Barrierefreie Grünflächen: mit gutem Beispiel voran

Barrierefreies Bauen ist mittlerweile vielen Planenden ein großes Anliegen, und auch viele Privatleute denken bereits in jungen Jahren über das Leben im Alter nach. Deshalb gibt es immer mehr nützliche und zugleich optisch ansprechende Produkte am Markt sowie Projekte mit Vorbildcharakter, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Grün- und Freiflächen barrierefrei gestalten
Mit kreativen Lösungen eröffnen sich Rollstuhlfahrern neue Möglichkeiten, wie das Beispiel dieses barrierefreien Schwimmteichs zeigt. | Foto: H.-Günter Heiden

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Präzises Messen mit der Elektronik-Wasserwaage TECH 196 DL von Stabila

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„Design for all“ oder schlicht „accessibility“, also „Zugänglichkeit“ heißt es im englischen Sprachgebrauch so schön. Beide steht für das deutsche Wort „Barrierefreiheit“ – mit einem großen Unterschied: Sie sind viel positiver konnotiert und vermitteln, dass es sich dabei um eine Gestaltung handelt, von der alle Menschen profitieren. Diese Begrifflichkeiten finden sich so auch in der neuen DIN EN 17210 „Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umgebung. Funktionale Anforderungen“, die im zweiten Halbjahr 2021 veröffentlicht werden soll. Auf 300 Seiten und mit zahlreichen Abbildungen geht es auch darum, die Menschen für ein universelles Design zu sensibilisieren und nicht nur reine Anforderungen zu definieren. Deutschland hat danach 36 Monate Zeit, die dreiteilige deutsche Normenreihe DIN 18040 anzupassen. Nach aktuellem Stand dürfte sich die DIN 18040 zu einer Anwendungsnorm verändern, da viele Schutzziel- Formulierungen bereits im europäischen Papier zu finden sind.

Allein der Übergang macht’s möglich

Einer der ausschlaggebenden Punkte für ein barrierefreies Umfeld ist im Privatbereich der Übergang zwischen Innen- und Außenraum, der möglichst schwellenlos ausgeführt werden sollte. In diesem Fall muss das Wasser über eine Entwässerungsrinne zuverlässig abgeführt werden – auch bei den immer häufiger auftretenden Unwettern mit Starkregen. Infrage kommt hier beispielsweise das Drainrostsystem AquaDrain von Gutjahr in Kombination mit dem Drainrost AquaDrain BF-Flex. Dank seines speziellen Drehfußsystems lässt er sich bis zu 6 % schräg einstellen. Dies sorgt dafür, dass der Übergang stufenlos ist und das Türelement gleichzeitig etwas höher eingebaut werden kann, wodurch die Oberkante der Abdichtung höher liegt als die des Belags.

Den Garten nutzen – bei jedem Wetter

Dieses unterfahrbare Hochbeet ermöglicht es auch Rollstuhlfahrern, Obst und Gemüse anzubauen. | Foto: Rollibeet.de
Dieses unterfahrbare Hochbeet ermöglicht es auch Rollstuhlfahrern, Obst und Gemüse anzubauen. | Foto: Rollibeet.de

Draußen angekommen kann dank des von Uwe Jürries und Axel Hang gemeinsam mit Rollstuhlfahrern entwickelten, unterfahrbaren Hochbeets die gesundheitsfördernde und stressreduzierende Gartenarbeit beginnen. Je nach Modell können am „Rollibeet“ bis zu vier Personen gleichzeitig arbeiten. Der Abstand zwischen dem Boden und der Unterkante der auskragenden Beetfläche beträgt je nach Bedarf 52, 65 und 78 cm. Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen arbeitet das Unternehmen derzeit an einem ergänzenden Sortiment, wie einem Frühbeetaufsatz, einer Bewässerung oder Gartenwerkzeugen. Bei Witterungsverhältnissen mit Eis und Schnee kommt die elektrische Freiflächenheizung Lapis Perfectus EFH der Firma Der Stein infrage. Dafür werden Heizleitungen im Abstand von 100 bis 180 mm in eigens dafür hergestellte, 2,5 cm tiefe Nuten verlegt und in Betrieb genommen, wenn es nötig ist. Möglich macht dies ein Temperatur- und Feuchtefühler in Kombination mit der sensiblen Steuerung der Heizung. Sie arbeitet dadurch nur nach Bedarf bei Temperaturen unter 3 °C und verbraucht je nach Abstand zwischen den Heizleitungen 136 bis 245 W/m2 ausgestatteter Fläche.

Spielen und Toben für alle

Auf einer adäquat gestalteten Rutsche können alle Kinder Bewegungserfahrungen sammeln. | Foto: Richter Spielgeräte
Auf einer adäquat gestalteten Rutsche können alle Kinder Bewegungserfahrungen sammeln. | Foto: Richter Spielgeräte

Sommers wie winters zum Highlight wird für behinderte Kinder ein integrativer Spielplatz, der möglichst viele von ihnen – so unterschiedlich sie auch sein mögen – teilhaben lässt. Deshalb ist darauf zu achten, dass die Spielgeräte nicht zu speziell sind, wodurch andere Kinder eher ausgeschlossen als integriert würden. Ein schönes Beispiel sind gestaltete Rutschen, die von Kindern, die einen Rollstuhl oder Beinschienen benötigen, ebenso genutzt werden können wie von Kindern, die instabil sitzen oder keine besonderen Anforderungen benötigen. Eine flache Rampe führt hinauf zur Umsetzfläche, eine mindestens 50 cm breite Rutschbahn auf der anderen Seite wieder hinunter. Diese sollte so konstruiert sein, dass die Kinder am Ende sanft abgebremst werden.

Kieler Städtebauprojekt: Vom Ödland zum Wasserparadies

Der Wasserplatz, der fast vollständig barrierefrei gestaltet ist, bildet das Herzstück des Projekts „Kleiner Kiel Kanal“. | Foto: bgmr / Thomas Rosenthal
Der Wasserplatz, der fast vollständig barrierefrei gestaltet ist, bildet das Herzstück des Projekts „Kleiner Kiel Kanal“. | Foto: bgmr / Thomas Rosenthal

Neben dem Angebot an einzelnen Produkten mit universellem Design gibt es immer mehr Freiflächen, die viele Menschen möglichst selbstständig nutzen können. Dazu zählt die Umgestaltung der Holstenbrücke im rund 250.000 Einwohner zählenden Kiel. Diese Transformation ist das Schlüsselprojekt verschiedener städtebaulicher Maßnahmen, mit denen die Innenstadt aufgewertet und der öffentliche Raum gestärkt werden sollen. Dazu wurde zum einen eine stark frequentierte Stadtstraße in einen Shared Space und zum anderen der ehemalige Stadtgraben in den Kleinen Kiel-Kanal verwandelt. Dem Team von bgmr Landschaftsarchitekten gelang es, die neue Wasserfläche fast überall allen Menschen zugänglich zu machen. Flach geneigte Rampen aus hochwertig wirkendem Holz führen hinunter zur Wasserfläche, entlang derer langgestreckte Sitzstufen zum Verweilen einladen. Diese sind insbesondere für ältere Menschen zum Ausruhen von großer Bedeutung. Einzig die drei Inseln im Wasser sind lediglich über eine niedrige Stufe zu erreichen, andernfalls hätten sie gar nicht gebaut werden können.

Weniger Begrenzungen, mehr Verantwortung

Barrierefrei gestaltet: Der Landschaftspark „Baumkirchen Mitte“. Aufgeständerten Wege, die durch den Landschaftspark  führen, sind für Rollstuhfahrer ausreichend breit und bieten Blinden und Sehbehinderten eine Leitlinie. | Foto: es
Barrierefrei gestaltet: Der Landschaftspark „Baumkirchen Mitte“. Aufgeständerten Wege, die durch den Landschaftspark führen, sind für Rollstuhfahrer ausreichend breit und bieten Blinden und Sehbehinderten eine Leitlinie. | Foto: es
Äußerst simpel und wirkungsvoll ist die Lösung, die für die ökologische Vorrangfläche des Projekts „Baumkirchen Mitte“ in Berg am Laim realisiert wurde. Dabei war Barrierefreiheit hier nicht einmal vorgeschrieben, da die Fläche in Privatbesitz bleibt und lediglich öffentlich zugänglich ist. Auf dem rund 15 ha großen Gelände des ehemaligen Bahnbetriebswerks München 4 sollte in gleichen Flächenanteilen Platz für Wohnungen, Büros und Einzelhandel sowie eine ökologische Vorrangfläche entstehen. Im 2010 ausgelobten städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb überzeugte der Entwurf von mahl gebhard konzepte und Peter Ebner & Friends die Auslober. Als einzige Teilnehmer erhielten sie den vorhandenen Höhenunterschied von bis zu 4 m zwischen Wohnbebauung und bereits ökologisch wertvoll bewachsener Gleisfläche. Darüber hinaus verzichteten sie auf Absperrungen oder Zäune, um die Fauna und Flora zu schützen. Gesetzt wird – zu Recht – auf die Eigenverantwortung der Besucher. Diese werden auf 2 m breiten Stegen im wahrsten Wortsinne über das Gelände geführt. Dafür wählten die Planenden Spaltböden aus Beton und ließen sie mit einem Abstand von maximal 49 cm über dem Gelände montieren. Deshalb kann überall auf eine Absturzsicherung verzichtet werden, die Sicht auf die Natur ist aus jeder Blickhöhe unverstellt. Gleichzeitig können Menschen, die auf einen Blindenstock angewiesen sind, diesen an den Rändern der Stege entlangführen. Einzig die Rampen, über die der Höhenunterschied zwischen Umgebung und ökologischer Vorrangfläche ausgeglichen wird, sind mit Geländern ausgestattet. Das Projekt "Baumkirchen Mitte" überzeugte auch die Jury im Wettbewerb um den erstmals vergebenen Bayerischen Landschaftsarchitektur-Preis.

Urlaub zu Hause: Rollstuhlgeeignete Teichanlage

Eine besondere Perle findet sich in einem Berliner Privatgarten: ein Natur-Schwimmteich, der für die im Rollstuhl sitzende Hausherrin selbstständig zugänglich ist. Die Idee dazu entstand während eines Urlaubs in Finnland, den das Ehepaar in einem Haus direkt am See verbrachte. Die Möglichkeit, sich jederzeit im kühlen Nass erfrischen, sich bewegen zu können – darauf wollten die beiden auch Zuhause nicht mehr verzichten. Da ein konventioneller Pool mit gechlortem Wasser nicht infrage kam, entschieden sie sich für einen selbstreinigenden Naturteich. Dabei ist zur Schwimmfläche noch einmal die identisch große Fläche für die Pflanzen hinzuzurechnen, die das Wasser reinigen. Das Planungsteam von Potsdamer Gärten ordnete diese Bereiche optisch ansprechend rechts und links des Schwimmbereichs an. Ein Holzplateau lädt auch außerhalb des Wassers zum Verweilen ein, ein Baum spendet Mensch und Wasser Schatten. Die Rampe, über die die Rollstuhlfahrerin ins Wasser gelangt, schwingt sich elegant am Rand des Teichs entlang und führt bis zur Sitzhöhe ins Wasser. Dann kann sich die Hausherrin sanft ins Wasser gleiten lassen und ihre Runden drehen. Einmal im Jahr wird der Teich professionell gereinigt, um ihn über viele Jahre hinweg nutzen zu können.
Über die flach geneigte Rampe kann die Hausherrin in ihrem Rollstuhl eigenständig ins Wasser fahren. | Foto: H.-Günter Heiden
Über die flach geneigte Rampe kann die Hausherrin in ihrem Rollstuhl eigenständig ins Wasser fahren. | Foto: H.-Günter Heiden

Diese Auswahl an Produkten und Projekten verdeutlicht, mit wie viel Energie und Kreativität Hersteller und Planende mittlerweile das Thema der barrierefreien öffentlichen und privaten Grünräume angehen. Denn sie kommen allen Nutzerinnen und Nutzern zugute.

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Zur Autorin:

Simone Hübener studierte Architektur in Karlsruhe und Rom und arbeitet seit 2007 als freie Journalistin mit den Schwerpunkten Architektur und Bauen. Bis 2014 war sie freie Mitarbeiterin bei frei04 publizistik in Stuttgart, von 2010 bis 2015 Geschäftsführerin des architekturbild e.v. Seit 2020 ist sie als Referentin beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Berlin tätig und schreibt weiterhin für renommierte Fachzeitschriften. | Foto: Michael Fuchs
Simone Hübener studierte Architektur in Karlsruhe und Rom und arbeitet seit 2007 als freie Journalistin mit den Schwerpunkten Architektur und Bauen. Bis 2014 war sie freie Mitarbeiterin bei frei04 publizistik in Stuttgart, von 2010 bis 2015 Geschäftsführerin des architekturbild e.v. Seit 2020 ist sie als Referentin beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Berlin tätig und schreibt weiterhin für renommierte Fachzeitschriften. | Foto: Michael Fuchs

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