BGH-Urteil: Angebote: Keine Erstattung von Erstellungskosten
Im Oktober 2020 hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob der Auftraggeber externe Kosten zu tragen hat, die der Auftragnehmer für die Ermittlung und Zusammenstellung seines Vergütungsanspruchs aufbringen muss. | Foto: bb

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Um einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Auftraggeber auch gegebenenfalls gerichtlich erfolgreich durchsetzen zu können, muss der Auftragnehmer die tatsächlichen Voraussetzungen und die rechtlichen Voraussetzungen zusammenstellen und diese richtig verknüpfen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte zu entscheiden, ob der Auftraggeber externe Kosten zu tragen hat, die der Auftragnehmer für diese Ermittlung und Zusammenstellung aufbringen muss (BGH v. 22.10.2020, VII ZR 10/17).Oft ist dieses Zusammenstellen und Verknüpfen sehr aufwendig und vor allem schwierig. Bei Nachträgen wegen Veränderungen der Bauzeit muss man die rechtlichen Anforderungen genau beachten, um zu wissen, welche rechtlichen Auswirkungen bestimmte Störungen haben. Diese Störungen unterscheiden sich massiv hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen, aber auch was den Umfang der vom Auftraggeber zu zahlenden Gelder angeht (die sich schon begrifflich unterscheiden, „Entschädigung“ ist dabei etwas anderes als „Schadensersatz“ und sowieso keine „Vergütung“).

Erstattung für Erstellung von Nachträgen?

Die gleichen Probleme können sich bei Sachnachträgen stellen, also Nachträgen wegen geänderter oder zusätzlicher Leistungen. Bei diesen Sachnachträgen ist insbesondere die neue Rechtsprechung des BGH zu beachten, dass – wenn sich die Vertragspartner nicht anders einigen – auch bei der VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge bei der Vergütung zu ermitteln sind. In all diesen Fällen wird sich ein Auftragnehmer oft Unterstützung durch externen Sachverstand suchen. Gerade bei Bauzeitennachträgen dürfte es fast immer so sein, dass Baubebetriebler, aber auch Juristen hinzugezogen werden. Das alles kostet Geld. Auch wenn nicht automatisch jeder Nachtrag 1:1 vom Auftraggeber bezahlt wird, stellt sich bei allen Erfolgen des Auftragnehmers die Frage: Übernimmt der Auftraggeber auch die Kosten des Auftragnehmers für die Erstellung dieser Nachträge?

Der Fall, den der BGH entscheiden musste

Der BGH hatte jetzt einen Fall zu entscheiden, in dem um genau diese Kosten ging. Der Ausgangsfall ist schnell erzählt: Der Auftragnehmer sollte eine Straßenüberführung bauen, und zwar sollte die Überführung über Bahngleise gehen. Die Erlaubnis, auf dem Bahngelände zu bauen, verzögerte sich, und der Auftragnehmer konnte deutlich später mit seinen Arbeiten beginnen. Weil aber u.a. die Baustelleneinrichtung schon vor Ort war, ordnete der Auftraggeber einen Baustopp an. Infolge dieses vom Auftraggeber angeordneten Baustopps entstanden dem Auftragnehmer spürbare Mehrkosten. Diese hat er durch ein Privatgutachten ermitteln lassen. Es kam zum Rechtsstreit, der Auftragnehmer erhielt weitgehend Recht – nicht aber hinsichtlich der Kosten für das Privatgutachten, immerhin ganz knapp über 80.000 Euro brutto. Diese Summe machte der Auftragnehmer bis zum BGH geltend. Im Ausgangspunkt stützt sich der Auftragnehmer auf § 2 Abs. 5 VOB/B. Der Auftraggeber hatte mit der Anordnung des Baustopps ändernd eingegriffen. Es ging nun „nur“ noch um die Frage, ob die Kosten des Privatgutachtens auch zu den „Mehr- oder Minderkosten“ nach § 2 Abs. 5 VOB/B gehören oder nicht.

Erstellungskosten sind nicht Gegenstand der Vergütung

Jedenfalls für § 2 Abs. 5 VOB/B äußert sich der BGH eindeutig. Er stellt für § 2 Abs. 5 VOB/B im Ergebnis fest, dass die Kosten eines Privatgutachtens, die der Auftragnehmer zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufwendet, vom Auftraggeber nicht nach dieser Bestimmung als Teil der Mehrkosten im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B zu erstatten sind. Der BGH begründet dies damit, dass die Kosten, die zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufgewendet werden, nicht selbst Gegenstand dieser Vergütung sein können. Soweit es um die Kosten, geht, die allein wegen des verzögerten Zuschlags (und damit ohne den später angeordneten Baustopp entstanden sind), ist § 2 Abs. 5 VOB/B nicht direkt anwendbar, weil der Auftraggeber insoweit nichts angeordnet hat. Seit einigen Jahren werden solche Mehrkosten aber nach der Methode des § 2 Abs. 5 VOB/B ermittelt. Der Auftraggeber ist für die rechtzeitige Erteilung des Zuschlags verantwortlich. Erteilt er den Zuschlag verspätet, muss er die Folgen hieraus tragen, berechnet auf Grundlage des § 2 Abs. 5 VOB/B. Klingt etwas haarspalterisch, macht aber einen erheblichen Unterschied. Wäre der verspätete Zuschlag z.B. eine Behinderung nach § 6 Abs. 1 VOB/B, müsste der Auftraggeber die Mehrkosten nur bei Verschulden tragen, § 6 Abs. 6 VOB/B. Daher fährt der Auftragnehmer mit der Rechtsprechung eigentlich ganz gut.

Neuer Preis nur für Mehrkosten der Leistung

Bezogen auf die Gutachterkosten ändert dies jedenfalls nichts. Ausdrücklich sagt der BGH, dass sein Ergebnis für § 2 Abs. 5 VOB/B in direkter Anwendung auch gilt für die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens, das der Auftragnehmer zur Ermittlung der Mehrvergütung in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B aufgrund einer verzögerten Vergabe eingeholt hat. Der BGH begründet dies vor allem mit dem Wortlaut und den Grundgedanken des § 2 Abs. 5 VOB/B. § 2 Abs. 5 VOB/B regelt nach dem Verständnis des BGH die Verpflichtung der Vertragsparteien zur Vereinbarung eines neuen Preises unter Berücksichtigung von Mehr- und Minderkosten, und zwar dann, wenn durch eine Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden. Dies versteht der BGH so, dass die Vertragspartner bei der Vereinbarung des neuen Preises die Mehr- und Minderkosten berücksichtigen sollen, die im Zusammenhang mit der Ausführung der betroffenen vertraglich vereinbarten Leistung anfallen. Hierzu gehören aber eben gerade nicht die Kosten, die erforderlich sind, um im Falle einer fehlenden Vereinbarung der Parteien die geschuldete Vergütung überhaupt erst zu ermitteln oder darzulegen.

Mehrkosten außerhalb der Vergütung

Der BGH sagt auch, dass es sich nicht allein deswegen um „Mehrkosten" im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B handelt, weil sie vom Auftragnehmer zunächst nicht einkalkuliert worden sind und auch nicht werden konnten. Es geht also im Ergebnis um Mehrkosten, die außerhalb oder neben dieser Vergütung entstehen. Der BGH geht auch darauf ein, ob es sich nicht um Planungsleistungen nach § 2 Abs. 9 Nr. 1 VOB/B handelt, lehnt dies aber im Ergebnis ab. So ein Anspruch würde voraussetzen, dass der Auftraggeber solche Planungsleistungen verlangt, also irgendwie anordnet oder wünscht. Ein solches Verlangen des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer, ein Gutachten über die Höhe der nach § 2 Abs. 5 VOB/B zu beanspruchenden Vergütung vorzulegen, liegt aber nach dem BGH nicht schon in der Änderung des Bauentwurfs, einer anderen Anordnung des Auftraggebers oder der verspäteten Zuschlagserteilung, die sich auf die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung auswirkt.

Gutachterkosten in weiterem Verfahren klären

Ein Lichtblick bleibt dem Auftragnehmer jedenfalls bei Auseinandersetzungen mit dem Auftraggeber, die bereits bei Gericht gelandet sind. Es gibt bei Gerichtsverfahren neben den Anwaltskosten oft noch andere Kosten, die für die Führung eines Gerichtsverfahrens notwendig sind. Und dazu gehören eben auch Gutachterkosten, mit denen eine Partei überhaupt erst in die Situation versetzt wird, ein Verfahren zu führen. Für das hier betroffene Privatgutachten hat der BGH genau diese Möglichkeit angesprochen. Diese Kosten sind entweder nach einer eigenen Anspruchsgrundlage im Prozess zu erstatten, oder aber nach Vorschriften über das Gerichtsverfahren, also außerhalb des eigentlichen Streites und zwar in einem eigenständigen, auf den Prozess folgenden Kostenfestsetzungsverfahren. Die letztendliche Entscheidung hat der Bundesgerichtshof dem zuständigen Oberlandesgericht übertragen, erst einmal ging der konkrete Fall also ohne definitives Ergebnis aus. In der Sache hat der BGH jedoch vieles Wichtige geklärt.

Unproblematisch: Interne Berechnung

Wie sieht es aus, wenn der Auftragnehmer interne Mitarbeiter einsetzt, also ohne die Kosten eines externen Beraters seine Ansprüche berechnen will? Auch in diesem Fall würde die restriktive Rechtsprechung des BGH greifen. Aus meiner Sicht ist aber der Fall, dass der Auftragnehmer nur interne Mitarbeiter einsetzt, in vielen Fällen wirtschaftlich unproblematisch. Soweit der Auftragnehmer Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten erhält, sind darin – und das ist ja schon bei der Abgabe des ursprünglichen Angebotes so – die Kosten für die interne Bearbeitung des Angebotes enthalten. Vielleicht sind diese Zuschläge in diesem Fall sogar etwas großzügiger, denn beim ursprünglichen Angebot ging der Auftragnehmer ja das Risiko ein, dass er den Auftrag nicht erhält. Bei Nachträgen ist dies Risiko deutlich geringer, weswegen insoweit die für die Kalkulation eingesetzten Kosten besser und sicherer angelegt sein dürften.

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Fazit: Andere Grundlage heranziehen

Der Auftragnehmer muss oft zusätzliche, externe oder interne Kosten aufwenden, um einen Anspruch dem Grunde und der Höhe nach zu ermitteln. Diese Kosten bekommt er, das ist eindeutig, nicht nach § 2 Abs. 5 VOB/B als Teil der durch eine Anordnung verursachten Mehrkosten erstattet. Es gibt jedoch weitere Anspruchsgrundlagen, die der Auftragnehmer heranziehen kann – bis hin zum Kostenfestsetzungsverfahren nach einem Gerichtsverfahren.

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