Rettung aus der Gewährleistung

Mit einem nicht ordnungsgemäß angezeigten Mangel muss ein Auftragnehmer sich viel länger abmühen, als mit einer unzulänglichen Bedenkenanmeldung. Entscheidend bei einer Bedenkenanmeldung ist, dass der Auftraggeber versteht, was gemeint ist. Wer als Auftragnehmer nicht in der Gewährleistung bleiben will, muss deshalb einiges beachten.


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„Die Sprache des Technikers ist die Zeichnung.“ Bei dem Umfang von Vertragsunterlagen wie Leistungsbeschreibungen etc. ist diese Feststellung im Baubereich sowieso nur bedingt richtig – bei Bedenkenanmeldungen kann die oft anzutreffende Schreib-Unlust zum Verhängnis werden.

Die Bedenkenanmeldung dient aus Sicht des Auftragnehmers dazu, ihn vor der Gewährleistung zu retten, und zwar in Situationen, bei denen der Fehler nicht von ihm, sondern von Seiten des Auftraggebers kommt. Fehler bei der Bedenkenmeldung führen also dazu, dass der Auftragnehmer voll in der Gewährleistung ist – auch wenn er selbst den Mangel gar nicht verursacht hat. Deswegen sind Fehler bei der Bedenkenanmeldung besonders ärgerlich: Nur weil ein Brief nicht richtig geschrieben oder irgendwie falsch verschickt wurde, haftet der Auftragnehmer. Macht er mit dem Brief alles richtig, haftet er nicht. Ist das fair?

Aus Sicht des Auftraggebers auf jeden Fall. Es geht für den Auftraggeber darum, dass sein Vertrags-„Partner“ ihn auf einen möglichen Mangel hinweist. Und dieser Vertragspartner, der Auftragnehmer, ist in ganz vielen Fällen der Kompetentere von den beiden, jedenfalls hat er buchstäblich eine besondere Nähe zum Auftragsgegenstand: Er ist derjenige, der den zu feuchten Estrich sieht, in den falsch verdichteten Boden einbricht, die schiefe Wand sieht etc.

Kompetenz teilen

Deswegen erwarten VOB/B und BGB vom Auftragnehmer, dieses Wissen und seine Kompetenz mit dem Auftraggeber zu teilen. Die Bedenkenanmeldung ist nur eines von vielen partnerschaftlich ausgerichteten Ankündigungs- und Mitteilungsschreiben in VOB/B und BGB. So muss nach der VOB/B ein Auftraggeber eine drohende Kündigung ausdrücklich vorher androhen – eines von vielen Beispielen.

Es geht also darum, dass ein Vertragspartner dem anderen Vertragspartner Wissen über einen Umstand vermittelt, den der schreibende Vertragspartner (meist besser) einschätzen kann und der ungehindert zu einem Schaden des anderen Vertragspartners, nämlich einem Mangel, führen würde.

Der Auftraggeber soll mit der Bedenkenanmeldung auf die Baustelle/in seine Planung gehen, den Sachverhalt prüfen und eine Entscheidung treffen können. Daher ist die Bedenkenanmeldung eben nicht ein ärgerlicher formaler Akt, dessen man sich möglichst schnell erledigt, sondern eine wichtige partnerschaftliche Mitteilung. Deswegen muss man sich der Bedenkenanmeldung technisch kompetent widmen und dem Auftraggeber das für ihn notwendige Wissen vermitteln.

Bedenkenanmeldung in VOB/B und VOB/C

Geregelt ist die Bedenkenanmeldung in der VOB/B in § 13 Abs. 3 und § 4 Abs. 3 VOB/B. In der ersten Vorschrift ist genauer beschrieben, wann der Auftragnehmer Bedenken anmelden soll. Und zwar geht es um Mängel, die im weitesten Sinne aus dem Bereich des Auftraggebers kommen, weil sie auf der Leistungsbeschreibung, Anordnungen des Auftraggebers, auf vom Auftraggeber gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffen oder Bauteilen oder auf Vorleistungen anderer Unternehmen beruhen. Ein sehr umfassender Katalog, der aber auch zeigt, welche Kompetenz die VOB/B beim Auftragnehmer voraussetzt.

Ausdrücklich heißt es in § 13 Abs. 3 VOB/B, dass der Auftragnehmer haftet, wenn er die Bedenken nicht ordnungsgemäß anmeldet. Die Aufzählung des § 13 Abs. 3 VOB/B wird in der VOB/C in den einzelnen ATV aufgegriffen und leistungsspezifisch mit Beispielen hinterlegt. Schon aus diesem Grund sollte man sich auch mit der VOB/C immer mal wieder befassen, auch in diesen Abschnitten sammeln viele Fachleute ihre Erfahrungen und formulieren sie für Praxis.

Gewerkeübliche und zumutbare Prüfpflichten

Um diese Hinweispflicht dem Auftraggeber gegenüber erfüllen zu können, muss der Auftragnehmer natürlich prüfen und überlegen, ob ein Grund für eine Bedenkenanzeige besteht. Die Aufforderung, Bedenken anzumelden, ist immer auch die Aufforderung, nachzudenken und die Leistung und ihre Rahmenbedingungen etc. zu prüfen.

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Die Untersuchungspflichten des Auftragnehmers sind dabei aber nicht unbegrenzt. Ganz im Wesentlichen geht es darum, was gewerkeüblich ist. So hat die Rechtsprechung immer wieder entschieden, dass ein Parkettleger die Restfeuchte des Estrichs durch Handauflegen prüfen muss. Er ist nicht zu intensiven Untersuchungen oder gar einer Kernbohrung verpflichtet. Allgemein gilt auch eine Zumutbarkeitsgrenze, die jeweils im Einzelfall zu beachten ist. Auch die Kenntnisse eines Fachplaners wird vom Auftragnehmer nicht verlangt, so muss ein Rohbauer nicht die gesamte Statik nachrechnen. Er sollte allerdings aufmerksam werden, wenn ungewöhnlich wenig oder gar kein Bewehrungsstahl vorgesehen ist. Insgesamt steigen die Erwartungen an den Auftragnehmer, wenn es sich um eine Fachfirma handelt.

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Auch die Eignung von vorgegebenen Materialien wird ein Auftragnehmer regelmäßig anhand von Produktblättern und anderen Informationen des Herstellers abschätzen können.

-> Diese Prüfpflichten muss der Auftragnehmer in einen Zeitplan einbauen. Kommt eine Bedenkenanmeldung zu spät, führt dies nicht zu einer Verlängerung der Bauzeit.

Prüfpflichten während der Angebotsphase

Vergleichbare Prüfpflichten treffen Bieter in Vergabeverfahren übrigens bereits während der Angebotsphase: Sie dürfen erkennbare Fehler der Unterlagen nicht ungerügt lassen, in solchen Fällen können sie im Nachhinein keine Zusatzansprüche geltend machen. Daher sollten Unternehmen bereits in der Angebotshase als Beweis ihrer Kooperationsbereitschaft und ihrer Kompetenz dadurch für sich werben, dass sie den Auftraggeber auf Fehler und Unstimmigkeiten seiner Planung früh hinweisen. Das muss nicht unbedingt besserwisserisch erfolgen, sondern kann auch einfach als Rückfrage gemacht werden. So etwas ist auch immer ein guter Test, um festzustellen, wie der Auftraggeber so „tickt“.

Die Bedenkenanmeldung muss nach der VOB/B „unverzüglich“ erfolgen. Unverzüglich heißt ganz allgemein ohne schuldhaftes Zögern: Also so bald wie möglich. Dabei kommt es immer auf den Einzelfall an, z.B. auf die Schwere des Mangels und die Bedeutung der Leistung. Regelmäßig geht es um eine Frist von wenigen Tagen.

-> Eine verspätete Anmeldung kann dazu führen, dass der Auftragnehmer die durch eine Bauverzögerung auftretenden Kosten selbst tragen muss.

Ziel: Drohenden Mängeln vorbeugen

Die meisten Fehler werden beim Inhalt der Bedenkenanmeldung gemacht. Zeitdruck und die schon angesprochene Schreibunlust verführen schnell dazu, ein Formular zu nehmen, etwas anzukreuzen und die Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen. Der gegenteilige Effekt tritt dann nur zu oft ein: Der nicht ordnungsgemäß angezeigte Mangel beschäftigt Sie viel länger als jede Bedenkenanmeldung.

Der Auftraggeber soll durch die Bedenkenanmeldung die Möglichkeit bekommen, einem drohenden Mangel vorzubeugen. Hieran muss sich der Inhalt der Anmeldung richten. Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber klar und verständlich mitteilen,

  • auf welchen Tatsachen die Bedenken beruhen;
  • welche Konsequenzen es hat, wenn er die Bedenkenanmeldung zurückweist.

Je gefahrträchtiger die Bauleistung selbst und die Wahrscheinlichkeit eines Mangels deshalb umso höher, desto höher ist die Sorgfaltsverpflichtung des Auftragnehmers und die damit einhergehende Prüfungspflicht. Und umso genauer muss der Auftragnehmer auch die Bedenken formulieren. Gerade der Hinweis auf die drohenden Konsequenzen, den Mangel selbst und die daraus resultierenden Probleme werden meist viel zu kurz behandelt.

Ungenügende Formulierungen mit Folgen

Das zeigen die Beispiele aus der Rechtsprechung, bei denen der Auftragnehmer am Ende doch haften musste, weil er den Auftraggeber nicht ausreichend informiert hatte. Nicht ausreichend ist z.B.

  • „die geplante Isolierung ist nicht in Ordnung“,
  • Übergabe eines Produktblattes, aus dem sich die Ungeeignetheit eines Fußbodenbelages ergibt,
  • Hinweis auf enorme Faltenbildung und darauf, dass die Fensterabdichtung nicht umlaufend ausgebildet sei (Auftraggeber war technischer Laie),
  • eine regelgerechte Abdichtung sei bei der vorgefundenen Situation nicht möglich und die Bauarbeiten werden daher „nur so gut wie möglich" ausgeführt. Dem Auftraggeber konnte in diesen Fällen eben nicht klar sein, dass und warum er etwas an der Ausführung ändern sollte.

Bedenken beim Auftraggeber schriftlich anmelden

Die Bedenkenanmeldung muss an den Auftraggeber erfolgen. Benennt der Auftraggeber wie so oft auf der Baustelle Vertreter, sind diese regelmäßig auch befugt, die Bedenkenanmeldung entgegenzunehmen und zu beantworten. Allerdings gilt: Wird nicht der Auftraggeber, sondern sein befugter Vertreter belehrt und verschließt sich dieser den vorgebrachten Bedenken, so muss sich der Auftragnehmer unmittelbar an den Auftraggeber selbst wenden.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn sich die Bedenkenanmeldung gegen Vorgaben des Vertreters selber wendet (z.B. des planenden und danach bauüberwachenden Architekten), dann ist auf jeden Fall der Auftraggeber selber anzuschreiben.

Die Bedenkenanmeldung muss nach der VOB/B schriftlich erfolgen. Das soll eine gewisse Warnfunktion haben: Vorsicht, lieber Auftraggeber, das ist wichtig! Außerdem kann der Auftraggeber nur so die Bedenken nachlesen und genau prüfen. Nur in Ausnahmefällen wurde auch eine mündliche Bedenkenanmeldung für ausreichend gehalten. Die Anzeige per E-Mail wird für ausreichend gehalten. Wollen Sie sicher gehen, schreiben Sie einen altmodischen Brief, nur der hält auf jeden Fall die verlangte Form ein.

Reaktionen des Auftraggebers

Wie kann der Auftraggeber nun auf Bedenken reagieren? Weist der Auftraggeber die Bedenkenanmeldung zurück, ist der Auftragnehmer insoweit frei von der Gewährleistung. Stimmt der Auftraggeber der Bedenkenanmeldung zu und weist er den Auftragnehmer an, anders zu arbeiten, löst dies eine erneute Untersuchungspflicht und ggf. eine weitere Bedenkenanmeldung aus.

Oft bitten Auftraggeber den Auftragnehmer nach einer Bedenkenanmeldung um einen Lösungsvorschlag, oder die Unternehmen machen von sich aus einen Alternativvorschlag. Dabei ist zu beachten, dass immer der Vertragspartner, der eine Leistung plant, das Risiko übernimmt, dass seine Leistung ausführbar und die Planung vollständig ist.

-> Dies kann auch zu Lasten des selbst planenden Auftragnehmers dazu führen, dass er für nicht berücksichtigte, aber erforderliche Leistungen selber haftet und insoweit keine Vergütung erhält.

-> Er trägt auch das Kostenrisiko, wenn die auf Bitten des Auftraggebers mit dem Alternativvorschlag zwangsläufig verbundene Planung zu neuen Risiken für die Ausführbarkeit führt.

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Dies ist gegen das kundenorientierte Vorschlagen von Alternativen abzuwägen. Das BGB enthält übrigens keine ausdrücklichen Regelungen zur Bedenkenanmeldung, die Rechtsprechung wendet aber die gleichen Grundsätze wie bei der VOB/B an.

Fazit: „Ist das jetzt schlimm?“

Wenn Sie eine Bedenkenanmeldung verschicken, muss diese den Auftraggeber auf die drohenden Probleme hinweisen. Wenn auf eine Bedenkenanmeldung die Frage kommt „Und ist das jetzt schlimm?“ wissen Sie, dass Sie den Auftraggeber nicht ordnungsgemäß informiert haben. Das bedeutet aber auch, dass Sie weiterhin in der Gewährleistung bleiben.

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