Neue ZF-Zutaten für die Elektromobilität
ZF ist nicht mehr nur Zahnradfabrik. Zahn für Zahn hat sich das Unternehmen zum Technologiekonzern gemausert und mischt heute an allen Fahrzeug-Fronten mit. Ihre Neuheiten zur IAA Transportation präsentierten die Friedrichshafener im Vorfeld auf dem „ZF Global Technology Day“ in Jeversen – Weltpremieren inklusive.
Das Mischen wird digital
Zum Jubiläum präsentiert Collomix die komplett neue Rührwerksreihe XQ mit neuen Antrieben, digitaler Display-Steuerung und hoher Geräuschreduktion.
Angefangen bei eher unscheinbaren Lösungen wie dem zweistufigen, kompakten Kupplungskompressor zur Drucklufterzeugung im Lkw, den Brennstoffzellen-Luftpresser mit integrierter Kühlung, die Druckluftscheibenbremse „Maxx“ mit Filtersystem zum Feinstaubfang bis hin zum 8-Gang-Powerline-Vollautomatikgetriebe, wie es DAF bereits in der XB-Baureihe für 7,5 bis 19 t Gesamtgewicht verwendet, war alles vertreten. Komplette Getriebe zählen noch immer zu den Klassikern bei ZF. Sie sind weltweit verbreitet und machen einen erheblichen Teil des Gesamtumsatzes im Konzern aus.
ZF Weltneuheit: Traxon 2 Hybrid-Getriebe
Kein Wunder daher, das Technikchef Laier zur IAA Transportation die Weltpremiere des weiterentwickelten Topsellers Traxon ankündigte. Das Traxon 2 Hybrid für schwere Nutzfahrzeuge stellt eine elektrifizierte Motor-Getriebe-Einheit dar, die in einen konventionellen Antriebsstrang integriert werden und so den Umstieg zum E-Lkw forcieren kann. Mehr Details zu dieser Neuheit war den ZF-Mannen nicht zu entlocken. Jedoch seien bereits Kunden aus Asien und Europa daran interessiert, das Traxon 2 Hybrid in ihre Lkw einzubauen.
Elektrisch angetriebener Auflieger von ZF
Elektrische Antriebsstränge von ZF im Überblick
CeTrax 2 | CeTrax 2 dual | AxTrax 2 | Axtrax 2 dual | AxTrax 2 LF | |
Max. Konstant-Leistung | 210 kW | 380 kW | 210 kW | 380 kW | 360 kW |
Spitzendrehmoment | 8.500 Nm | 24.700 Nm | 26.000 Nm | 54.000 Nm | 37.300 Nm |
Anzahl der Gänge | 3 | 3 | 3 | 3 | 1 |
Trockengewicht | 250 kg | 385 kg | 640 kg | 895 kg | 1.035 kg |
zul. Gesamtgewicht | 19 t | 44 t | 19 t | 44 t | 29 t |
Vollelektrischer Nebenabtrieb eWorX für Kipper und Krane
Neu von ZF: Elektro-mechanisches Lenksystem für Lkw
Gelungen ist ebenso die weltweit erste elektro-mechanische Lenkung im Lkw. Zwei elektrische Stellmotoren ersetzen die Lenkhydraulik in den beiden Volvo- und Scania-Sattelzugmaschinen von ZF. Bei der Probefahrt zeigt sich die Lenkung recht unspektakulär und kaum anders als mit Servounterstützung. Die ölfreie Lenkung soll aber Dieselverbrauch und Emissionen senken, ohne Abstriche bei Komfort und Sicherheit machen zu müssen. Zudem kann sie auch ohne laufendem Verbrennungsmotor die gewünschten Lenkbewegung unterstützen. Je nach Fahrstil ändert die Lenkung automatisch ihre Kennung und Lenkkraft, wie es beispielsweise beim Wechsel von Autobahnfahrten zum Rangierbetrieb gewünscht ist. Durch die elektronische Steuerung wäre auch eine individualisierte Anpassung der Lenkkraft an die Vorlieben des Fahrers wie bei der VDS-Lenkung von Volvo (Volvo Dynamic Steering) umsetzbar. Das elektro-mechanische Lenksystem ist für mittelschwere und schwere Lkw gedacht und lässt sich auch in Elektro-Lkw verbauen. Die Marktreife dürfte in 2027 erreicht sein. Damit will ZF außerdem für Steer-by-Wire-Lösungen (Lenkung per Stromkabel) und autonomes Fahren bis Level 5 vorbereitet sein.
ZF nutzt Fahrwerkssoftware „cubiX“ auch im Lkw
Längst hat ZF auch im Bereich Sensorik und Elektronik eine Weltmarktstellung erreicht. Jüngste Entwicklungen im Bereich der Assistenzsysteme im Lkw zeigen, dass Spurwechselunfälle zukünftig der Vergangenheit angehören können. Dafür kommen nun am Lastzug jede Menge Sensoren zum Einsatz, die den Verkehr in der benachbarten Spur im Blick behalten. Ein mit Radarsensoren und Kameras bestückter Versuchs-Lkw beweist auf dem ZF-Testgelände, wie man die Crash-Ursachen mit einem automatisierten System in den Griff bekommen kann. Dafür überwacht eine Extra-Kamera im Fahrerhaus zusätzlich die Verkehrssituationen und die Aufmerksamkeit des Fahrers.
Automatischer Spurwechsel von ZF entwickelt
Das intelligente Spurwechselsystem kann sogar mehr, als den Fahrer auf einen bevorstehenden Unfall zu warnen. Wenn die Fahrbahn frei ist und die geplante Fahrstrecke es erlaubt, führt der Bordcomputer auf Wunsch eigenständig den kompletten Spurwechsel durch. Der Blinker zum Ausscheren wird aber nur gesetzt, wenn der Fahrer zuvor alle notwendigen Kontrollblicke im Rückspiegel vornimmt. Erst wenn alle Bedingungen erfüllt sind, setze das System zum automatischen Spurwechsel an. Sonst gibt es eine Warnung, die das Manöver verhindert. Solche Anwendung stellt einen Fortschritt in Richtung autonomes Fahren dar, das bereits mit diversen Komfort- und Sicherheitssystemen im modernen Lkw Einzug hält.
ZF KI erkennt Fahrbahnzustand
Darüber hinaus soll die Erkennung des Fahrbahnzustands zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen. Das neue Produkt der ZF-Forschung könne mit Hilfe von Sensoren und einer Cloud-basierten Datenbank die Reibwerterkennung der Fahrbahn und damit die Haftung der Reifen auf der Straße bestimmen. Unter Zuhilfenahme zahlreicher anderen Sensorik und Assistenzsysteme lässt sich damit die Antriebskraft und Traktion eines Lkw optimal auf den aktuellen Fahrbahnzustand anpassen. Ferner kann das System je nach Wetter und Fahrbahnbeschaffenheit die Bremskraft eines Notbremsassistenten, das Regelverhalten der ESP-Anlage oder die Tempomat-Steuerung beeinflussen. Außerdem sei es möglich, Informationen über den Straßenzustand zwischen Fahrzeugen auszutauschen. So lassen sich nachfolgende Verkehrsteilnehmer vor gefährlichen Situationen warnen.
Schnellere Kommunikation zwischen Trailer und Lkw
Eine weitere Neuheit befasst sich mit der Kommunikation zwischen Truck und Trailer. ZF hat eine Hochgeschwindigkeitsverbindung entwickelt, die temporeiche Daten- und Bildübertragungen in Echtzeit erlaubt. Mit dieser Truck-Trailer-Verbindung lassen sich mehrere Seiten- und Rückfahrkameras am Anhänger anschließen, die einen kompletten elektronischen Überblick über den gesamten Lastzug ermöglichen. Tote Winkel kommen so praktisch nicht mehr vor. Über die schnelle Datenleitung kommunizieren die Kameras mit dem Zentralrechner an Bord des Zugfahrzeugs. Nicht nur beim Rückwärtsrangieren mit automatischer Bremsaktivierung vor Hindernissen, sondern auch in urbaner Umgebung kann diese Technik hilfreich sein und Unfälle vermeiden.
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ZF nutzt Künstliche Intelligenz im Nutzfahrzeug
Nach Prognose der ZF-Experten tritt die künstliche Intelligenz (KI) auch im Nutzfahrzeug zum Siegeszug an. So nutzt der neue cloudbasierte Datendienst ZF Annotate die KI, um moderne Fahrerassistenzsysteme und autonomes Fahren zu entwickeln. Das hochkomplexe System braucht dafür Daten aus einer Vielzahl an Fahrzeugsensoren wie Radar, Lidar und Ultraschallsensoren sowie optisch von Kameras erfasste Daten wie Verkehrszeichen, Ampelanlagen und Straßenbegrenzungen. ZF Annotate führt die gesammelten Datenmengen zusammen, verifiziert diese automatisch und stellt mit rechnergenerierten 3D-Abbildern aktuelle Verkehrssituation dar. So lässt sich die Fahrzeugumgebung präzise analysieren und sichere Fahrmanöver ableiten.
Die marktreife Validierungslösung ZF Annotate kann dank der exakten Vergleichsmessung zum Testen und Trainieren moderner Assistenzsysteme von Level 2+ bis Level 5 im Pkw oder Lkw genutzt werden. Das Tool soll die Entwicklungsarbeit an einem neuen Fahrzeugsystem drastisch verkürzen. Statt zwölf würden dafür nur noch zwei Monate gebraucht. Bis zu zehn Mal schneller sei der Dienst gegenüber der klassischen Entwicklungsmethode, bei der noch immer der Mensch die mühevolle Kontrolle und Feinabstimmung manuell übernimmt. Annotate schaffe es, neue Technologien nicht nur schneller, sondern laut ZF auch 80 Prozent kostengünstiger auf die Straße zu bringen. „ZF Annotate bietet Zuverlässigkeit und Effizienz in einem skalierbaren System. Mit unserer Lösung liefert ZF einen weiteren Baustein auf dem Weg zum softwaredefinierten Fahrzeug“, sagt Vorstandsvorsitzender Klein und bestätigt damit gleichzeitig, dass sich der weltweit agierende Konzern sowohl im innovativen Hightech-Segment wie auch auf dem traditionellen Gebiet mit Zahnrädern und Getrieben sicher und erfolgreich bewegt.
IAA Transportation: ZF zeigt neue Zutaten für die Elektromobilität: Weitere Bilder
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