Neue Gefahrstoffverordnung: Baugewerbe hofft auf weitere Prüfung
Der Bundesrat hat die neue Gefahrstoffverordnung abgenickt. Sie verpflichtet nicht den Bauherren, sondern die bauausführenden Unternehmen zur Asbest-Überprüfung bei Gebäudesanierungen. Das Baugewerbe spricht von Vertrauensbruch und "bürokratischem Irrsinn". Allerdings ist vielleicht das letzte Wort noch nicht gesprochen.
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Das Bundeskabinett hatte am 21. August die novellierte Gefahrstoffverordnung verabschiedet. Danach sollen künftig sanierungswillige Bauherren dazu verpflichtet werden, alle ihnen vorliegenden Informationen zur Bau- oder Nutzungsgeschichte über mögliche Gefahrstoffe bereitzustellen. Sind dagegen keine Asbest-Informationen über den früheren Bau oder Umbau des Gebäudes vorhanden, soll der Bauherr auch nicht verpflichtet werden, eine Untersuchung vornehmen zu lassen.
Asbest-Erkundung: Länder fordern Bundesregierung zur weiteren Prüfung auf
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, wertet die Entscheidung des Bundesrats als "verpasste Chance, den größtmöglichen Schutz für Mensch und Umwelt zu erreichen". Allerdings gibt es noch ein Fünkchen Hoffnung: In einer Entschließung haben die Länder die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, ob nicht doch eine anlassbezogene Asbesterkundung durch die Bauherren angezeigt sei. "Wir hoffen sehr, dass die Empfehlung der Länder umgesetzt wird,“ so Pakleppa.
Asbest in etlichen sanierungsbedürftigen Gebäuden
Bis 1993 durfte in Deutschland das krebserregende Asbest verbaut werden. Es findet sich in einem erheblichen Teil aller vor 1993 gebauten Häuser in Deutschland und muss bei Sanierungen fachmännisch entsorgt werden. In einem sogenannten „Nationalen Asbest-Dialog“ hatten die Bundesregierung, Gewerkschaft, Berufsgenossenschaft, Baugewerbe und Wohnungswirtschaft sich zuvor darauf verständigt, dass der Eigentümer bzw. Bauherr eines Gebäudes erkunden müsse, ob und welche Gefahrstoffe bei der Sanierung zu erwarten seien, und diese Informationen den Bauunternehmen für ihr Angebot zur Verfügung stellen müsse. Die neue Gefahrstoffverordnung wurde jetzt ohne diese Verpflichtung verabschiedet.
Gefahrstoffverordnung nimmt Bauhandwerk in die Pflicht
Das Baugewerbe reagierte mit Enttäuschung, denn nach der neuen Verordnung sind die Baufirmen in der Pflicht: Beginnen sie mit einer Sanierung, müssen sie selbst jeweils das Gebäude auf Asbest untersuchen. Sind mehrere Gewerke an einer Sanierung beteiligt, muss jede Firma für ihren Bereich eine eigene Überprüfung beauftragen. „Statt Bauherren in die Verantwortung zu nehmen für ihre Sanierungsprojekte, sollen unsere Betriebe und Beschäftigten nun allein sicherstellen, dass sie sich nicht einem erhöhten Gesundheitsrisiko aussetzen. Das ist realitätsfern und ein absolutes No-Go“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Die meisten Baufirmen seien gar nicht in der Lage, eine Asbestuntersuchung fachkundig durchzuführen, warnte er. Es sei nicht auszuschließen, dass manche Beschäftigte die Gefahr unterschätzen würden. Damit würden sie einem „unnötigen Gesundheitsrisiko ausgesetzt“, so der ZDB-Hauptgeschäftsführer.
Pakleppa: Gefahrstoff-Novelle darf so nicht kommen
Der ZDB und weitere Verbände hatten bereits im August gegen die Novelle protestiert. Besonders verärgert zeigte sich das Baugewerbe, weil nun die gemeinsamen Ergebnisse des jahrelangen Asbestdialogs Makulatur seien. „Offenkundig befürchtet die Bundesregierung, dass eine Einbeziehung der Bauherren in die Verantwortung für Asbest diese abhalten könnte, ihre Gebäude energetisch zu sanieren“, so Pakleppa. Nun drohen Sanierungen künftig teurer zu werden, sich zu verzögern oder nicht sachgerecht ausgeführt zu werden.
Bramann: Bundesregierung gefährdet Gesundheit von Handwerkern
Mit dem Streichen der Asbest-Erkundungspflicht für Bauherren riskiere man unklare Gefährdungssituationen für die Beschäftigten der ausführenden Fachbetriebe zum Beispiel aus dem SHK-Handwerk, dem Elektrohandwerk und dem Dachdeckerhandwerk, kritisierte Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK). "Handwerksbetriebe und deren Beschäftigte können Asbestbelastungen in Gebäuden, in denen Sie arbeiten sollen, nicht vorhersehen. Entsprechende Untersuchungen kann rein rechtlich nur ein Gebäudeeigentümer veranlassen. Die jetzige Regelung ist insofern so praxisfremd wie unverantwortlich", so Bramann.
IG Bau: Neue Gefahrstoffverordnung als "Skandal"
Auch die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) hatt gefordert, die Verordnung zu stoppen. „Die Bundesregierung knickt vor den Eigentümerverbänden und der Wohnungswirtschaft ein und nimmt in Kauf, dass sich tausende Baubeschäftigte mit dem tödlichen Asbest in Gefahr bringen. Das ist ein ungeheuerlicher Skandal", sagte IG Bau-Bundesvorstand Carsten Burckhardt. „Da bricht doch das völlige Chaos aus: Die Fensterbauer starten eine Untersuchung, und finden nichts, die Fliesenleger werden fündig und die Parkettverleger lassen eine Asbestanalyse erst gar nicht machen." Nötig sei eine Gesamtuntersuchtung auf Kosten des Bauherren, so Burckhardt. Die IG Bau hatte erst im letzten Jahr eine Asbest-Charta herausgegeben, in der unter anderem ein Asbest-Gebäudepass sowie ein Asbest-Kataster gefordert wird.
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Nach Schätzungen sterben pro Jahr etwa 1.500 Menschen an den Folgen von Asbestbelastungen, viele davon frühere Handwerker, noch mehr wahrscheinlich Heimwerker. Noch immer stecken Millionen Tonnen asbesthaltiger Baustoffe in den Gebäuden, nicht nur in Eternitplatten, sondern auch in Fensterkitt, Fliesen- und Teppichklebern, Rohren, Putz oder Estrich.
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