige klärende Arbeitstreffen auf der Fläche statt.
Ausgewählte städtische Mitarbeiter nahmen spezielle Weiterbildungsangebote an, um fachlich richtig agieren zu können. Ein wichtiger Bestandteil war hier stets der Weg nach Schwabach, um sich im Vorbild-Totholzgarten die nötigen Anregungen zu holen. Die Kollegen aus Schwabach unterstützten die Steiner Gärtner hier dankenswerter Weise tatkräftig.
Der eigentliche Startschuss für den Totholzgarten in Stein fiel dann endgültig im Oktober 2022, nachdem das Pachtverhältnis für die Wiese ausgelaufen war. Von da an waren noch etwa acht Monate Zeit, um das Projekt im geforderten Zeitraum von einem Jahr umzusetzen.
Im „Rausch“
Als erste Maßnahme wurden 20 Zentimeter Oberboden der neuen Blühwiese auf etwa 1.000 Quadratmetern Fläche mit dem Kettenbagger abgezogen, da artenreiche und gebietsheimische Mischungen eher magere Standorte bevorzugen. Eine andere Art der Abmagerung hätte an dieser Stelle zu viel Zeit in Anspruch genommen. Der anfallende Boden wurde im späteren Totholzbereich modelliert, um etwas Struktur in die Fläche zu bringen. Dadurch entstand ein Hügel, der den Totholzbereich von zwei Seiten eingrenzen sollte.
Es wurden Äste von heimischen Sträuchern für die Benjeshecke gesammelt, da der Winter vor der Türe stand, war dies ohnehin der optimale Zeitpunkt. Das Steinlager in der Stadtgärtnerei, bestehend aus verschiedensten Restbeständen an Natursteinen, wurde ebenfalls als passendes Material für eine Steinschüttung identifiziert.
Gedeiht die grüne Branche?
Aktuelle Nachrichten zu den Entwicklungen im GaLa-Bau erfahren Sie in unserem Newsletter.
Hier abonnieren!
Offen gesagt, werden bei der Anlage eines Totholzgartens vorwiegend Materialien verwendet, die bei der täglichen Arbeit in einer Stadtgärtnerei ohnehin als Abfallprodukte anfallen. Bei Verwendung dieser Materialien werden erstens Entsorgungs- und gegebenenfalls Lagerkosten eingespart und zweitens werden diese Reststoffe noch einer sinnvollen Verwendung zugeführt.
Geordnetes Chaos
Die Stadtgärtnerei entwickelte den Plan, anders als in Schwabach, das Totholz geordnet nach Baumarten abzulagern. Ahorn, Eiche, Linde, Weide und Holz von Obstbäumen sollten das Grundgerüst des Totholzgartens bilden. Passend zur abgelagerten Holzsorte wurde auf der Böschung ein ebenso passender Baum gepflanzt. Der Bürger sollte einfach und schnell die Verbindung zwischen den toten und den lebenden Bäumen herstellen können. Da es sich ausnahmslos um heimische Bäume und zudem noch um Bäume des Jahres handelte, war deren Bezug aus gebietsheimischen Quellen eher unproblematisch.
Die Umgestaltung einer innerstädtischen Fläche bescherte dann noch einige Robinien-Stämme, die aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit als stehende Elemente, tief im Erdboden verankert, auf die Fläche verbracht wurden. Stehendes Totholz unterliegt jedoch besonderen Sicherheitsanforderungen. Zur sicheren Umsetzung unterstützte die Abteilung Spielplatzkontrolle der Stadt Stein.
Die Blühfläche schwächelte nach dem Austrieb augenscheinlich. Deshalb entschied sich die Stadtgärtnerei in Zusammenarbeit mit dem Blühpaktberater für eine Mähgutübertragung von einer artenreichen Wiese in der Nähe. Dieses Vorgehen war erstaunlich unkompliziert und zudem noch kostengünstig.
Abschluss und zugleich Startschuss für die erste Erweiterung
Im Juni 2023 war es soweit. Die Fläche konnte nach erfolgreicher und fristgerechter Fertigstellung an die Bürger übergeben werden. Seitdem das Totholz auf die Fläche eingezogen ist, konnten schon zahlreiche Insekten und Pilze in ihrem neuen Lebensraum beobachtet werden. Wie sagt man so schön: “Es summt und brummt gewaltig im Totholzgarten der Stadt Stein.“
Noch im Herbst 2023 entstand die Idee einer Erweiterung um ein ca. 150 Quadratmeter großes Sandarium, da die kleine Sandfläche neben dem Steinhaufen doch sehr stark von der angrenzenden Vegetation in Beschlag genommen wurde. Insgesamt kamen zusätzliche 800 Quadratmeter mit Obstbäumen, Blühflächen und Totholzelementen hinzu und damit wuchs die Gesamtfläche des Totholzgartens auf ca. 3.000 Quadratmeter.
Für welche Leistungsart interessieren Sie sich?
Bauleistungen
Dienstleistungen
Lieferleistungen
Es sollte sich herausstellen, dass die Anlage eines Sandariums deutlich anspruchsvoller war als die Anlage der bereits realisierten Lebensräume. Schon im Frühjahr 2024 wurde Saatgut für 500 Stauden aus dem Projekt „Mittelfranken-Stauden“ von der Projektleiterin, Frau Dr. Doris Jensch, an die Stadt Stein zur Aufzucht übergeben. Helichrysum arenarium (Sand-Strohblume), Thymus pulegioides (Breitblättriger Thymian), Onobrychis viciifolia (Saat-Esparsette) und Petrorhagia prolifera (Sprossende Felsennelke), beispielhaft genannt, sollen die Fläche zukünftig besiedeln. Zusätzlich konnte im Naturschutzgebiet „Hainberg“, das sich auf der „Sand-Achse Franken“ befindet, mit einem maschinellen Wiesensamensammler eine Samenernte durchgeführt werden. Das bedurfte natürlich einer Befreiung durch die Regierung und eine Schulung des eigenen Personals. Da auch der verwendete Sand Auswirkungen auf die verwendeten Pflanzen hat, wurden hier aus einer nahen Sandgrube ca. 70 Tonnen ungewaschener Mauersand beschafft.
Im Sandarium entstanden im Jahr 2024 mehrere Bereiche mit Stauden, Stauden und Saatgut und ein Bereich, der nur mit Saatgut angelegt wurde. Zwischen den Bereichen befinden sich auch Flächenanteile ohne Pflanzen, damit hier sandliebende Insekten leben können.
Unser Dank geht an dieser Stelle an Herrn Wolfgang Endres (Blühpaktberater), Frau Dr. Doris Jensch (Zuständige für Biodiversitätsberatung von Kommunen der Regierung von Mittelfranken), an alle Totholzspender, an das Haus Faber-Castell mit dem Förster Norbert Feder, an die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Fürth und an die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei Stein für die gute und saubere Arbeit.
Weitere Informationen zum Totholzgarten der Stadt Stein gibt es unter "Starterkit-Kommune - Stadt Stein (bayern.de)", "Stadt Stein: Totholzgarten am Schulweg (stadt-stein.de)"
Lesetipps der Redaktion: Baumpflege geht vernetzt in die Zukunft Akzeptanz naturnah gepflegter Flächen erhöhen
Neueste Beiträge:
Meistgelesene Artikel
Verwandte Bau-Themen:
Top Bau-Themen:
Jetzt zum Newsletter anmelden:
Werden Sie Experte im Garten- und Landschaftsbau. Plus: Kommunaltechnik.