Vergleich zwischen EH40 und EH55 - so teuer ist Energieeffizienz
Bundesbauministerin Klara Geywitz hat vorgeschlagen, die geplante Verschärfung der Energiestandards für Neubauten auszusetzen. Bislang war bei den Förderkriterien für den Wohnungsbau ein Energieeffizienzstandard EH40 ab 2025 vorgesehen. Zu welchen Mehrkosten das beim Hausbau führen würde, zeigt ein Vergleich mit EH55 bei einem Mehrfamilienhaus.
Die Förderkriterien für den Wohnungsbau und die Sanierung sollen nach dem Willen der Bundesregierung stärker an die Treibhausgasemissionen gekoppelt werden. Der Investitionsbedarf dafür ist enorm. Aber stehen Kosten und Nutzen in einem vertretbaren Verhältnis?
Die bisherigen Bemühungen der Bauwirtschaft zur CO2-Reduzierzung können sich sehen lassen: Zwischen 1990 und 2022 sanken die Emissionen um rund 47 Prozent. Im Jahr 1990 betrugen die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor noch 210 Millionen Tonnen, bis zum Jahr 2022 wurden die Emissionen auf rund 112 Millionen Tonnen reduziert, obwohl der Wohnungsbestand in diesem Zeitraum um knapp 30 Prozent bzw. um über neun Millionen Wohnungen angewachsen ist.
Ein deutlicher Unterschied zwischen den verschiedenen Wirtschaftsbereichen besteht in der Investitionshöhe, um eine Tonne Treibhausgasemissionen einzusparen. Der Investitionsbedarf in der Industrie beträgt im Median zwischen 35 bis 157 Euro, um bei Produktions- und Industrieprozessen eine Tonne CO2 einzusparen, im Wohnungsbau beträgt der notwendige Investitionsbedarf zwischen 950 bis zu 4.369 Euro (EH40), um durch verbesserte Gebäudeeffizienz eine Tonne Treibhausgasemissionen einzusparen. Die Kosten für höhere Neubauanforderungen sind also sehr hoch. Ist der Nutzen ebenso hoch?
Studie vergleicht Lebenszyklus-Kosten für EH40 und EH55
In einer gemeinschaftlichen Studie haben das Pestel Institut, die ARGE Kiel und die LCEE die Lebenszykluskosten nach den Kriterien des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) beziehungsweise für das Effizienzhaus 40 (EH40) und Effizienzhaus 55 (EH55) ermittelt.
Noch spielen Gas- und Ölversorgung eine große Rolle in der Energieversorgung, und zwar bei 75 Prozent aller Haushalte. Betrachtet werden hier Kosten und Nutzen für den Betrieb von Wärmepumpen. Fernwärme wäre zwar nach den Autoren der Studie die bessere Wahl, kann aber derzeit nur 14,3 Prozent aller Haushalte versorgen. Betrachtet wird ein Mehrfamilienhaus mit zwölf Wohnungen und rund 880 Quadratmeter Wohnfläche. Es wird von derzeitigen Energiepreisen ausgegangen.
Energiekosten Mehrfamilienhaus im Vergleich der Verordnungen
Der Energiebedarf des Mehrfamilienhauses mit Betrieb einer Wärmepumpe in Kilowattstunden pro Jahr beträgt nach
- GEG: 30.835 Kilowattstunden pro Jahr
- EH55: 26.007 Kilowattstunden pro Jahr
- EH40: 22.811 Kilowattstunden pro Jahr
Beim Betrieb einer Wärmepumpe betragen die Emissionen je Quadratmeter Wohnfläche in Tonnen CO2-Äquivalent über 50 Jahre durch Herstellung, Betrieb und Entsorgung je Quadratmeter Wohnfläche nach
- GEG: 710 Tonnen CO2
- EH55: 702 Tonnen CO2
- EH40: 689 Tonnen CO2
Diesem relativ geringen Einspareffekt bei den CO2-Emissionen stehen erhöhte Investitionskosten je Quadratmeter Wohnfläche gegenüber:
- GEG: 2.558 €
- EH55: 2.634 €
- EH40: 2.689 €
Die bislang wenig beachteten laufenden Kosten für Instandhaltung und Austausch je Quadratmeter Wohnfläche pro Jahr steigen rasant bei hohen Effizienzstandards:
- GEG: 39,7 €
- EH55: 48,1 €
- EH40: 58,9 €
Ernüchternd ist aus Verbrauchersicht ein Vergleich der Kosten je eingesparter Tonne CO2 bei unterschiedlichen Effizienzstandards:
- GEG: 2.171 €
- EH55: 4.718 €
- EH40: 7.523 €
Die Lebenszykluskosten eines MFH in der Übersichtstabelle (50 Jahre)
Mehrfamilienhaus mit Wärmepumpe | Energiebedarf p.a. | CO2-Emissionen pro qm | Investitionskosten pro qm | Instandhaltungskosten pro qm/Jahr | Kosten pro eingesparter t CO2 |
GEG | 30.835 kW/h | 710 t | 2558 EUR | 39,7 EUR | 2171 EUR |
EH55 | 26.007 kW/h | 702 t | 2634 EUR | 48,1 EUR | 4718 EUR |
EH40 | 22.811 kW/h | 689 t | 2689 EUR | 58,9 EUR | 7523 EUR |
Quelle: ARGE Kiel/LCEE/Pestel Institut: Wohnungsneubau THG-Emissionen, Energieverbrauch und Kosten im Lebenszyklus. Dezember 2022
Höhere Energiestandards, deutlich höhere Kosten
Dass die Wahl eines höheren Effizienzstandards zwar den Energieverbrauch senkt und damit die CO2-Emissionen, dürfte unbestritten sein. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass dies auch zu deutlich höheren Kosten führt. „Insbesondere die in der Vergangenheit oft vernachlässigten höheren Kosten für Wartung, Instandhaltung und den Austausch von Bauteilen über den Betrachtungszeitraum von 50 Jahren beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit“, heißt es dort. Der bisher erreichte Standard nach dem Gebäudeenergiegesetz stelle bereits das Optimum dar. Vor diesem Hintergrund seien weitere ordnungsrechtliche Verschärfungen für die Energieeffizienz von Wohnungsneubauten auch in Bezug auf den Nutzen für die Mieterinnen und Mieter mittelfristig nur dann sinnvoll, wenn sie fördertechnisch begleitet und ausgeglichen würden, so die Autoren.
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