Kronensicherung ohne Kettensäge
Durch die heißen und trockenen Sommer können Bäume immer schlechter mit großen Schnittflächen umgehen. Eine Alternative ist daher der Einsatz von Gurt-Systemen. Baumpfleger Can Yergin von der Schuler Service Group berichtet über seine Erfahrungen.
An Orkan Kyrill, obwohl fast 17 Jahre her, können sich viele Menschen in Deutschland noch gut und mit bangem Gefühl erinnern. Mit „Ylenia“ und „Zeynep“ fegten Anfang des vergangenen Jahres gleich zwei Orkane übers Land hinweg. Auch wenn die Windgeschwindigkeiten für gewöhnlich nicht so extrem ausfallen: Immer wieder sorgen Stürme für immense Baumschäden. Dabei haben die herabfallenden Äste nicht selten ein so hohes Gewicht, dass Lebensgefahr besteht.
Auf Baumpflegern wie Can Yergin lastet daher eine hohe Verantwortung. „Mit unserer Arbeit tragen wir wesentlich zur Verkehrssicherheit bei“, sagt der Fachmann der Schuler Service Group, einem überregional agierenden Garten- und Landschaftsbauunternehmen, das sich auf gewerbliche, industrielle und kommunale Projekte spezialisiert hat. Zugleich versuche man, auf Werksarealen und im öffentlichen Raum insbesondere den alten Baumbestand zu schützen und zu erhalten. Während kritisches Totholz zwingend entfernt werden muss, gibt es bei völlig intakten Bäumen bzw. Baumteilen „eine gute Alternative zur Säge“, wie Can Yergin es nennt.
Baumpfleger arbeiten mit Gurtsystem
Sein Team greift, wo immer es die vorausgehende Baumkontrolle zulässt, zur Kronensicherung mit textilen Materialien. Bei Schuler setzt man bundesweit auf Gurt-Schnallen-Systeme zwischen zwei und zehn Tonnen Bruchkraft. „Die zwei Enden des Gurts werden durch eine Schnalle geführt und dann so fixiert, dass sich nichts mehr lösen kann.“ Eine Ratsche, wie man sie von der Ladungssicherung auf Lkw kennt, ist nicht erforderlich. „Muskelkraft genügt“, so der Baumpfleger. Ein integrierter Scheuerschutz verhindert, dass die Rinde verletzt wird.
Ein typischer Anwendungsfall für die Kronensicherung sind sogenannte „Druckzwiesel“. Das sind zwei aus einem Hauptstamm aufragende Stämmlinge in V-Form. Während der unten deutlich abgerundete „Zugzwiesel" (auch U-Zwiesel genannt) hinsichtlich der Stabilität meist unbedenklich ist, müssen Druckzwiesel häufig prophylaktisch gesichert werden. „Der bruchgefährdete Teil wird mit dem stabileren Teil des Baumes verbunden“, erklärt Can Yergin.
Dynamisch oder statisch?
Im Wesentlichen stehen zwei Varianten zur Verfügung: „Der dynamische Einbau wird angewendet, wenn augenscheinlich zwar alles in Ordnung ist, sich ein Sturmschaden aber nicht völlig ausschließen lässt.“ Der Gurt hat so viel Spiel, dass der Stämmling oder der dicke Ast durchhängt. „Ein statischer Einbau wird vorgenommen, wenn das Risiko für einen Abbruch erkennbar ist.“ Durch ein straffes Fixieren soll eine Bewegung durch Wind so gut es geht verhindert werden.
Eine dritte Möglichkeit ist die Kombi-Lösung: „Beim dynamischen Einbau mit Halteband verhindert eine weitere Schlinge das mögliche Absacken des Astes. Lieber baut man eine Sicherung zu viel ein als eine zu wenig“, betont der Baumpfleger. Er selbst habe es nach fünf Jahren Berufserfahrung nicht einmal erlebt, dass es trotz Kronensicherung zu einem Abbruch gekommen ist. „Aber auszuschließen ist es natürlich nicht“, betont er.
Gurte statt Sägen
Eine Kronensicherung ist in der Regel eine dauerhafte Maßnahme. Nach einigen Jahren wird das Material standardmäßig ausgetauscht. „Manchmal auch schon früher als geplant, wenn Witterung – und Eichhörnchenzähne – ihm in besonderer Weise zugesetzt haben“, erklärt Can Yergin. Die Schlingen verfügen über einen Puffer, damit der Baum an der Stelle weiter gedeihen kann, ohne dass es zu Einwachsungen kommt.
Ein größerer Arbeitsaufwand als beim Einsatz der Motorsäge sei damit nicht verbunden, so der Fachmann. Im Gegenteil: „Durch die Kronensicherung spart man ja die Entsorgung des entfernten Holzes.“ Eine spezielle Schulung des Personals sei nicht erforderlich. „Man sollte neue Kolleginnen und Kollegen aber ruhig drei- bis viermal über die Schulter schauen lassen, ehe sie allein mit dem System arbeiten“, rät der erfahrene Baumpfleger.
Bei Schuler ist man sich sicher, dass diese Methode in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird. „Die Dürre-Sommer setzen den Bäumen zu. Entsprechend schlecht kommen sie mit größeren Schnittflächen zurecht“, sagt der Baumpfleger. „Die Gurte schaden dem Baum überhaupt nicht.“ Und da meist Bänder in gedeckten Farben verwendet werden, gibt es auch optisch keinen störenden Effekt. „Bei belaubten Bäumen muss man schon direkt unter der Krone stehen, um die Sicherung überhaupt zu erkennen.“
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Auf diese Weise kann wertvoller Baumbestand, ob in Parks, an Alleen oder auf Firmengrundstücken, lange erhalten werden. „Gerade die großen Altbäume sind es, die Tieren Raum bieten. Sie sind die Luxushotels für die Fauna“, so Can Yergin.
Autorin
Karen Hubrich von der Schuler Service Group
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