Düstere Halbjahresbilanz: 20 Prozent weniger Baugenehmigungen
Auch im Juni ist die Zahl der Baugenehmigungen im Wohnungsbau weiter zweistellig zurückgegangen. Mit nur noch genehmigten 17.600 Wohnungen wurde das Niveau des Vorjahresmonats um 19 Prozent unterschritten. Hoffnung auf eine Belebung ist für das Baugewerbe weiterhin nicht in Sicht.
Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres 106.700 Wohnungen genehmigt, 21,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Am stärksten sank die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser, nämlich um 30,9 Prozent, bei den Zweifamilienhäusern sank sie um 14,9 Prozent. Im Mehrfamilienhausbau verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen um 20,8 Prozent, nachdem in dieser Sparte schon im Vorjahr ein Rückgang um 25 Prozent verzeichnet wurde.
„Wir steuern auf das schwächste Genehmigungsniveau seit dem Jahr 2010 zu. Der Wohnungsmangel in Ballungsgebieten und ihrem Umland sowie in vielen Regionalzentren wird dadurch zementiert,“ kommentiert Tim Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB). Halte die aktuelle Genehmigungsflaute an, würde im Jahr 2024 mit rund 45.000 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern der bisherige Tiefpunkt des Jahres 2008 um die Hälfte unterboten, so Müller.
Weniger Wohnungsbau in Europa
Aber nicht nur in Deutschland kriselt der Wohnungsbau. Noch deutlicher geht der Wohnungsbau in Skandinavien zurück. Während die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in Deutschland um 15 Prozent zurückgehen wird, werde sich die Zahl in Finnland und Schweden gegenüber 2023 etwa halbieren, heißt es von der Forschergruppe Euroconstruct, der das Münchener ifo Institut angehört. Positive Zahlen kommen demnach nur aus Polen, Irland und Spanien. „Der europäische Wohnungsbau leidet unter gestiegenen Zinsen und der gesunkenen Kaufkraft“, so ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister. „Den deutschen Wohnungsneubau belasten darüber hinaus die stark überhöhten Baukosten.“
Zu wenig Impulse: Wohnungsbau ist einfach zu teuer
Neben den relativ hohen Zinsen sieht die Bauwirtschaft die Gründe für die Wohnungsbaukrise in zu hohen gesetzlichen Vorgaben. "Vor allem wegen hoher Bauzinsen und strenger Energieanforderungen ist das Bauen für viele unerschwinglich geworden beziehungsweise es rentiert sich einfach nicht mehr", sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). "Die bisher von der Bundesregierung gesetzten Impulse sind zu schwach, um den Wohnungsbau wieder in Schwung zu bringen." Zwei Drittel aller Wohnungen in Deutschland würden private Bauherren bauen. Gerade sie aber seien angesichts der schwierigen Finanzierungsbedingungen mehr denn je auf die Förderung des EH 55-Standards angewiesen und hofften schon lange auf attraktivere Förderungen. "Die Bundesregierung sollte sich endlich zu ihren eigenen Zielen bekennen und mehr in den Wohnungsbau investieren", so Pakleppa.
Wohnungsbau-Krise: Bundesländer stehen auf der Bremse
Zwar betone die Bundesregierung ihren Willen, günstigen Wohnraum zu schaffen, mehr Aufträge für konkrete Projekte gebe es aber nicht. Eine Lösung sieht Müller im industriellen Bauen, mit dem Mieten um über 20 Prozent gesenkt werden könnten. „Hingegen helfen immer neue staatliche Anforderungen und Vorgaben nicht weiter“, so der HDB-Hauptgeschäftsführer. Vor allem die Bundesländer sieht er in der Pflicht. Sie sollten dem Beispiel Niedersachsens folgen und ihre Landesbauordnungen entschlacken. Einige Länder agierten hier „noch mit angezogener Handbremse“.
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In Niedersachsen wurde jüngst die Landesbauordnung novelliert. Grenzabstände wurden reduziert, so dass Gebäude größer gebaut werden können, und die Bedingungen für Aufstockung und Dachgeschossausbau wurden vereinfacht. Zudem ist die Pflicht, beim Wohnungsbau Autostellplätze zu schaffen, weggefallen. "Könnten wir in allen 16 Bundesländern so bauen, würden auch wieder mehr bezahlbare Wohnungen entstehen", so Pakleppa. "Die Landesbauordnungen sind das schärfste Schwert, um das Bauen zu vereinfachen.“
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