Erfolgshaftung: Ansprüchen vorbeugen mit Fachkunde
Der Auftragnehmer eines Werkvertrags schuldet dem Auftraggeber ein zweckentsprechendes und funktionstaugliches Werk, sonst gilt es als mangelhaft. Diese Erfolgshaftung bei Bauvorhaben sorgt immer wieder für Streit um Nachträge und Zusatzvergütungen.
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Ein etwas sperriger rechtlicher Begriff bringt Auftragnehmer bei Bauvorhaben immer wieder in Probleme. Es geht um die sogenannte „Erfolgshaftung“. Auftragnehmer müssen nicht einfach auf der Baustelle arbeiten, sondern sie müssen einen bestimmten Erfolg herbeiführen. Der Gedanke der Erfolgshaftung ist in vielen Situationen zu beachten:
- Der Auftragnehmer muss eine Leistungsbeschreibung prüfen, ob sie zu einer mangelfreien Leistung führt. Tut sie dies nicht, muss er den Auftraggeber hierauf hinweisen.
- Tut der Auftragnehmer dies in der Phase der Ausschreibung nicht, kann er keine Zusatzansprüche geltend machen, wenn eine mangelfreie Leistung mehr/andere Leistungen erfordert.
- Dies ist bereits relevant für das „Lesen“ des Vertrages und seine Kalkulation, aber auch für die Durchsetzung von Nachträgen.
- Für einen kundigen Bieter zu erwartende Leistungen sind auch dann von der ursprünglichen Vergütung umfasst, wenn sie nicht ausdrücklich benannt werden.
- Auch Behinderungen etc. können auf solche zusätzlich erforderlichen Leistungen nicht gestützt werden.
- Die gleiche Prüfpflicht trifft den Auftragnehmer während der Ausführung. Er muss die Leistungsbeschreibung, Anordnungen des Auftraggebers etc. prüfen und ggf. Bedenken anmelden. Verstößt er gegen die Pflicht zur Bedenkenanmeldung, haftet er für einen dadurch entstandenen Mangel.
Sachkundiger Auftragnehmer vorausgesetzt
Der Gesetzgeber hat dabei einen kompetenten Auftragnehmer vor Augen, der sach- und fachkundig ist. Im BGB wird dieser Gedanke zum Beispiel in § 633 Abs. 2 BGB als Teil der Mangelfreiheit einer Leistung definiert. Danach ist eine Werkleistung frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. „Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, … wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte […] Verwendung eignet […].“ Es kommt also darauf an, dass die Leistung tatsächlich für den vereinbarten Zweck verwendet werden kann. Dies muss der Auftragnehmer durch seine Leistungen, aber auch durch seine Prüfungen und ggf. Bedenkenanmeldungen sicherstellen. Der Auftragnehmer darf sich dabei nicht auf den Buchstaben des Vertrages verlassen, sondern selbständig prüfen und ermitteln, ob die Leistung den erkennbaren Erwartungen des Auftraggebers gerecht wird.
Bei Misserfolg: Auftragnehmer in der Haftung
In vielen Fällen ist der Auftragnehmer dem nicht gerecht geworden und musste daher für Mängel einstehen: So muss ein Dach dicht sein. Ist es das nicht, ist es mangelhaft. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht (vgl. zum Beispiel OLG Frankfurt v. 06.05.2019 - 29 U 199/16). Genauso selbstverständlich ist es, dass eine Gebäudeabdichtung dicht sein muss. Auch das ist wird von Auftragnehmern nicht immer beachtet (vgl. OLG Brandenburg v. 22.12.2015 - 4 U 26/12), wobei sich der Auftragnehmer nicht allein darauf berufen kann, ein Fachingenieur bzw. Architekt habe die Ausführung geplant. Wände in einem Eigenheim und einem Treppenhaus müssen schalldicht sein, was zugegebenermaßen dann schwierig zu ermitteln ist, wenn es keine aktuelle Schallschutznorm gibt (BGH BauR 1999, S. .37).
Dies allein schützt den Auftragnehmer aber nicht vor einer Haftung. Der Auftragnehmer muss auch die Rahmenbedingungen und die vom Auftragnehmer gestellten Vor- und Teilleistungen bedenken. So muss eine Anlage funktionieren, und zwar auch dann, wenn ein hierfür erforderliches Teil vom Auftraggeber gestellt wird. Der Auftragnehmer müsste die Geeignetheit dieses Teils prüfen und ggf. den Auftraggeber auf die fehlende Eignung hinweisen (BGH v. 10.06.2010 - Xa ZR 3/07). Eine Heizungsanlage muss ein Haus wärmen. Tut sie dies nicht, haftet der Auftragnehmer auch dann, wenn die zu verwendende Abwärme aus einem Blockheizwerk des Auftraggebers stammt (BGH v. 08.11.2007 - VII ZR 183/05).
Beispiel: Durchbrüche müssen geruchsdicht sein
Der Entscheidung liegt der Gedanke der „Sowieso“-Kosten zugrunde: Hätte der Auftragnehmer die Leistungsbeschreibung rechtzeitig geprüft und Bedenken angemeldet, hätte der Auftraggeber wohl die zusätzlich erforderlichen Leistungen beauftragt und hierfür von Anfang an eine zusätzliche Vergütung vereinbart. Dieser eigentlich ganz schlüssige Ablauf (Prüfung – Hinweis – zusätzliche Beauftragung) wurde aber eben nicht beachtet, und so mussten sich die Vertragspartner sechs Jahre lang und durch zwei Instanzen streiten.
Zusätzliche Leistungen ohne zusätzliche Vergütung
Mit dieser Formulierung erledigt das OLG Düsseldorf nicht nur einen möglichen Nachtragsanspruch wegen zusätzlicher Leistungen, sondern lehnt mit einem kurzen Schwenk auch noch etwaige Ansprüche wegen einer verlängerten Bauzeit ab. Diese Ablehnung hätte vermutlich auch den Auftragnehmer in dem vom Kammergericht entschiedenen Fall erwischt, da er gegen seine Prüf- und Hinweispflichten verstoßen und damit die Ursache für eine etwaige Bauzeitverlängerung gesetzt hat. Die Mehrkosten durch eine verlängerte Bauzeit sind eben gerade keine „Sowieso“-Kosten, sondern vermeidbare Extra-Kosten.
Zwei ähnliche Fälle – zwei unterschiedliche Urteile
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf greift eine langjährige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf, die exemplarisch an zwei Fällen beschrieben werden soll. In beiden Fällen ging es Rückbaumaßnahmen und einen damit verbundenen Bodenaustausch. In beiden Fällen trat eine Kontamination auf, und die Vertragsparteien stritten sich darum, ob der Auftragnehmer die Beseitigung dieser Kontamination zusätzlich bezahlen musste oder nicht. Diese Kontamination war in den Leistungsbeschreibungen jeweils nicht genannt. Soweit sind die beiden Fälle identisch – aber das Ergebnis ist völlig unterschiedlich. In einem Fall hat der BGH dem Auftragnehmer dem Nachtrag zugestanden, im anderen nicht (BGH v. 22.12.2011 - VII ZR 67/11 und v. 21.3.2013, VII ZR 122/11).
Es gab allerdings bei den beiden Sachverhalten einen ganz wichtigen Unterschied, der zu den unterschiedlichen Ergebnissen geführt hat. In dem Fall, den der Auftragnehmer verlor, hatte sich nach den Feststellungen des BGH aus den in der Leistungsbeschreibung beschriebenen Umständen klar und eindeutig ergeben, dass der im Leistungsverzeichnis beschriebene Boden regelmäßig kontaminiert ist. Dies hat natürlich nicht der BGH selber festgestellt, sondern dies war Gegenstand von Gutachten durch gerichtlich bestellte Sachverständige. Nach diesen Gutachten war in diesem Fall für jeden Fachmann zu erkennen, dass mit einer solchen Kontamination fest zu rechnen ist. Daher musste der Auftragnehmer diese im ersten Fall auch von Anfang an bei der Entsorgung des Bodens einkalkulieren. Er konnte die vertraglich geschuldete Leistung des Bodenaustausches gar nicht vornehmen, ohne auf die Kontamination zu stoßen und diese zu beseitigen.
In dem anderen Fall, den der Bieter gewann, begründete der BGH den Anspruch des Auftragnehmers damit, dass der Auftraggeber nach Abschnitt 0 der VOB/C die entsprechende Angabe hätte machen müssen. Und ganz anders als im ersten Fall war die Kontamination in diesem zweiten Fall für den fachkundigen Bieter im Vorhinein nicht zu erkennen.
Fazit: Auftragnehmer müssen ihrer Fachkunde entsprechen
Der Vertrauensvorschuss von Gesetz und Rechtsprechung für die Auftragnehmer als kompetente und partnerschaftlich handelnde Fachleute ist also groß. Dem müssen Auftragnehmer gerecht werden, um selbst zu tragende Mehrkosten, Mängel und Schadensersatzansprüche des Auftraggebers vorzubeugen.
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