Dieses Fahrzeug-Konzept funktioniert bis heute

Er ist ein Multitalent im Baugewerbe, er hat viele Preise abgeräumt und gilt sogar als Pionier der E-Mobilität: Seit einem Vierteljahrhundert fährt der Mercedes Atego im Windschatten der schweren Klasse Arocs/Actros von Daimler Truck. Dabei hat der „kleine Stern“ allen Grund, sich feiern zu lassen - besonders nach dem jüngsten Update.

Mercedes-Benz Atego seit 25 Jahren erfolgreich: Dieses Konzept funktioniert einfach
Mercedes-Benz Atego 1224 als Dreiseitenkipper für das Baugewerbe von 2022 | Foto: Daimler Truck AG
2023 konnte der Stern unter den Leicht-Lkw sein 25-jähriges Dienstjubiläum feiern. 1998 präsentierte Daimler erstmals den Mercedes Atego auf dem internationalen Nutzfahrzeugsalon RAI in Amsterdam, der im Anschluss nach 14 Jahren die LK-Baureihe (LK für Leichte Klasse) ablöste. Ziel der Neuentwicklung: Das neue Verteilerfahrzeug sollte mehr Konfigurationsmöglichkeiten für die verschiedenen Einsätze im leichten und mittelschweren Lkw-Segment abbilden. Das breite Spektrum reichte vom Speditionsprofi mit Planen oder Kofferaufbau über Pritschen- und Kippfahrzeuge und Modelle mit Spezialausrüstung für Kommunen bis hin zur Plattform für Sonderfahrzeuge.
Der 13-Tonner Mercedes Atego 1317 K als Dreiseitenkipper bildet genau die Mitte im Segment der Leicht-Lkw für 7,5 bis 16,0 t zulässiges Gesamtgewicht ab. | Foto: Daimler Truck AG
Der 13-Tonner Mercedes Atego 1317 K als Dreiseitenkipper bildet genau die Mitte im Segment der Leicht-Lkw für 7,5 bis 16,0 t zulässiges Gesamtgewicht ab. | Foto: Daimler Truck AG

Anfangs deckte der Atego das Segment von 6,5 bis 15,0 t Gesamtgewicht ab. Die Fahrzeugfamilie umfasste 25 Grundtypen, sechs Leistungsklassen und vier Fahrerhausvarianten, um den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden. Zur Wahl standen die Vierzylinder-Dieselmotoren der Baureihe OM 904 LA mit 4,25 l Hubraum und Sechszylinder-Triebwerke der Baureihe OM 906 LA mit 6,37 l Hubraum. Damit ließ sich eine Leistungsspanne von 90 bis 205 kW (122 bis 279 PS) abdecken und Drehmomente von 470 bis 1.300 Nm erzielen.

In jener Zeit waren auch die Anforderungen an den Komfort am Arbeitsplatz deutlich gestiegen. Das innovative Rahmenkonzept des Leichtmatrosen schaffte vorbildliche Ein- und Durchstiegsverhältnisse, um Berufskraftfahrern die Arbeit im Verteilerverkehr zu erleichtern. Die vier Fahrerhausvarianten trugen den unterschiedlichen Anforderungen Rechnung. Sie umfassten neben kompakten Ausführungen für den Verteilerverkehr und Baustelleneinsätze auch eine Version für den leichten Fernverkehr.

Schwerer Atego mit mehr Leistung

Nur ein halbes Jahr nach der Erstvorstellung legte Daimler noch einmal nach und präsentierte den schweren Atego mit stärkerem Reihensechser und höherliegendem Rahmen. Der OM 926 LA schöpfte aus 7,2 l Hubraum bis zu 326 PS. Das zulässige Gesamtgewicht betrug 18 bis 26 t. Mit 17 Grundtypen und zwei Motoren schloss das Modell die Lücke zur schweren Actros-Baureihe. Das Telligent-Wartungssystem machte Servicearbeiten nur dann nötig, wenn tatsächliche Fahrzeugbelastung das erforderten. Damit ließen sich die Betriebskosten effektiv senken.

Mercedes-Benz Atego 1823 als Absetzkipper aus dem Jahr 1998. | Foto: Daimler Truck AG
Mercedes-Benz Atego 1823 als Absetzkipper aus dem Jahr 1998. | Foto: Daimler Truck AG

Schnell überzeugte der Mercedes Atego die Transportwelt, so dass er mit dem Titel „International Truck of the Year 1999“ ausgezeichnet wurde. Um langfristig Akzente im Segment zu setzen, verpassten ihm die Schwaben 2004 das erste Facelift. Damit zog ein neues Getriebe in den Atego ein. Das G856 mit Telligent-Schaltautomatik einschließlich der Sicherheitssysteme ABS und ASR sowie dem Bremsassistent BAS hoben den Fahrkomfort auf eine Ebene, wie sie zuvor nur die schweren Lkw von Mercedes-Benz erreichten. Zugleich verbesserte sich die Verkehrssicherheit.

Auch das Motorenprogramm haben die Stuttgarter erweitert und mit Hilfe der BlueTec-SCR-Abgastechnik auf die Abgasnormen Euro IV/V und EEV getrimmt. Mit Hilfe dosierter Einspritzung von Adblue gelang es, das Abgas um rund 60% von Stickstoffen zu befreien, die Rußpartikel fing ein leistungsfähiger Dieselpartikelfilter ein. Die Kabine, die es nun in den Varianten Verteiler, Fernverkehr und Komfort gab, war nun noch präziser auf die einsatzspezifischen Erfordernisse zugeschnitten und der Armaturenträger zeigte sich im Pkw-Look. Der Atego machte im leichten und mittelschweren Seg-ment endgültig Schluss mit dem herben Nutzfahrzeug-Charme.

Mercedes-Benz Atego 1317 AK Dreiseitenkipper mit Allradantrieb für schweres Gelände. | Foto: Daimler Truck AG
Mercedes-Benz Atego 1317 AK Dreiseitenkipper mit Allradantrieb für schweres Gelände. | Foto: Daimler Truck AG

Atego als erster Serien-Lkw mit Parallelhybrid

Noch kurz vor der Modellerneuerung erwies sich die erste Atego-Generation als ein Pionier in der E-Mobilität für Nutzfahrzeuge. Das Modell BlueTec Hybrid 1222L war 2010 der erste Serien-Lkw mit diesel-elektrischem Paral-lelhybridantrieb und EU-Typgenehmigung. Der 12-Tonner verfügte über den 218 PS starken OM 924 plus einem wassergekühlten E-Motor mit 44 kW (60 PS) Spitzenleistung. Bei niedrigen Geschwindigkeiten konnte der Lkw so rein elektrisch fahren. Bei höherem Tempo und hoher Last schaltete sich der Diesel zu. Der E-Motor diente zudem als Generator und konnte in Schub- und Bremsphasen Bewegungsenergie zurückgewinnen. Der erzeugte Strom wurde bis zum nächsten Beschleunigungsvorgang im Lithium-Ionen-Batteriepack des Atego zwischengespeichert. So ließ sich im Stadtverkehr bis zu 20% Kraftstoff sparen, im Mittel immerhin 10 bis 15%. Dafür erhielt der Atego den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2010 und sicherte sich kurz darauf ein weiteres Mal den Titel „Truck of the Year“.

Atego: die nächste Generation

Mercedes-Benz Atego 2628 6x4 als Fahrmischer für 26 t Gesamtgewicht. | Foto: Daimler Truck AG
Mercedes-Benz Atego 2628 6x4 als Fahrmischer für 26 t Gesamtgewicht. | Foto: Daimler Truck AG
2013 rollte die zweite Generation des Verteiler-Lkw mit Stern an den Start. Herzstück waren die Euro-VI-konformen Vier- und Sechszylindermotoren OM 934 LA und OM 936 LA, deren modernste Ausführungen noch heute den Atego antreiben. Das Leistungsangebot reichte nun von 156 bis 299 PS. Trotz hoher Anforderungen an die Abgasqualität gelang es den Motorenentwicklern, den Verbrauch um 5% gegenüber der Vorgängergeneration zu drosseln. Verantwortlich für diesen Erfolg war die Common-Rail-Einspritzung, die die Pumpe-Düse-Elemente ablöste. Zusätzlich sorgte die aerodynamisch optimierte Kabine für sparsameren Umgang mit dem Kraftstoff. Die Wartungsintervalle legten bis auf 120.000 km zu – ein Plus von 20%.

Mehr Fahrkomfort mit Power-Shift 3

Wie bei den großen Brüdern verwaltete fortan serienmäßig das automatisierte Power-Shift-3-Getriebe mit sechs oder acht Gängen und Freilaufmodus Eco-Roll die Kraft des Atego. Damit waren die Zeiten der Telligent-Schaltung mit dem typischen Klack-Klack-Geräusch gezählt. Für die Gangwahl nutzten die Fahrer nun den eleganten Lenkstockschalter. Ein Handschaltgetriebe gab es nur noch optional. Für Kommunal- und Spezialeinsätze ließ sich noch ein Handschalter mit Kriechgang für Langsamfahrt sowie ein Automatikgetriebe ordern. Als Quantensprung in Sachen Sicherheit erwies sich die Einführung der Fahrdynamikregelung ESP in Serie.

Mit der zweiten Generation des Atego passten die Ingenieure auch die Kabinenlagerung an und versorgten die Fahrer mit Komfort wie im Actros. Seitdem stehen den Kunden vier Fahrerhaus-Ausführungen in drei Längen zur Wahl. Das S-Haus Classic-Space ist in normaler und verlängerter Ausführung zu haben. Hinzu kommt das L-Fahrerhaus als Classic- oder Big-Space-Version mit Hochdach. Im großen Fahrerhaus lädt ein einteiliges Bett mit Kaltschaummatratze zu gelegentlichen Fernverkehrstouren ein. Für Feuerwehr, THW und Kommunalbetriebe gibt es eine Doppelkabine mit sechs Sitzen.

Mercedes-Benz Atego Kehrmaschine im Kommunaleinsatz | Foto: Daimler Truck AG
Mercedes-Benz Atego Kehrmaschine im Kommunaleinsatz | Foto: Daimler Truck AG

Erneuten Fortschritt bringt dem Atego 2019 der Uptime-Dienst, mit dem sich die Betriebskosten senken und die Verfügbarkeit erhöhen lassen soll. Mercedes-Benz Uptime ist nun auch für den Atego verfügbar. Der Dienst gewährt Fahrzeugbetreibern und Mercedes-Benz Service Echtzeit-Einblicke in den Fahrzeugstatus. Zudem kann er Statusmeldungen des Lkw selbstständig interpretieren und daraus Handlungsanweisungen ableiten. Das soll ungeplante Ausfälle vermeiden sowie den Wartungs- und Servicebedarf vorausschauend planbar machen.

Atego 2024: Aufrüstung mit neuen Sicherheitssystemen

Die Modernisierung des Atego hält nach wie vor an. Seit April dieses Jahres verfügt der Leicht-Lkw über die neuesten Sicherheitsassistenzsysteme von Daimler Truck. Dazu gehören der Notbremsassistent Active Brake Assist 6 (ABA6) und der Abbiegeassistent Active Sideguard Assist 2 (ASGA 2). Möglich macht‘s die neue Elektronikplattform samt der damit verbundenen Sensorfusion, die für einen noch großflächigeren Blick nach vorne und zur Seite die Radar- und Kameradaten verschmelzen lässt. Dabei geht der Konzern in Sachen Sicherheitsassistenzsysteme in vielen Bereichen weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. So greift beispielsweise der ABA 6 aktiv in den Bremsvorgang ein und kann bei Geschwindigkeiten bis zu 60 km/h nicht nur vor stehenden Fahrzeugen, sondern auch vor querenden, entgegenkommenden oder in der Spur fahrenden Verkehrsteilnehmern automatisch abbremsen.

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Somit konnten die Lkw-Entwickler das mit Atego-Einführung abgegebene Versprechen aus 1998 einlösen und auch nach einem Viertel Jahrhundert für den kleinen Stern in zweiter Generation bei Komfort und Sicherheit Bestwerte erzielen. Auch nach so langer Zeit sei der Mercedes-Benz Atego ein modernes Produkt, das „den vielfältigen Anforderungen des Verteilerverkehrs und der Flotten“ genüge. Doch selbst wenn der Atego nicht zum alten Eisen gehört, ein schnittigeres Fahrerhaus mit frischem, digitalisiertem Cockpit haben sich die 7,5- bis 16-Tonner dennoch verdient.

60 Jahre Mercedes-Werk Wörth

Ende 2023 feierte das Mercedes-Benz Lkw-Werk in Wörth am Rhein sein 60-jähriges Bestehen. Am 1. Oktober 1963 lief das erste Fahrerhaus für einen Mercedes-Benz Lkw in der neu erbauten Wörther Fabrik vom Band. Zwei Jahre später folgte der erste komplette Lkw mit Stern im Grill. Das Werk Wörth ist mit einer Fläche von knapp drei Millionen Quadratmetern das weltweit größte im Produktionsverbund von Mercedes-Benz Trucks. Mit rund 10.000 Mitarbeitern ist es der zweitgrößte Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz. Bis zu 470 nach Kundenwunsch gefertigte Lkw können das Werk Wörth pro Tag verlassen.

Hier entstehen die Baureihen Actros, Arocs und Atego sowie Special Trucks Econic, Unimog und Zetros. 2021 startete die Serienproduktion des batterieelektrisch angetriebenen Mercedes-Benz eActros 300/400 für den Verteilerverkehr. 2022 folgte der zweite Elektro-Serien-Lkw Mercedes-Benz e-Econic für den Kommunaleinsatz. Im Oktober 2023 stellten die Schwaben den eActros 600 für den Fernverkehr der Weltöffentlichkeit vor, der ebenfalls in Wörth vom Band laufen soll. In Summe haben seit 1963 rund 4,4 Mio. Fahrzeuge das Mercedes-Werk verlassen.

Die Erfolgsgeschichte soll weitergehen. Künftig will das Werk eine grüne, klimaneutrale Produktion verfolgen und verstärkt lokal CO2-neutrale Fahrzeuge herstellen. Dafür werden Photovoltaik-Anlagen zur Stromversorgung installiert, und die Elektrifizierung des Lieferverkehrs ins Werk hat bereits begonnen. Ab Ende 2024 soll in Wörth das Fernverkehr-Modell eActros 600 als Serienfahrzeug vom Band laufen.

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