Enorme Investitionen eröffnen neue Geschäftschancen
500 Milliarden Euro will die Bundesregierung in die Infrastruktur und Klimaneutralität investieren. Das schafft neue Geschäftschancen für die Bauwirtschaft – aber auch Herausforderungen. Dr. Moritz Pützow erklärt, wie das Sondervermögen verteilt wird, welche Projekte gefördert werden und welche Chancen innovative Vergabemodelle bieten.

„Zusätzlichkeit“ der Investitionen
Das Sondervermögen ist dafür vorgesehen, zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur umzusetzen und Klimaneutralität zu erreichen (Art. 143h Abs. 1 Grundgesetz). Als „zusätzlich“ gelten die im Sondervermögen veranschlagten Investitionen dann, wenn die im jeweiligen Haushaltsjahr im Bundeshaushalt insgesamt veranschlagten Ausgaben für Investitionen 10 Prozent der veranschlagten Gesamtausgaben im Bundeshaushalt übersteigen (§ 4 Abs. 3 des Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität – SVIKG-E).
115 Milliarden Euro Investitionen allein 2025
Im zweiten Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025 plant die Bundesregierung allein im Jahr 2025 Investitionen in Höhe von über 115 Milliarden Euro – eine Steigerung um 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Davon stammen rund 62,7 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt, 25,7 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) und 27,2 Milliarden Euro aus dem neuen Sondervermögen. Auch in den Folgejahren soll dieses hohe Niveau gehalten werden: Bis 2029 steigen die Investitionen des Bundes auf fast 120 Milliarden Euro jährlich.
Gleichzeitig werden sich auch die Ausgaben für Verteidigung erhöhen. Nach der Grundgesetzänderung im März fallen Verteidigungsausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, nicht mehr unter die Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3 Satz 5 GG). Auch hieraus ergeben sich neue Bauinvestitionen, beispielsweise in Kasernen, Logistikzentren oder für die militärische Ertüchtigung von Verkehrsinfrastruktur.
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Fakten zum Sondervermögen
· Gesamtvolumen: 500 Mrd. Euro
· Zeitraum: 2025 bis 2043
· Bundesinvestitionen: 300 Mrd. Euro
· Länder/Kommunen: 100 Mrd. Euro
· Schwerpunkte: Bahn, Digitalisierung, Klimaschutz
Mittelverteilung: Wer gibt das Geld aus?
Das Sondervermögen steht Bund, Ländern und Kommunen zur Verfügung. 300 Milliarden Euro des Sondervermögens sind für Investitionen des Bundes vorgesehen. Weitere 100 Milliarden Euro fließen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), der insbesondere die Transformation der Industrie, den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, die klimafreundliche Mobilität und den Umbau des Gebäudesektors unterstützt. Der KTF erhält jährlich 10 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen.
100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen
100 Milliarden Euro sind zudem direkt für Investitionen auf Landes- und Kommunalebene bestimmt. Den Rahmen hierfür schafft das im Entwurf vorliegende Gesetz zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen von Ländern und Kommunen (LuKIFG-E). Dieses kann zunächst nur regeln, welche Mittel der Bund den Ländern zur Verfügung stellt. Die Zuteilung soll nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgen. Gemäß dem Referentenentwurf des LuKIFG sollen die Länder verpflichtet werden, einen Großteil der Mittel, mindestens 60 Prozent, an ihre Kommunen weiterzureichen. Politisch wird jedoch diskutiert, diese Verpflichtung zu lockern.
Keine „Zusätzlichkeit“ bei Ländern und Kommunen
Die Form der Weiterreichung obliegt eigenverantwortlich den Ländern. Nach den Erfahrungen mit dem Konjunkturpaket II aus dem Jahr 2009 sind hier pauschale Zuweisungen oder Antragsverfahren denkbar. Abzuwarten bleibt, zu welcher Investitionssteigerung das Sondervermögen auf Ebene der Länder und Kommunen führen wird. Das sowohl im Grundgesetz als auch im Referentenentwurf enthaltene Kriterium der „Zusätzlichkeit“ der Investitionen soll nach aktuellem Diskussionsstand für Länder und Kommunen entfallen.
Wann fließen die Mittel aus dem Sondervermögen?
Gefördert werden sollen nach aktuellem Diskussionsstand Maßnahmen, die frühestens am 1. Januar 2025 begonnen wurden. Die Länder sollen bis Ende 2029 mindestens ein Drittel ihrer zugewiesenen Mittel verbindlich gebunden haben. Im Übrigen können diese Mittel bis Ende 2036 bewilligt und bis Ende 2043 ausgezahlt werden. Für Unternehmen ergeben sich daraus langfristige Perspektiven für Planung und Akquise.
Welche Projekte profitieren von den Milliardeninvestitionen?
Die förderfähigen Bereiche auf Bundes- und Länderebene umfassen: Zivil- und Bevölkerungsschutz, Verkehrs-, Krankenhaus- und Energieinfrastruktur, Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, Digitalisierung sowie Forschung und Entwicklung. Auf Bundesebene ist die Auflistung nicht abschließend. Das SVIKG erlaubt auch weitere Investitionen, solange sie dem Infrastruktur- und Klimaziel des Sondervermögens dienen.
Auf Landesebene war der Katalog ursprünglich abschließend konzipiert. Zurzeit wird eine Erweiterung auf Bereiche wie Sport, Kultur, innere Sicherheit, Wasserwirtschaft und Wohnungsbau diskutiert. Ob diese Erweiterung verfassungsrechtlich haltbar ist, bleibt offen.
Begleit- und Folgemaßnahmen sind förderfähig, sofern sie unmittelbar der Umsetzung investiver Projekte dienen. Das LuKIFG sieht außerdem eine Trägerneutralität vor. Auch private Einrichtungen können folglich Mittel erhalten, wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllen. Ausgeschlossen sind lediglich Einrichtungen, die vollständig durch Beiträge, Gebühren oder private Entgelte finanziert sind – nicht jedoch solche mit anteiliger Finanzierung.
Investitionen in Bahn, Bildung und Wohnungsbau
Von den 300 Milliarden Euro, die dem Bund für Investitionen zur Verfügung stehen, wird ein Großteil in die Verkehrsinfrastruktur fließen – darunter in die Vorhaben der Deutschen Bahn, der Autobahn GmbH und der Wasserstraßenverwaltung. Der Haushaltsentwurf enthält bereits Eckpunkte für die Aufteilung des Sondervermögens für Investitionen des Bundes:
- Allein für die Bahn-Infrastruktur werden im Jahr 2025 rund 22 Milliarden Euro investiert, davon über 9 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen. Die Mittel fließen schwerpunktmäßig in die Modernisierung des Bestandsnetzes und die Digitalisierung der Schiene. Bis 2029 stehen insgesamt über 100 Milliarden Euro für die Bahn bereit.
- Im Bereich Bildung und Betreuung stehen im Sondervermögen des Bundes 6,5 Milliarden Euro bereit.
- Für die Förderung von Wohnungsbauprogrammen sind im Jahr 2025 rund 327 Millionen Euro eingeplant, insgesamt 11,25 Milliarden Euro bis 2029. Für den sozialen Wohnungsbau stehen bis 2029 jährlich steigende Mittel zur Verfügung – von 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2025 bis hin zu 5,5 Milliarden Euro jährlich ab 2028.
- Auch die Städtebauförderung wird deutlich gestärkt: Sie startet 2025 mit 790 Millionen Euro und soll schrittweise auf bis zu 1,58 Milliarden Euro im Jahr 2029 anwachsen. Das schafft Planungssicherheit für lebendige Quartiere.
Vergabe: Wie wird das Geld künftig ausgegeben?
Mit dem geplanten Zukunfts-Infrastrukturgesetz (ZIG) sollen für Investitionen des Bundes Vereinfachungen im Planungs- und Vergaberecht geschaffen werden. Das ZIG soll sich dabei am Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes von verflüssigtem Erdgas (LNG-Gesetz) orientieren, welches infolge des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine geschaffen wurde, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu mindern. Danach ist zu erwarten, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren durch Vereinfachungen und Ausnahmen beschleunigt werden und die Wahl von Generalunternehmervergaben zugelassen wird.
Welche Aufgaben jetzt auf die Verwaltungen zukommen
Für die Bauwirtschaft ist entscheidend, wie die Verwaltung die bestehenden oder geschaffenen Gestaltungsspielräume nutzt. Dort, wo Beschaffungsmodelle überdacht, Verwaltungsstrukturen angepasst, Prozesse standardisiert und Kapazitäten gestärkt werden, können die Mittel aus dem Sondervermögen schnell und wirksam eingesetzt werden. Das Geld allein wird jedoch nicht reichen, um den Investitionsstau aufzulösen. Ergänzend sind vor allem folgende Aspekte von Bedeutung:
- Die Verwaltung muss die Möglichkeit zur Generalunternehmervergabe stärker nutzen. Dies erlaubt eine Entlastung der Verwaltung, eine Einbindung von Bau-Know-how und die Erzielung von Skaleneffekten. Es ist zu erwarten, dass das ZIG für Bundesinvestitionen Erleichterungen schafft. Es bleibt zu wünschen, dass auch die Länder- und Kommunalverwaltungen die schon heute bestehenden Möglichkeiten für Generalunternehmervergaben nutzen oder entsprechende Ausnahmen schaffen.
- Die Verwaltung sollte für eine effiziente Nutzung der Mittel des Sondervermögens auch die frühzeitige Einbindung von Bauunternehmen in die Planung nutzen. Dies kann über funktionale Leistungsbeschreibungen, Zwei-Phasen-Modelle oder Allianzverträge gelingen. Dies erlaubt, Innovationen der Bauwirtschaft zu nutzen, Schnittstellen zu verringern, Nachträge zu vermeiden und Projekte schneller zur Umsetzung zu bringen.
- Für eine schnelle Realisierung der Projekte sind partnerschaftliche Beschaffungsmodelle zu nutzen. Durch Vermeidung von Informationsasymmetrien, Angleichung der Ziele und außergerichtliche Konfliktlösung kann Planungs- und Kalkulationssicherheit geschaffen und Anreize für eine zügige Fertigstellung gesetzt werden.
- Um für das gesteigerte Aufgabenprogramm handlungsfähig zu sein, sollte die Verwaltung angemessene interne Strukturen schaffen. Mit einem Aufbau des Personals ist vielfach nicht zu rechnen, sodass Projektorganisationsstrukturen – etwa in Form von Taskforces oder zentralen Vergabestellen – dazu beitragen können, Verantwortlichkeiten zu bündeln und Prozesse zu beschleunigen.
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Die beschriebenen Vereinfachungen sind lange bekannt und die Modelle vielfach beschrieben, sei es im Leitfaden Großprojekte des Verkehrsministeriums, dem Papier zum Zwei-Phasen-Modell des HDB oder der Handreichung zur Generalunternehmervergabe des KOWID. Und doch sind sie für viele in der Bauwirtschaft Neuland.

Fazit: Große Chance für die Bauwirtschaft
Für die Bauwirtschaft bedeutet das Sondervermögen eine große Chance. In den nächsten zehn Jahren ist mit einem signifikanten Anstieg des Auftragsvolumens zu rechnen. Unternehmen sollten sich darauf einstellen, ihre Kapazitäten auf die neuen Investitionsfelder auszurichten. Die Bauwirtschaft trägt aber auch Verantwortung dafür, dass die Ziele des Sondervermögens erreicht werden. Sie sollte ihre Ideen für die Bewältigung der Investitionsaufgabe einbringen und muss sich als verlässlicher, kooperativer Partner behaupten.
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