„Wir setzen alles daran, Beton klimafit zu machen“
Doka will bis 2040 klimaneutral sein. Dabei setzt der Schalungs- und Gerüsthersteller auf Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft. Geschäftsführer Frank Müller erklärt im Interview, wie mit intelligenten Schalungen und digitalen Lösungen die Transformation der Bauindustrie vorangebracht werden kann.

Herr Müller, Doka hat sich erklärtermaßen zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Wie wollen Sie das schaffen? An welchen Stellschrauben setzen Sie an?
Frank Müller: Wir sehen hier zwei große Stellschrauben: Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft. Warum Kreislaufwirtschaft? Weil das Abfallaufkommen in der Baubranche eine große Herausforderung ist. Somit müssen wir uns als Industrie überlegen: Wie schaffen wir es, die Materialien länger im Kreislauf zu führen und so durch effiziente Kreislaufwirtschaft weniger Abfälle zu verursachen?
Der zweite große Hebel ist die Dekarbonisierung. Hier ist der erste Schritt, bei uns selbst anzusetzen, sprich unseren eigenen Corporate Carbon Footprint zu minimieren. Dazu hat Doka eine klare Roadmap mit Maßnahmen: In Bezug auf Scope 1 und Scope 2 Emissionen zum Beispiel haben wir uns das Ziel gesetzt, bis 2030 unseren Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. In Deutschland beziehen wir seit 2025 ca. 98% unseres Verbrauchs aus 100% Ökostrom. Außerdem stellen wir unsere Pkw-Flotte sukzessive auf E-Fahrzeuge um. Aber auch unsere Produkte sind zentral, weil natürlich sowohl die Energie, die wir zu deren Produktion brauchen, als auch die Materialien, die wir einsetzen, die wesentlichste Rolle spielen, wie wir unser Net-Zero-Ziel erreichen. Das war mit ein Grund, warum wir den CO2-Fußabdruck all unserer 7.000 Produkte berechnet haben. Unsere Ziele lassen wir wissenschaftlich validieren und sind dazu als erstes Schalungs- und Gerüstunternehmen weltweit der Science Based Targets initiative beigetreten.
Im zweiten Schritt geht es bei der Dekarbonisierung dann um die Frage, wie wir ein Bauwerk unter Anwendung neuartiger Technologien planen, bauen und betreiben können, damit es keine Treibhausgasemissionen produziert. Das sind Themen, bei denen die Bauindustrie als Ganzes gefordert ist, und wir als Doka möchten hier mittels vielfältiger Initiativen und Innovationen als starke Partnerin unseren Kunden und Kundinnen zur Seite stehen.
Beton gilt ja als der Klimaschädling am Bau schlechthin. Gleichzeitig bedeutet Schalung immer auch Beton. Ist das kein Widerspruch in Sachen Nachhaltigkeit?
Frank Müller: Natürlich ist Beton einer der ganz großen Emittenten von CO2. Gleichzeitig ist er aufgrund seiner einzigartigen bauphysikalischen Eigenschaften aber auch einer der unverzichtbarsten Baustoffe. Ob bei der Schaffung von Wohnraum oder bei der vielerorts dringend notwendigen Sanierung unserer Infrastruktur – Beton wird auch in den nächsten Jahren aus dem modernen Bauen nicht wegzudenken sein. Umso wichtiger ist es, dass wir alles daransetzen, diesen Baustoff klimafit zu machen. Das beschäftigt uns als Doka natürlich ganz stark, denn wir agieren direkt an der Nahtstelle Schalung-Beton und können so einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Bauen mit Beton leisten.
Die Zementindustrie arbeitet an CO2-reduzierten Betonen. Vor welche Herausforderungen stellt das einen Schalungshersteller?
Frank Müller: Zunächst einmal begrüßen wir diese Entwicklung, denn wenn wir auf Beton nicht verzichten können, müssen wir ihn als Hebel gegen die Klimakrise einsetzen. Die meisten Treibhausgasemissionen von Beton sind auf den Klinker im Zement zurückzuführen. Also verringert die Industrie dessen Anteil im Zement, folglich im Beton. Dadurch hat der Beton aber ein anderes Aushärtungsverhalten: Er härtet wesentlich langsamer aus, besonders bei niedrigen Außentemperaturen. Deshalb forschen wir als Schalungsherstellerin natürlich intensiv daran, wie unsere Produkte die breite Anwendung von klimafreundlicheren Betonmischungen nicht nur unterstützen, sondern vielmehr noch befeuern können. Wir arbeiten daher an einem Prototypen einer intelligent beheizbaren Schalung. Dieser war bereits Mittelpunkt des vom österreichischen Klimaministeriums geförderten Forschungsprojekts RCC2. Dabei ging es darum, neue Wege auszuloten, mit denen an gleiche Leistungsfähigkeit zu bisherigen Betonmischungen angeknüpft werden kann. Aktuell ist unser Prototyp auf Baustellen-Praxistests unterwegs. Ein besonderer Härtetest war sicherlich mitunter der Einsatz im norwegischen Trondheim, mit Außentemperaturen von um die -15° Celsius. Beim Bau einer Schule setzte das Bauteam der Firma Veidekke weltweit erstmals komplett auf eine Betonmischung mit CEM III, die stark klinkerreduziert ist. Hier kam auch unser Prototyp einer intelligent beheizbaren Schalung zum Einsatz, der bei geringen Temperaturen für eine zusätzliche Frühfestigkeit sorgt.

Inwieweit kann die Schalung „intelligent“ werden und das Bauen mit Beton dadurch dekarbonisieren, sprich: klimafreundlicher machen?
Wie ist der aktuelle Stand beim Forschungsprojekt RCC2?
Frank Müller: Die Studie ist als solche abgeschlossen. RCC2 war ja eine Art Folgeprojekt. Gegentand der ersten Studie war der CO2-reduzierte Beton selbst. Dabei hatte man festgestellt, dass dieser aufgrund des geringeren Klinkeranteils im Zement vor allem bei niedrigen Temperaturen langsamer aushärtet. Winterversuche im Rahmen der zweiten Studie haben gezeigt, dass unser Prototyp einer intelligent beheizbaren Schalung die Festigkeitsentwicklung dieser klimafreundlicheren Betonmischungen fördert und Schäden durch niedrige Temperaturen verhindert. Damit wird die Schalung zu einem wichtigen Wegbereiter für den breiten Einsatz von CO2-reduziertem Beton.
Sie hatten eingangs von Kreislaufwirtschaft gesprochen. Welche Strategien verfolgen Sie, um Schalungen länger im Baukreislauf zu halten?
Frank Müller: Seit unseren Anfängen Mitte der 1950er Jahre, als die ersten Schalungsplatten für den Donaukraftwerksbau entstanden sind, setzt Doka konsequent auf hochwertige Materialien. Wir designen unsere Produkte so, dass diese über Jahrzehnte hinweg im Markt eingesetzt werden können. Dadurch müssen weniger neue Produkte produziert werden und der Bedarf an Rohstoffen wie Holz, Stahl oder Aluminium sinkt. Diese Philosophie führte schlussendlich auch zur Entwicklung des Doka-Mietmodells, einem per se kreislauforientierten Geschäftsmodell. Insbesondere, wenn bestimmte Schalungssysteme auf Baustellen nur einmalig benötigt werden. Außerdem ist es so oftmals wirtschaftlicher für unsere Kunden und Kundinnen. Gerade bei großen Ingenieurbauten – Brücken, Tunnel etc. – handelt es sich ja um Unikate bei der Schalungslösung. Für Bauunternehmen wäre es nicht rentabel, beispielsweise einen ganzen Schalwagen zu kaufen, den können sie bei Projekt B nie wieder genau in der Form einsetzen wie bei Projekt A. Geschweige denn den Lagerplatz dafür bereitzuhalten. Wir hingegen können die Einzelteile bei anderen Projekten wieder neu einplanen und einsetzen, so dass wir das vorhandene Material bestmöglich nutzen.
Schalungen mieten ist also ein Beitrag zum nachhaltigen Bauen?
Frank Müller: Ja, durch den Mietservice wird der Lebenszyklus der Produkte verlängert, was den Materialverbrauch und Abfall reduziert. Wir wollen Kunden und Kundinnen aber auch beim Erhalt ihrer eigenen Schalungselemente unterstützen. Deshalb bieten wir als weiteren Service den Doka-Geräteservice, der Kundeneigenmaterial reinigt und repariert, also neben Doka-Schalungen auch Material von anderen Anbietern, und ermöglichen damit den vielfachen Einsatz. Während das Mietservice schon lange angeboten wird, ist der Geräteservice relativ neu.
Als erster in der Branche hat Doka schon vor drei Jahren begonnen, einen CO2-Fußabdruck bei ihrer Schalungen auszuweisen. Nützt das nicht nur dann, wenn alle das tun?

Was bedeutet für Doka die anhaltende Baukrise in Deutschland und Europa?
Frank Müller: Das gleiche wie für die Bauwirtschaft und die deutsche Wirtschaft insgesamt: 2025 wird nochmal ein enormer Kraftakt. Hinter uns allen liegt ein schwieriges Jahr. Die Prognosen für die Baubranche deuten ab 2025 auf eine zaghaft positive Trendwende in Europa hin, mit einer leichten Wachstumsrate von durchschnittlich 0,6 %. Die europäischen Länder mit den besten Prognosen für 2025 sind laut Euroconstruct (EC) vor allem Irland, Polen und die Nordischen Länder. Sorgenkind bleibt aber länderübergreifend der Wohnungsbau, mit Ausnahme von Spanien. Wenn wir wieder auf uns nach Deutschland blicken, dann erwarten Experten ab 2026 einen deutlicheren Aufwärtstrend.
Am 23. Februar ist die Bundestagswahl. Was meinen Sie müsste eine neue Regierung tun, um den Bau in Deutschland wieder auf Kurs zu bringen?
Frank Müller: Ich sehe das als eine Gesamtaufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, nämlich dass wir alles tun müssen, um die Wirtschaft in Deutschland generell wieder zum Laufen zu bringen. In der Bauwirtschaft steckt aus meiner Sicht aktuell das größte Potential im dem Wohnungsbau, aus mehreren Gründen. Erstens macht er mehr als 50 Prozent an der deutschen Bauwirtschaft aus. Wenn wir hier wieder Schwung reinbringen, stärkt das die Bauindustrie und alle angeschlossenen Gewerke. Zweitens ist der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum nochmal immens gestiegen, gerade weil der Sektor in den letzten Monaten, fast Jahren, so eingebrochen ist. Drittens haben sich die ökonomischen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau wie Zinsen und Kosten gebessert. Und viertens gibt es ja etliche genehmigte Projekte für sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau, die bisher nur on hold sind. Wenn nun wieder mehr Investitionen in den Wohnungsbau folgen, ist das sicherlich eine treibende Komponente, um die Bauindustrie in Deutschland kurzfristig wiederzubeleben. Mittel- und langfristig bleiben es die bekannten Maßnahmen wie Vereinfachung der Baugenehmigungsverfahren und -vorschriften sowie mehr Automatisierung und Digitalisierung.
Die bauma 2025 in München steht vor der Tür. Welche Neuheiten können wir von Doka erwarten?
Frank Müller: Eine spannende Produktinnovation ist die neue Xlife top-Platte, da sie sowohl auf das Konto Nachhaltigkeit als auch Rentabilität einzahlt. Die Platte ist zu 100% recycelbar und der Plattenkern besteht aus 100% recyceltem Kunststoff. Durch die erhöhte Lebensdauer hat die neue Schalungsplatte im Vergleich zu marktüblichen Schalungsplatten einen wesentlich geringeren CO2-Fußabdruck. Die neue Platte bedient aber auch Trends und Kundenwünsche wie eine längere Lebensdauer, mehr Baustelleneinsätze sowie ein optimiertes Beton-Ergebnis. Am Ende ihres Lebenszyklus werden die Platten zurückgenommen und wieder in denselben Kreislauf zurückgeführt.
Ein Publikumsmagnet auf der Messe wird sicherlich auch unser Schalungsroboter DokaXbot Lift sein, der als Finalist beim bauma Innovationspreis 2025 nominiert wurde. Denn damit zeigen wir, wohin der Trend geht beim automatisierten Schalen von Decken: mehr Sicherheit, Ergonomie und Wirtschaftlichkeit durch die Automatisierung standardisierbarer Arbeiten. Der DokaXbot Lift ist übrigens Teil der DokaXdek-Familie, unserer neuesten Systemfamilie im Bereich Deckenschalung. Seit Markteinführung Ende 2022/Anfang 2023 hat sich DokaXdek in Deutschland als eine unserer beliebtesten Deckenschalungen etabliert. Das System haben wir seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Das ausgereifte System stellen wir nun, gute zwei Jahre später, auf der kommenden bauma vor.
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Letzte Frage: Was wird Ihr persönliches Highlight auf der bauma 2025?
Frank Müller: Bei den Produkten sind meine persönlichen Top 3 unser Modulgerüst Ringlock, dann unser schweres Traggerüst UniKit und die angesprochene Xlife top-Platte. Und natürlich ist die bauma wie immer eine willkommene Möglichkeit, um Kunden und Kundinnen sowie Kollegen und Kolleginnen aus aller Welt in diesem einzigartigen Ambiente persönlich wiederzusehen.
Vielen Dank, Herr Müller, für das Gespräch! ➡ Über die Neuheiten auf der bauma hält Sie der B_I MEDIEN Messe-Ticker zur bauma 2025 auf dem Laufenden.
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