Bauwirtschaft fordert mehr Tempo
Nach gut drei Monaten im Amt zieht die Baubranche eine gemischte Bilanz zur Arbeit der neuen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD. Zwar erkennen die Verbände positive Signale und erste Reformschritte, doch die Erwartungen an den selbsternannten „Bauturbo“ sind hoch – und aus Sicht vieler Akteure noch lange nicht erfüllt.


Kalksandsteinindustrie: Wohnungsbau steht vor Kollaps
Deutlich kritischer fällt das Zwischenfazit der Kalksandsteinindustrie aus. Jan Dietrich Radmacher, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Kalksandsteinindustrie, bescheinigt der Koalition zwar programmatische Impulse, sieht aber in der Umsetzung erhebliche Defizite. Vor allem der Blick auf den Bundeshaushalt 2025 enttäusche: Während das Baukindergeld-Programm für bereits fertiggestellte Wohnungen mehr Mittel erhalte als alle aktuellen Neubauprogramme zusammen, sei von der versprochenen temporären EH55-Förderung nichts zu sehen.
Die Lage im Wohnungsbau bezeichnet Radmacher als „alarmierend“. Seit Ende 2022 seien die Baustarts um rund 85 Prozent eingebrochen, die Produktion von Kalksandstein zwischen 2022 und 2024 um etwa 50 Prozent gesunken. Ohne deutliche Korrekturen im Haushalt 2026 drohe der Branche ein massiver Einbruch. Auch die einseitige Bevorzugung bestimmter Bauweisen wie serielles Bauen hält der Verband für den falschen Weg – realistische Kostensenkungen von 30 bis 50 Prozent seien damit nicht zu erzielen.
IVD kritisiert Investorenfeindlichkeit
Auch der Immobilienverband Deutschland (IVD) sieht die bisherigen Schritte skeptisch. Eigentümer und Immobilienwirtschaft konnten bislang kaum profitieren, bemängelt IVD-Präsident Dirk Wohltorf. Die Verlängerung der Mietpreisbremse sei ein falsches Signal an Investoren und habe das Vertrauen in den Markt geschwächt. „Private Investitionen sind unverzichtbar für mehr Wohnraum – der Markt braucht Planungssicherheit und ein klares Willkommen an Investoren“, so Wohltorf. Vom sogenannten Bau-Turbo erhofft sich der IVD dennoch Wirkung – vorausgesetzt, die Kommunen nutzen den neuen planerischen Spielraum aktiv. Bleibe diese Umsetzung aus, drohe das Gesetz ein „Papiertiger“ zu bleiben.
BVMB fordert weniger Bürokratie und mehr Fördermittel
Die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB) zieht ebenfalls eine gemischte Bilanz. Hauptgeschäftsführer Michael Gilka erkennt den politischen Willen an, mahnt aber ebenfalls, dass der Wohnungsbauturbo bislang „Ladehemmungen“ habe. Allein vereinfachte Genehmigungsverfahren reichten nicht aus – entscheidend seien wirkungsvolle Förderprogramme und ein breit angelegtes KfW-Kreditangebot.
Sorgen bereiten der BVMB zudem der Fachkräftemangel und die schleppende Umsetzung der angekündigten Deregulierungen. Statt Entlastungen erlebten viele Unternehmen aktuell eher eine Zunahme an Berichtspflichten und Bürokratie. Positiv bewertet Gilka die geplante Reform der Arbeitszeitregelungen hin zu einer wöchentlichen statt täglichen Höchstarbeitszeit, sieht aber noch erheblichen Handlungsbedarf in anderen Bereichen.
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Vertrauensvorschuss der Regierung steht auf dem Spiel
Die neue Bundesregierung hat einen erheblichen Vertrauensvorschuss erhalten, darin besteht in der Baubranche Einigkeit. Doch dieser Vorschuss ist endlich. Ohne konkrete und kurzfristig wirksame Maßnahmen bei Förderpolitik, Investitionsanreizen, Bürokratieabbau und Fachkräftesicherung droht sich die Wohnungsbaukrise weiter zu verschärfen. Die kommenden Monate seien aus Sicht der Bauverbände entscheidend: Jetzt muss die Regierung Tempo machen und die richtigen Prioritäten setzen, sonst droht die gewünschte Wirkung des „Bauturbo“ zu verpuffen.
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