„Unser Ziel ist eine vollautomatische, optimal abgestimmte Bewässerung“
Stadtbäume stehen unter Stress: Zu wenig Platz, zu viel Verdichtung. Und wenn dann noch Dürre und Starkregenperioden dazukommen, leiden die grünen Lungen in den Metropolen. Bei einem exklusiven Termin vor Ort hat sich B_I galabau-Chefedakteur Bernd Hinrichs über die smarte Bewässerungslösung von Aco informiert.
Stadtbäume nehmen einen erheblichen Einfluss auf das Mikroklima. Sie sorgen nicht nur für eine ansprechende Atmosphäre, sie unterstützen auch dabei, die Effekte des Klimawandels zu mildern. Ihre wichtigsten Eigenschaften sind dabei ihre enorme Schattenwirkung, mit der die lokale (Luft-)temperatur signifikant um mehrere Grad gesenkt werden kann, die Wasserverdunstung, die ebenfalls zur Abkühlung der Luft führt (rund 400 Liter am Tag), das Produzieren von Sauerstoff, bei einem Baum von 25 Metern Höhe etwa ein Kubikmeter am Tag, die CO2-Bindung und das Herausfiltern von Feinstaub.
„Angesichts der vielen lebenswichtigen Argumente ist es mehr als unverständlich, dass in Deutschland den Stadtbäumen so wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird“, findet auch Dr. Axel Leybold, Leiter von Aco Smart Solutions. „Ein deutscher Stadtbaum überlebt selten über zehn Jahre in einem urbanen Baumquartier“, erläutert der Biologe. Was umso schwerer wiegt, wenn bedacht wird, dass die oben genannten Vorteile eines Baums erst nach rund 20 Jahren zum Tragen kommen. Das hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass die Baumkrone ein entsprechendes Blattvolumen aufweisen muss – was in der Regel erst nach vielen Jahren der Fall ist. „ Wenn ein Altbaum mit 20 Meter Kronendruchmesser gefällt wird, müssten 400 Jungbäume gepflanzt werden, um seine positiven Eigenschaften zu kompensieren“, so Leybold.
Zustand des Stadtbaums in Deutschland
Wie dringend der Handlungsbedarf ist, zeigt eine Studie, die in Berlin durchgeführt wurde. Die Stadt an der Spree gilt mit ihren etwa 430.000 Bäumen als grünste Stadt Deutschlands. Laut Straßenbaum-Zustandsbericht verringerte sich der gesunde Stadtbaumbestand innerhalb von nur fünf Jahren um zehn Prozentpunkte, so dass im Jahr 2020 nur noch 43 Prozent als ungeschädigt eingestuft wird. Im gleichen Zeitraum verdoppelte sich fast die Zahl der schwer geschädigten und toten Bäume auf nun neun Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der leicht- bis mittelgeschädigten Bäume von 41,8 auf 47,7 Prozent. „Angesichts der heißen Sommer in den letzten Jahren können wir uns ausrechnen, wie sich diese Zahlen weiter entwickeln werden“, so Clemens Asmussen, Produktmanager Green City Solutions bei Aco.
Automatische Bewässerung mit smarter Sensortechnik
Die Basis bilden Aco Stormbrixx, ein modulares Rigolensystem, das Regenwasser unter der Erde speichern und kontrolliert versickern lassen kann. Sensoren ermitteln laufend Daten über Bodenfeuchte, Wasserstand, Temperatur und weitere Einflussfaktoren. Weitere Aco Systembausteine wie die Regenwasserbehandlungsanlage Stormclean können das System ergänzen. „Die Reinigung des Wassers ist ganz wesentlich“, so Asmussen. „Stromclean filtert sowohl Mikroplastik, was niemand in der Erde haben möchte, als auch Schwermetalle, die Bäume schädigen, aus dem Regenwasser“
Zusätzlich können Schächte und Schachtabdeckungen sowie Baumschutzroste und -gitter zum Einsatz kommen. „Unser Ziel ist eine vollautomatische, optimal abgestimmte Bewässerung, so dass Stadtbäume auch bei schwierigsten Boden- und Verkehrsverhältnissen eine große schattenspendende Krone bekommen und sich die Wurzeln optimal entwickeln können“, sagt Leybold. Zusammen mit Feuchtesensoren, Pumptechnik und verschiedenen Ansätzen der Bewässerungstechnik im Wurzelraum entsteht ein smartes ACO Baumschutzsystem, das optimale Wachstums- und Lebensbedingungen bietet.
„Die Sensoren messen die Feuchtigkeit in der Umgebung des Baumes, zusätzlich wird der aktuelle Wetterbericht hinzugezogen. Erst wenn diese Daten vom System ausgewertet wurden, entscheidet es selbstständig über den Umfang der Bewässerung“, erläutert Asmussen. Das gesamte Wassermanagement unter der Erde kann per Dashboard oder Handy gesteuert werden. Dabei werden die Daten nicht über WLAN kommuniziert, sondern über das LoRaWan-Netz. Damit ist es möglich, mehrere hundert Sensoren innerhalb eines Netzwerkes zu verwalten und Sensordaten zu verarbeiten. LoRaWan steht bundesweit kostenlos zur Verfügung.
Gesunde Stadtbäume – auch für den Kämmerer wichtig
Ein neu gepflanzter Baum braucht etwa fünf Jahre, bis er tief genug wurzelt, um sich selbst versorgen zu können. Bei herkömmlicher Bewässerung belaufen sich die Kosten dafür auf bis zu 15.000 Euro für einen Baum, wie Untersuchungen in Kopenhagen gezeigt haben.
Das Problem besteht darin, dass ein einmal ausgetrockneter Baum irreparable Schäden aufweist. Denn wenn die wasserführenden Kapillare austrocknen, ist das lokale Wasserbeförderungssystem innerhalb des Baumes zerstört. „Wir sprechen von einem so genannten Kapillarinfakt“, erläutert der Biologe Leybold. Nachträgliches Bewässern hilft dann auch nichts mehr für die zerstörten Kapillare. Dabei ist die Menge des abgegebenen Wassers von entscheidender Bedeutung. Zu wenig Wasser würde bedeuten, dass der Baum verdurstet, aber auch zu viel Wasser wäre nicht gut. „der Baum muss um sein Wasser kämpfen“, erläutert Leybold. „Wenn er seine Versorgung ohne Anstrengungen gewährleisten kann, bildet er seine Wurzeln nur rudimentär aus“.
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Für eine lebenswerte Stadt
„Wir sehen in Städten und Kommunen vieler Länder ein enormes Interesse an solchen Lösungen“, so Leybold. Denn das vollautomatische System gewährleistet eine wetterabhängige Bewässerung, einen minimalen Wasserverbrauch und sorgt für ein gesundes Baumwachstum. Mit den positiven Effekten, wie beispielsweise CO2 Speicherung oder auch Kühlung, trägt der Baum und die smarte Bewässerung zur Verbesserung des Stadtklimas bei. „Im Mittelpunkt unserer Entwicklung der smarten Bewässerung stehen der Baum und die lebenswerte Stadt“, fasst Asmussen zusammen.
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