Zum 52. Mal Wissen und Austausch
Der VDBUM hat wieder mehr als 1.100 Teilnehmende zu seinem Großseminar nach Willingen gelockt. Neben den Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung stand auch wieder der Fachkräftemangel im Mittelpunkt der Veranstaltung. So sehr der die Bauindustrie objektiv auch drücken mag - auf dem Seminar zeigte die Branche ein anderes Gesicht: motiviert, anpackend, optimistisch.
Das Mischen wird digital
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Für viele der mehr als 1.100 Teilnehmenden ist der Besuch des jährlich im Kongresszentrum Sauerland Stern Hotel in Willingen stattfindenden VDBUM-Großseminars, das vom Veranstalter als "Fitnessprogramm für Führungskräfte" beworben wird, längst zu einer Art Familientreffen geworden. Der Verband der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik e.V. (VDBUM) konnte sich in diesem Jahr aber auch über einen hohen Anteil von Teilnehmenden freuen, die erstmals dabei waren. Ihr Anteil lag bei 25 Prozent.
Die diesjährige Veranstaltung vom 30. Januar bis 2. Februar stand unter dem knackig-energischen Motto „Menschen – Maschinen – Machen“. Vor allem der letzte Aspekt, das "Machen", schien den Redner:innen wichtig zu sein, nahmen sie doch – in der Podiumsdiskussion, den Abendveranstaltungen, dem Vortragsprogramm oder bei Gesprächen in der begleitenden Fachausstellung – vielfach Bezug darauf. Die abendliche Eröffnungsgala fand erstmals im neuen Format als Lounge Talk mit Moderatorin Alexandra von Lingen, VDBUM-Präsident Peter Guttenberger und den drei Schwerpunktpartnern statt. Ein sehr gelungener Auftakt, bei dem Rudolf Arnold, Geschäftsführer der Liebherr-Hydraulikbagger GmbH, Marco Maschke, Leiter des Deutschlandbüros bei Komatsu Europe International, und Bernd Holz, Geschäftsführer der Ammann Verdichtung GmbH, ihre Gedanken zur Bauwelt mit den anwesenden Branchenvertretern teilten.
Von Deniz Aytekin gelernt
VDBUM-Podiumsdiskussion zum Fachkräftemangel in der Baubranche
Die Podiumsdiskussion am Mittwochmorgen stand unter dem Motto „Was bedeutet der Arbeits- und Fachkräftemangel für den Unternehmensstandort Deutschland?“ und konnte die Erwartungen mehr als erfüllen. Kurzweilig führte Alexandra von Lingen durch die 90-minütige Gesprächsrunde. Dabei traten sehr unterschiedliche Sichtweisen zu Tage, die sich jedoch nicht als Widerspruch darstellten, sondern sich ergänzten, sodass am Ende die Erkenntnis stand: Wir müssen es einfach machen!
Barbara Hagedorn, Geschäftsführerin der Gütersloher Hagedorn-Unternehmensgruppe, lebt dieses `jetzt anfangen, einfach machen´. Das zeigt etwa die von ihr ins Leben gerufene Kampagne „Frau am Bau“. Es gelte, so Barbara Hagedorn, nicht immer an große Lösungen zu denken und diese für die Zukunft aufzubewahren, sondern kleine Schritte sofort umzusetzen und weiterzuentwickeln. Der Schlüssel zum Erfolg bestehe darin, jede Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen Wertschätzung spüren zu lassen, denn sie seien es, die das Unternehmen erfolgreich machen. Bauunternehmen müssten, so schloss Hagedorn, besonders Frauen ermutigen, in die Baubranche zu gehen, Hindernisse abbauen und die Frauen beim Berufseinstieg besser begleiten. Auch positive Unternehmenswerte müssten konsequent vermittelt werden. Auf die Frage, warum man gerade bei ihnen arbeiten sollte, hätten viele Bauunternehmen heute keine Antwort.
Dr. Tina Müller (TLGG-Denkfabrik) erklärte, dass der digitale Wandel die gesamte Baubranche über die nächsten zehn bis 15 Jahre begleiten werde. Die gesamte Wertschöpfungskette müsse sich verändern. Dies wiederum erfordere eine andere Form der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden. „Dabei müssen wir vieles neu denken. Jüngere Generationen fordern Nachhaltigkeit und einen Veränderungswillen als Purpose von Unternehmen“, so Dr. Tina Müller. Nadine Hellmold vom Business-Coaching-Unternehmen Co-Check ist überzeugt, dass auch in Bauunternehmen „gegenseitige Wertschätzung, Respekt innerhalb der digitalen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen ein extrem wichtiger Baustein für die Bindung und Gewinnung von Mitarbeitenden“ sind.
Bau-Zielgruppe Gen Z besser ansprechen
Florian Semmler (Mediapool) rief dazu auf, das Recruiting der Zielgruppe anzupassen und nicht wie bisher umgekehrt. Die Gen Z gehe die kurzen, zeitsparenden Bewerbungswege, sie setze eigene Schwerpunkte für ihre zukünftigen Lebensschwerpunkte. „Dabei sind Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die vor wenigen Jahren in Bewerbungsgesprächen undenkbar waren“, so Semmler. Er wies darauf hin, dass schon der nächste Wandel ins Haus stünde: „In ein bis zwei Jahren erwarten wir die Generation Alpha und werden wieder neue Veränderungen denken müssen. Nur wer die Bedürfnisse der Generationen erkennt, wird im Kampf um die talentiertesten und besten Köpfe für handwerkliche, digitale oder Führungsaufgaben erfolgreich sein“, bekräftigte Semmler.
Attraktive Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung schaffen, Bürokratie abbauen
Dr. Volker Müller, Geschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen e.V., führte aus, dass für die meisten Unternehmen die digitale Transformation zur Unternehmensentwicklung gehöre. Die Frage sei: Wie steht es um die Verwaltungen der öffentlichen Hand? Die Lücke werde immer größer, und genau hier bestehe aktuell der größte Nachholbedarf. Die Bürokratie und ihr schleppender Abbau seien ein weiterer Hemmschuh für die Geschwindigkeit und Entwicklung unserer Wirtschaft. Mitarbeitende würden in beruflichen Aufgaben in Unternehmen und in der Verwaltung keinen Sinn und Erfolg ihrer Arbeit erkennen, wenn digitale Abläufe nicht genutzt würden, Vorschriften um der Vorschrift willen umgesetzt werden müssten und Verzögerungen in gut geplanten Prozessen nicht verständlich seien. „So schaffen wir keine attraktiven Arbeitsplätze.“ Dr. Volker Müller erinnerte daran, dass ab 2024 erstmalig mehrere Hunderttausend Arbeitsnehmer:innen mehr in den Ruhestand wechseln werden und Neue in das Berufsleben einsteigen werden. Ohne Zuwanderung werde dieser gesellschaftliche Wandel nicht funktionieren. Integration in Unternehmen und Verwaltungen gelinge jedoch nur, wenn praxisnahe Einwanderungsgesetze in Abstimmung mit der Wirtschaft und gesellschaftlich relevanten Gruppen umgesetzt würden. „Wir brauchen in allen Branchen Dienstleistungsmitarbeitende, Handwerker:innen und Digitalisierungsspezialist:innen. Ohne diese Arbeits- und Fachkräfte ist auch unser Sozialversicherungssytem gefährdet“, warnte der Geschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen. Die Genderform hatte er nicht zufällig gewählt: Er machte deutlich, dass die Baubranche viel mehr Frauen und insgesamt mehr Diversität benötige und sagte mit einem Blick ins Publikum etwas provokant: „Wer sitzt denn hier? Nur Kerle!"
Das dicke Brett Digitalisierung bohren
Peter Guttenberger, Präsident des VDBUM und langjähriger Geschäftsführer der Max Bögl Transport und Geräte GmbH und Co. KG, erklärte, dass die Bauwirtschaft tagtäglich zeige, dass sie die digitale Transformation nutzt, um die Prozesse zu beschleunigen. „Die digitalen Anforderungen müssen von allen Generationen in unseren Unternehmen inklusive der Führungskräfte nutzbar sein. Aktuell verlieren wir viel zu viel Zeit und zu viele Mitarbeiterstunden aufgrund fehlender Standards der Daten. Hier sind wir als Bauwirtschaft gefordert - aber auch die Auftraggeber, die oftmals Datenstandards fordern, jedoch bei Ausschreibungen, den Planungen und Auftragsvergaben, dieses selbst nicht umsetzen“, mahnte Guttenberger. Genau an dieser Stelle gebe es ein großes Potenzial, Arbeitszeit einzusparen, um sie in den Unternehmen anderweitig einzusetzen. „Der VDBUM ist als Weiterbildungsverband seit mehr als einem Jahrzehnt intensiver Verbandsdienstleister für die Nachwuchsgewinnung mit Aktionen wie dem Baumaschinenerlebnistag, dem Azubi-Cup, dem Patenschaftsprogramm für Meisterschüler:innen und Studierende und auch mit Angeboten für junge Führungskräfte in den Arbeitskreisen des Verbandes oder seinem Zukunftszirkel“, sagte Peter Guttenberger und schloss an: „Diese Verbandsarbeit wird der VDBUM beibehalten und in Abstimmung mit unseren Mitgliedern weiter ausbauen.“ Die mehr als 400 Zuhörer:innen erlebten eine kompetente Diskussion und starke Persönlichkeiten, die deutlich aufzeigten, welches „dicke Brett“ die Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik bohren muss und dass es dabei am Ende nur darum geht, einfach damit anzufangen – einfach machen, eben!
11. VDBUM-Förderpreis verliehen
Bei der Verleihung des 11. VDBUM-Förderpreises begeisterte ein neues Format das Publikum. Die Vorstandsmitglieder Dirk Bennje (Vizepräsident) und Prof. Jan Scholten präsentierten noch vor dem Galabuffet die Förderpreissieger 2024 aus insgesamt 36 nominierten Einreichungen:
- Sieger der Kategorie „Innovationen aus der Praxis“ wurde der „R-Beton 100“ der PST Spezialtiefbau Süd GmbH, den zweiten Platz erreichte der „2-Rad-Lader“ der QuiMo GmbH, den dritten Platz die „Pister PF Baggerpalettengabel“ der Hain GmbH.
- Die Kategorie „Projekte aus Hochschulen und Universitäten“ gewann die „Mobile GPS-Sensorik“ der excav UG / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Hier erreichte die „HoloCrane - Zielorientierte Kransteuerung“ der Technische Universität München, Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik den zweiten Platz, Drittplatzierter wurde „SafeCon3D“ der Technische Universität Dresden, Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik (Fluidtronik).
- Im Anschluss kamen die Top 3 der von der Jury platzierten Unternehmen der Kategorie „Entwicklungen aus der Industrie“ zum Zuge. Sie präsentierten ihre Innovationen mit dem Hinweis, dass das Publikum nach dem Essen mit seiner Stimme das Zünglein an der Waage sein wird und per QR-Code auf ein Abstimmungstool geführt wird. Zur Auswahl standen die „Transparente Schaufel für Radlader“ von Develon, die „Fahrassistenten Sway Control Plus, Hook Carrier und Side-Pull Control für Turmdrehkrane“ von Liebherr sowie der „Baustellen-Drucker Karlos“ von Putzmeister. In einem sehr spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen erreichte Putzmeister am Ende knapp den 1. Platz. Dirk Bennje, Jan Scholten und Peter Guttenberger danken allen Nominierten für ihre Einreichungen und gratulierten den Siegern mit dem jeweiligen Siegerscheck in Höhe von 2.500 Euro.
Baumaschinen-Simulator-Meisterschaften: Azubi-Cup mit starkem Finale
Tag der VDBUM-Arbeitskreise feiert Premiere
Zum Abschluss des Großseminars fand erstmals der „Tag der Arbeitskreise“ statt. Das Projekt wurde von Dr. Marco Fecke, Mitglied des VDBUM-Vorstands, und Wolfgang Lübberding, Technischer Leiter des VDBUM, in Kooperation mit der TU München umgesetzt. Die TUM war mit Maximilian Schöberl und seinen Kolleg:innen nicht nur während der Vorbereitungen involviert, sondern füllte die Themen, in Abstimmung mit den ehrenamtlichen Fachbeiräten des VDBUM, mit Leben. Die Vielfalt der VDBUM-Baubeteiligten bietet stets Themenüberschneidungen, die gebündelt in Arbeitskreisen münden.
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Ein kurzer Auszug der VDBUM-Arbeitskreise:
- „Elektrifizierung“: Einsatz von erneuerbaren Energien rund um die Baustelle sowie aktuelle Vorschriften und Verordnungen.
- „Werkstatt 4.0“: Service-Management-Software, Wartungsmanagement, Stammdatenmanagement- und -pflege, Instandhaltungs- und Wartungsplan.
- „Baulogistik“: Daten als Managementinstrument, Telematik, herstellerunabhängiger Datenaustausch
- „Wasserstoff im Schwerverkehr“: „Wo macht Wasserstoff Sinn“, „Wasserstoff in Bau- und Arbeitsmaschinen, aktueller Stand und Herausforderungen“, „Wasserstoff-Eigenschaften und Sicherheit“.
Das 53. VDBUM-Großseminar wird vom 04 bis 07. Februar 2025 im Kongresszentrum Sauerland Stern in Willingen veranstaltet.
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