„Im Hinblick auf biologische Vielfalt eine unsinnige Verirrung“
Die Gestaltung von Gärten ist eine Geschmacksfrage. Doch besonders an einem Konzept scheiden sich die Geister: Weitgehend pflanzenlose Schottergärten gelten als Reizthema. Mit Blick auf Mikroklima, Artenvielfalt und Lebensqualität ruft die grüne Branche gar zu einer gesellschaftlichen Debatte auf.
Mangelnde nächtliche Abkühlung in der Stadt
„Die weitgehend pflanzenlosen Schottergärten sind in ihrer Masse klimaschädlich und im Hinblick auf die biologische Vielfalt eine unsinnige Verirrung“, ist Professor Cassian Schmidt überzeugt. Der Landschaftsarchitekt und Staudengärtnermeister leitet den Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof in Weinheim und hat eine Professur an der Geisenheim University im Fach Pflanzenverwendung. Er ist ein starker Verfechter von lebendigen, grünen Vorgärten: „Unbepflanzte Schotterflächen wirken genauso schädlich wie eine versiegelte Garageneinfahrt.“ Denn sie verstärkten das Problem der sogenannten „Heat-Island-Effects“ und damit der mangelnden nächtlichen Abkühlung in der Stadt. „Und das alles mit dem Argument der vermeintlichen Pflegeleichtigkeit. Das dem aber keinesfalls so ist, zeigt nicht nur die Praxis – es wurde auch längst wissenschaftlich bewiesen“, so Schmidt.
Pflegeleicht? Laub und Unrat zwischen den Steinen
Achim Kluge vom BGL sagt: „Tatsächlich verlangen die Flächen mit der Zeit viel mehr Aufmerksamkeit als eine durchdachte Bepflanzung. Auf der zugeschotterten Fläche landen Laub und Unrat zwischen den Steinen. Auch Unkräuter siedeln sich an – trotz Unkrautvlies unter dem Schotter. Nur mit mühsamer Handarbeit lässt sich dann das scheinbar gepflegte Bild wieder herstellen.“ Landschaftsarchitekt Cassian Schmidt empfiehlt, Schotterflächen zurück zu bauen: „Es ist nie zu spät für eine Korrektur durch eine nachträgliche Bepflanzung – und einfacher, als viele meinen. Der Schotter muss gar nicht einmal unbedingt völlig entfernt werden, sondern man kann ihn nach Entfernen des Trennvlieses im Pflanzkonzept wieder geschickt verwenden.“ So lasse sich eine attraktive Bepflanzung unter Nutzung der Steine als Mulchschicht aufbauen. Wichtig sei jedoch, dass grobe Hohlräume mit feineren Teilen wie feinerem Sand oder Splitt aufgefüllt werden, damit auch bodenbrütende Insekten wie beispielsweise Sand- und Mauerbienen, davon profitieren können.
Splitt ist nicht das Problem
Nicht der Splitt, also die mineralische Mulchschicht, sei ist das Problem, so der Experte. Vielmehr gehe es um nicht bepflanzte Flächen, die ökologisch wie ästhetisch nicht für zusätzliches Grün in der Stadt genutzt würden. „Wir verwenden in unseren Pflanzungen auf trockenen Freiflächen durchaus mineralische Mulchdecken, Lava, Sand, Splitt, aber keinen groben Schotter“, erläutert Schmidt. „Allerdings aus einem anderen Grund: Der Mulch wirkt als kapillarbrechende Schicht. Das bedeutet, er reduziert die Verdunstung und damit den Gießaufwand für die Staudenpflanzung erheblich und erleichtert die Pflege. Unter der Mulchdecke bleibt es schön kühl für die Bodenlebewesen und über der Mulchschicht schattieren die Stauden die Fläche.“ Wer Steine gut finde, müsse sich nicht von ihnen verabschieden, es sei lediglich wichtig, dass das Material professionell verwendet und mit der richtigen Pflanzenauswahl kombiniert werde. „Gekonnt gemacht kann auch vor dem Haus durchaus etwas Grau liegen“, so Achim Kluge vom BGL. „Doch Grün sollte immer und unbedingt den Ton angeben. Als lebendiger Beitrag zu einem besseren Mikroklima in der Stadt und mehr Artenvielfalt.“
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Debatte über Schottergärten: BGL geht es um Mikroklima, Artenvielfalt und Lebensqualität: Weitere Bilder
Quelle: BGL
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