Bauunternehmen fordern Datenstandard
Werner Zenz würde seine Maschinenflotte gern auf einer einzigen Online-Plattform verwalten, doch sein Ruf nach einer einheitlichen Datenschnittstelle bleibt in der Baumaschinenindustrie schon seit vielen Jahren ungehört. Dabei ist der Leiter des riesigen Maschinenparks der Porr AG zur Not sogar mit der zweitbesten Lösung zufrieden.
Das Mischen wird digital
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Hersteller von Baumaschinen haben über die Jahre mit großem Aufwand Systeme zum Flottenmanagement entwickelt, sprich: Anwendungen, die Betreibern bei der Auswertung telemetrischer Daten aus den Maschinen helfen. Genutzt hat diese Systeme stets nur ein Bruchteil der Kunden. Der Hauptgrund dafür war die unkomfortable Bedienung: Anwender mussten sich im Webportal des jeweiligen Herstellers anmelden, um dort die gewünschten Daten einzusehen. Viele scheuten diesen Aufwand, zumal sie vom Wert der Daten für ihr Unternehmen nicht überzeugt waren.
Auch wenn die neueste Generation dieser Flottenmanagementsysteme (FMS) automatische Berichte generiert, aktiv per Alarm auf Probleme hinweist und bequem per App zu bedienen ist, bleibt ein gewichtiger Pferdefuß: Für Betreiber gemischter Flotten – und das gilt für die große Mehrheit der Unternehmen – ist diese Art der Fuhrparkverwaltung umständlich, weil die Webportale sämtlicher Hersteller einzeln aufgerufen und ausgewertet werden müssen. Zudem bringen die dort erhältlichen Daten die Unternehmen nicht weiter, weil sie nicht in einem einheitlichen Format zur Verfügung stehen, der Maschinenpark also noch immer nicht in seiner Gesamtheit betrachtet werden kann. Seit Jahren fordern gerade große Unternehmen mit umfangreichen Maschinenparks daher eine einheitliche Lösung, die ihnen auf einer einzigen Plattform einen Überblick über die Daten ihrer gesamten Flotte gibt. Bislang ohne Erfolg.
Telematik nicht Mischflotten-fähig
„2013 standen wir mit unserer Instandhaltung mit dem Rücken an der Wand, weil wir keine aktuellen Betriebsstunden bekamen“, sagt Werner Zenz, Geschäftsführer der Porr Equipment Services AG mit Sitz in Wien. Auf sporadisch eintreffende und fehleranfällige Stundenzettel habe man sich nicht mehr verlassen wollen.
Also ging Zenz auf die Hersteller zu, um eine Lösung für das Problem zu finden – leider zunächst weitgehend erfolglos. „Wir sind seit Jahren gegen verschlossene und halb geöffnete Türen bei den Herstellern gerannt“, sagt er. Die hätten immer auf ihre eigenen Telematiksysteme verwiesen und der Porr AG einen Zugang zum entsprechenden Webportal nahegelegt. „Und wir haben immer gesagt: Liebe Leute, das ist in der Praxis nicht umsetzbar!“, so Zenz. Schließlich verwaltet die Porr Equipment Services GmbH rund 60.000 Maschinen und Geräte, darunter allein etwa 7.000 Großmaschinen, die von mehr als 300 Herstellern stammen.
Zenz begann also, alle Möglichkeiten durchzuspielen. Eine Handvoll Hersteller hätten angeboten, Zenz eine csv-Datei, eine einfache Textdatei mit den Maschinendaten, zu schicken. Er habe zu ihnen gesagt: „Liebe Leute, so funktioniert das nicht! Wie soll ich 300 Hersteller jeden Tag in mein System bekommen? Wenn ich es von Euch nicht bekomme, dann montiere ich selbst eine Telematikbox, und bitte, dürfen wir uns an Eure Can-Bus-Schnittstelle hängen? Dann war Schluss mit lustig.“ Etliche Hersteller hätten dies abgelehnt, andere ihre Zustimmung mit der Warnung verbunden, dann würden sämtliche Garantieansprüche erlöschen. Daraufhin habe sein Unternehmen 2016 „parallel zum bestehenden Telematiksystem selbst ein Telematiksystem verbaut – eigentlich pervers.“ Und was hat sich seitdem getan? Laut Zenz nicht allzu viel. „Es gibt nach wie vor keine definierte Schnittstelle“, sagt er.
Dadurch dass jeder Hersteller sein eigenes Telematiksystem entwickle, werde viel Geld vergeudet. „Eigentlich ein Wahnsinn“, findet Zenz. Denn die Systeme täten im Prinzip alle das gleiche. Zenz hat nichts dagegen, dass die Hersteller das tun, solange sie ihm nur über eine genormte Schnittstelle die von ihm gewünschten Datensätze liefern. „Der kann pro Maschine 1.000 Datenpunkte sammeln am Tag, wenn er mir meine acht, neun gibt, die ich brauche, damit ich meinen Laden wirtschaftlich und technisch sauber führen kann, soll mir das recht sein.“
Schnittstelle: Stecker oder Cloud?
Schnittstellen zu den Hersteller-Webportalen wären eine gangbare, aber keinesfalls unaufwändige Lösung, da sie für jeden Maschinenhersteller einzeln benötigt würden. Das Problem dabei sei, so Zenz, „ich muss eigentlich 350 Schnittstellen bauen. Eigentlich wäre mir lieber, die Hersteller bedienen sich einer Cloud, da liefern die Hersteller ihre Daten rein, und ich als Abnehmer zapfe nur diese eine Cloud an. Das wäre der Idealzustand."
Da er das aber wahrscheinlich bis zu seiner Pension nicht mehr erleben werde, sagt er ironisch, könne er damit leben zu sagen „Okay, vergesst die Gemeinschaftscloud, baut mir eine mechanische Schnittstelle auf der Maschine, einen Stecker, der immer gleich aussieht, und ich hole mir über diesen Stecker alle Daten raus, die definiert sind, transportiere sie auf den Server meines Telematikanbieters, und von dort hole ich mir die Daten in mein ERP-System. Das hätte für mich mehr Vorteile als die Cloudlösung, weil ich dann gleich auch eine Schnittstelle für die Diagnose hätte, für die Instandhaltung, für die Reparatur.“ Er könnte diese Daten dann mit einem handelsüblichen Diagnosegerät am Can-Bus auslesen, so wie es beispielsweise auch Kfz-Werkstätten tun.
Telematik erleichtert den Service
Denn auch dort – bei den regelmäßigen Servicearbeiten und beim Umgang mit Fehlermeldungen – wird eine Schnittstelle schmerzlich vermisst. „Es gibt mittlerweile sehr viele Maschinen, die wir zwar servicieren können, aber das Serviceintervall muss der Hersteller zurückstellen“, sagt Zenz. „In der Praxis sieht es so aus: Die Maschine steht, unser Techniker fährt hin, kann es nicht verifizieren. Ich bräuchte jetzt ein Terminal, in das ich hineinschauen kann: Was ist da los? Oft ist es dann nötig, dass der Monteur des Herstellers kommt. Wenn Sie Glück haben, schaut er in die Ferndiagnose, das heißt, in sein Telematiksystem, aber es gibt auch die Fälle, dass er kommen muss, steckt seinen Laptop an, tippt dreimal und fährt wieder.“
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Das ist Zenz ein Dorn im Auge, weshalb er sich wünscht, selbst in den Can-Bus – wo Informationen wie Fehlermeldungen generiert werden – schauen zu können: „Das wäre für uns schon sehr hilfreich.“ Zurzeit geht die Entwicklung bei den Herstellern allerdings eher in eine andere Richtung: Sie wollen sich und ihren Servicepartnern unnötige Anfahrten ersparen und investieren daher vermehrt in die Ferndiagnose.
Maschinenbetreiber müssen Druck ausüben
Zenz macht dabei dem VDBUM und den beteiligten Herstellervertretern keinen Vorwurf. Die Macht, etwas zu bewirken, hätten allein die Unternehmen als Abnehmer der Geräte. Doch dafür müssten sie gemeinsam für die geforderte Schnittstelle streiten. Und genau daran hapere es bislang, sagt Zenz: „Wir haben es noch nicht geschafft, das Regelwerk, das sehr gut ist, gemeinsam umzusetzen.“ Zum Teil fehle bei den Anwendern noch das Verständnis für die Problematik. Und auch von Seiten der Unternehmensführung fehle manchmal der Druck, dass man dort etwas tun müsse, „weil auch dort das Verständnis noch nicht da ist“. Es sei bisher nicht gelungen, den Druck auf die Hersteller so zu erhöhen, dass sie gezwungen sind, diese Schnittstelle zu schaffen. „Ich glaube, wir müssten nur die ersten drei, vier Hersteller knacken, und dann würden die anderen unter Zugzwang kommen, denn wir würden dann beispielsweise nur noch die Fabrikate kaufen, die uns das liefern“, sagt Zenz. Bleibt abzuwarten, ob die Hersteller diese Steilvorlage für einen Wettbewerbsvorteil nutzen oder weiterhin in der Deckung bleiben. Die Notwendigkeit des digitalen Wandels betonen sie jedenfalls bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Ausgerechnet mit der wichtigsten Voraussetzung dafür, der Standardisierung, tun sie sich aber nach wie vor schwer.
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