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Stadtbäume mildern Hitzewellen

Bei Untersuchungen über die Kühlungswirkung verschiedener Straßenbaumarten auf versiegelten urbanen Standorten, stellen die Forscher erstaunliches fest. Denn Stadtbäume verändern nicht nur die Lufttemperatur, sondern tragen auch erheblich zur Luftfeuchte bei.

Im zurückliegenden Sommer 2015 zeigte sich eindrucksvoll die Wirkung von anhaltender Hitze und Trockenheit. Über mehrere Wochen führten hohe Temperaturen und Strahlungswerte zu einem deutlichen Anstieg der Luft- und Oberflächentemperaturen, und dies besonders in urbanen Räumen. Das Witterungsgeschehen der vergangenen Monate stellt jedoch keinen Einzelfall dar. Vielmehr reiht es sich in eine ganze Anzahl von weiteren Jahren mit wochenlang anhaltender, überdurchschnittlicher Hitze ein. Eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes stellte eine 10 bis 15 Prozent höhere Sterblichkeit bei Menschen mit koronaren Herzkrankheiten für die Dekade vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2010 fest. Besonders für die europaweite Hitzewelle im Jahr 2003 liegen eine Vielzahl von Studien vor, die einen überdurchschnittlichen Anstieg von Fällen mit Hitzeschlag, Sonnenstich und Hitzekollaps, begleitet von einer erhöhten Mortalität belegen.

Stadtplaner, Behörden und Wissenschaftler suchen deshalb gezielt nach ökonomisch und ökologisch sinnvollen Lösungen, wie Hitze und überdurchschnittlichen Temperaturereignissen begegnet werden kann. In den letzten Jahren rückt dabei neben einer Reihe von technischen Lösungen die Wirkung urbaner Vegetation in den Fokus möglicher Anpassungsstrategien. Sie reflektiert und absorbiert die Sonneneinstrahlung und trägt so zu einer Minderung der Luft- und Oberflächentemperaturen bei. Allerdings sind die Effekte mit 1 bis 2 Kelvin (in diesem Fall entspricht 1 K 1 Grad Celsius) niedrigeren Lufttemperaturen relativ gering. Dagegen ist eine wesentlich stärkere Reduktion bis zu 6 K durch Beschattung auf die Oberflächentemperatur belegt. Eine Vielzahl von Untersuchungen beweist, dass sich im Vergleich von verschiedenen Vegetationsflächen wie Rasen, Staudenflure und Gehölzflächen das thermische Wohlbefinden durch die Anpflanzung von Bäumen besonders gut verbessern lässt.

TU Dresden: Stadtbäume mildern Hitzewellen
Thermographie der Baumart Tilia cordata ‘Greenspire’, im Vergleich der Oberflächentemperaturen von vollsonnigen (gelb) zu beschatteten Asphaltflächen (blau).

Methodische Vorgehensweise

In der Landeshauptstadt Dresden wurden nahe beieinander liegende Straßenbaumstandorte mit vergleichbaren Standortbedingungen ausgewählt. Die Werte der Belaubungsdichten (LAD, Quadratmeter Kronenfläche pro Kubikmeter Kronenvolumen) basieren auf Messungen mit dem Plant Canopy Analyzer und der Berechnung mit der Software FV-2200 (Version 1.2) für Einzelbäume (LAI-2050, LI-COR, Lincoln, USA). Die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit wurden in stündlichen Intervallen mit sogenannten iButtons (DS1923, Maxim Integrated, San Jose, USA) vom 18. Juni bis zum 4. September 2013 aufgezeichnet. Diese speziellen Sensoren wurden an südlich exponierten Zweigen 30 bis 50 cm vom Stamm entfernt in vier Kronenhöhen installiert. In den gleichen Höhen wie für die Messbäume wurden vier weitere iButtons auf einer nahegelegenen baumlosen, vollsonnigen Referenzfläche installiert.

Die Thermographien-Aufnahmen mit der Thermokamera (VarioCam hr inspect 700, Fa. Infratec, Dresden) dienten zur Ermittlung der Oberflächentemperaturen und dem sich daran anschließenden Vergleich von baumbeschatteten mit vollsonnigen Flächen.

Transpiration und stomatäre Leitfähigkeit

Mit der Transpirationsrate (E) wird die Verdunstung von Wasser über die Spaltöffnungen oder Stomata an den Blattunterflächen bezeichnet. Die Rate der stomatären Leitfähigkeit (gs) fokussiert den Öffnungsgrad der Stomata in Hinblick auf die CO2- und Wasserdampfmenge. Beide Werte wurden während der Sommermonate Juni, Juli und August in der Zeit von 08:00 bis 18:00 h mehrmals pro Baumart ermittelt. Die Messungen erfolgten unter konstanten Bedingungen mit einem tragbaren Photosynthese-Messgerät (HCM-1000, Fa. Walz, Effeltrich). Die Zeitreihen für die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit wurden baum- und standortweise per Median gemittelt.

Einfluss von Bäumen auf das Mikroklima

Für die Tagesgänge der Lufttemperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit lässt sich ein typischer Tages-Nacht-Verlauf erkennen. Dabei steigt die Lufttemperatur bis zu einem Maximum am frühen Nachmittag ca. 15:00 h und fällt danach bis zu einem Minimum vor Sonnenaufgang ca. 05:00 h ab. Der Trend der relativen Luftfeuchtigkeit zeigt Minima am Nachmittag und Maxima vor Sonnenaufgang. An durchschnittlichen Sommertagen wurden für alle Baumarten signifikant niedrigere Lufttemperaturen und eine signifikant höhere Luftfeuchtigkeit im Vergleich zur Referenzfläche aufgezeichnet. Dabei ist es unter den Kronen bis zu 2,22 K kühler bei einer bis zu 6,48 % höheren Luftfeuchtigkeit.

Abb 2. Die Oberflächentemperatur auf den sonnenexponierten Asphaltflächen ist bis zu 15 Grad Celsius höher als unter den Baumkronen. | Thermofotos: Sten Gillner
Abb 2. Die Oberflächentemperatur auf den sonnenexponierten Asphaltflächen ist bis zu 15 Grad Celsius höher als unter den Baumkronen. | Thermofotos: Sten Gillner

Lufttemperatur

Für durchschnittliche Sommertage wurden die stärksten Abweichungen zur Referenz für die Lufttemperatur und relativen Luftfeuchtigkeit für Tilia und Corylus und die geringsten für Liriodendron und Ulmus gemessen. Mit Ausnahme von Liriodendron herrschen in der Nacht unter den Bäumen signifikant höhere Lufttemperaturen und eine niedrigere relative Luftfeuchtigkeit. Im Vergleich der Lufttemperaturen von durchschnittlichen zu heißen Sommertagen lässt sich gut erkennen, dass sich größere Abweichungen und damit eine höhere Kühlungswirkung ergibt. An kühlen Sommertagen gibt es keine signifikanten Unterschiede in der relativen Luftfeuchtigkeit für die Baumarten.

Belaubungsdichte und Gaswechsel

Entsprechend des Regressionsmodells kann eine hohe Belaubungsdichte bei einer gleichzeitig hohen Transpirationsrate die Lufttemperatur um bis zu 1,5 K reduzieren. Dabei sind eine fünffach höhere Belaubungsdichte und eine zehnfach höhere Transpirationsrate für eine Reduktion der Lufttemperatur um 0,5 K notwendig.

Im Vergleich zur Lufttemperatur ist die Reduktion der Oberflächentemperatur durch die Bäume beträchtlich. Dabei zeigt die lineare Regression einen Rückgang der Oberflächentemperatur um 4,63 K mit jedem Anstieg einer weiteren Einheit der Belaubungsdichte. Im Falle einer Belaubungsdichte von 3,0 kann so ein Rückgang der Oberflächentemperatur des Asphaltes zur Nachmittagszeit um 15 K erwartet werden.

Schlussfolgerung

Die Untersuchung belegt die positiven Einflüsse von Bäumen auf eine Verbesserung des urbanen Mikroklimas zur Sommerzeit. Das mehrmonatige Monitoring dokumentiert eine signifikant geringere Lufttemperatur und eine signifikant höhere Luftfeuchtigkeit im Kronenbereich der Bäume. An durchschnittlichen Sommertagen wurde eine bis zu 2,2 K und an heißen Sommertagen eine bis zu 2,6 K niedrigere Lufttemperatur unter den Bäumen im Vergleich zur baumlosen Referenzfläche registriert.

Den höchsten Stellenwert für die Luftkühlung hat die Belaubungsdichte. Sie ist zudem wesentlich für die Verringerung der Oberflächentemperatur verantwortlich.

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Zu den Autoren

Dr. Sten Gillner hat Forstwissenschaften in Tharandt an der TU Dresden studiert. Sein Schwerpunkt liegt auf der Identifikation der Trockenstresssensitivität von Stadtbäumen. Dr. Juliane Vogt hat Geoökologie an der Universität Potsdam studiert und beschäftigt sich derzeit mit der Klassifikation von urbanen Baumstandorten. Dipl.-Ing. Andreas Tharang hat Geodäsie an der TU Dresden studiert und arbeitet gegenwärtig als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Citree“. Dabei entwickelt er Methoden zur automatisierten Ableitung von Baumwuchsparametern anhand fotografischer Aufnahmen. D ipl.-Biogeograph Sebastian Dettmann hat Angewandte Biogeographie an der Universität Trier studiert und analysiert im Projekt „Citree“ die Trockenstressreaktion verschiedener Baumarten im urbanen Raum mit pflanzenphysiologischen Methoden. Prof. Dr. Andreas Roloff leitet das Institut für Forstbotanik und Forstzoologie sowie den Forstbotanischen Garten der TU Dresden in Tharandt.

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