Abflussbeiwerte auch für Regenspeicher?
Mit dem Ziel Trinkwasser zu sparen wurde in den 1990er Jahren der Bau von Zisternen bezuschusst. Der Plan ging zwar auf, allerdings sorgen die DWA- und DIN-Regelwerke aktuell für Konfusion, da in diesen keine Abflussbeiwerte für Regenspeicher angegeben sind. Doch dieses Problem könnte mit der nächsten Aktualisierung der DIN 1986-100 behoben werden.
DIN und DWA sind die bedeutendsten Regelgeber zum Thema Regenentwässerung. Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) und Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung (fbr) spielen eine Rolle, wenn es um Verkehrsflächen, Gründächer und Regenspeicher geht. Alle sind sich einig: Für die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung ist von Vorteil, wenn Niederschläge vor Ort bleiben, also genutzt, versickert oder verdunstet werden.
Unterschiede bei Abflussbeiwerten
Ist zusätzlich eine Regenableitung erforderlich oder muss ein Speicher bzw. eine Versickerungs- oder Behandlungsanlage dimensioniert werden, benutzen Planer bei einfachen Bemessungsverfahren den statischen/fixen Abflussbeiwert der zu entwässernden Fläche – unabhängig vom Verlauf des Regenereignisses. Als Rechenfaktor ohne Einheit liegt er bei 0,0 (kein Abfluss) oder 1,0 (100% Abfluss des auftreffenden Niederschlags) oder dazwischen. Gründächer haben in allen Regelwerken übereinstimmend den Wert 0,3 bei mehr als 10 cm Aufbau und 0,5 bei weniger als 10 cm. Das ist eindeutig und gibt Planungssicherheit. Bei anderen Flächenarten – speziell Kiesdächer, Rollkies- und Pflasterflächen – variieren die Werte je nachdem, welches Regelwerk benutzt wird. Das verunsichert wiederum.
Schäden und juristische Folgen
Versierte Ingenieure werden große Abflüsse mit dynamischen Oberflächenabflussmodellen simulieren. Die hier thematisierten statischen Abflussbeiwerte sind nur für die einfachen Fälle empfehlenswert, bei denen vor allem Planer tätig werden, die nicht auf Siedlungswasserwirtschaft spezialisiert sind. Deshalb müssen für diese Anwendergruppe die Auswahlkriterien in den Regeln der Technik, nicht nur in Kommentaren, eindeutig und nachvollziehbar vermittelt werden. Sonst können Fehler sowie Schäden und als Folge davon juristische Auseinandersetzungen entstehen.
Retentionsleistung der Regenspeicher
„Trinkwasser sparen durch Regenwassernutzung“ hieß das Motto, als in den 1990er Jahren der Bau von Zisternen durch mehrere Bundesländer bezuschusst wurde. Der über Jahrzehnte angestiegene Trinkwasserbedarf der Haushalte sollte reduziert und damit immer größere Fernwasserversorgungen verhindert werden. Diese Rechnung ging auf. Statt 147 Liter pro Person und Tag damals liegt der durchschnittliche Bedarf im deutschen Haushalt heute bei 120 Liter. Der Stand der Technik bei Regenwassernutzung wurde in DIN 1989:2002-04 dokumentiert.
Nutzung, Versickerung und Verdunstung
Technische Regeln und Niederschlagsgebühren
Regeln für Gründächer vorhanden
Mit einem Abflussbeiwert von 0,5 für extensive und 0,3 für intensive Bauweise ist die Dachbegrünung seit vielen Jahren in den unterschiedlichen Regeln der Technik präsent und damit der Regenwassernutzung um einige Nasenlängen voraus. Es ist an der Zeit, einen entsprechenden Wert auch für Regenspeicher bei der Aktualisierung von Normen zu verankern. Auf dieser Grundlage können dann die Kommunen Abschläge bei der Niederschlagsgebühr machen – wichtig für Regenwassernutzer mit bestehenden Anlagen, die den vorhandenen Überlauf ihres Speichers nicht vom Kanal abhängen und die Versickerung auf dem eigenen Grundstück einrichten können.
Abschläge für die Niederschlagsgebühr möglich
Tatsächlich gibt es schon Städte, die in diesem Sinne mit gutem Beispiel vorangehen: Darmstadt (wo die fbr ihre Geschäftsstelle hat) sowie Stuttgart, Ulm, Mannheim, Baden-Baden und Friedrichshafen. Der Gemeindetag Baden-Württemberg veröffentlichte am 20. Oktober 2010 Vorschläge zur Bemessung der Niederschlagsgebühr in seiner Mustersatzung. In § 40a nennt er unter anderem Maßnahmen, die trotz Überlauf in die Abwasserbeseitigungsanlagen zu einer reduzierten Gebühr führen: Hier ein Auszug dieser Empfehlung: „… Bei Regenwassernutzung, ausschließlich zur Gartenbewässerung, werden die Flächen um 8 qm je cbm Fassungsvolumen reduziert. Bei Regenwassernutzung im Haushalt oder Betrieb werden die Flächen um 15 qm je cbm Fassungsvolumen reduziert. Dies gilt nur für Zisternen, die fest installiert und mit dem Boden verbunden sind…“ Eine Übernahme in weiteren Kommunen ist wahrscheinlich.
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Zum Autor
Klaus W. König, Fachbuchautor, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Mitglied DIN-Ausschuss Wasserrecycling/Regen- und Grauwassernutzung, Lehrbeauftragter an der Uni Stuttgart sowie an den Hochschulen Neubrandenburg und Reutlingen.
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