Die Besonderheiten des Verbraucherbauvertrags
Werkvertrag, Bauvertrag, Verbraucherbauvertrag: Ihre unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen führen zu unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten für den Bauunternehmer. Wer sein Projekt wirtschaftlich erfolgreich abschließen will, sollte die Unterschiede bei der Vertragsgestaltung, Kalkulation und Vertragsdurchführung genau kennen.
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Niemandem, der im Abdichtungsbereich unterwegs ist, muss man den Unterschied zwischen drückenden und nichtdrückenden Wasser erklären. Auch viele Eigentümer von Kellern mussten diese unauffällig klingende, aber technisch ganz wichtige Unterscheidung lernen, manche schmerzhaft und teuer. Es sind also manchmal die kleinen Unterschiede bei der Formulierung, die den Unterschied machen.
Im rechtlichen Bereich ist es nicht anders. Die unterschiedlichen Begriffe Werkvertrag, Bauvertrag und Verbraucherbauvertrag haben jeweils eine eigene Bedeutung und führen zu unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen und Handlungsmöglichkeiten. Und so wie im technischen Bereich auch viele Fragen mit sehr unterschiedlichen Auffassungen diskutiert werden, kann es auch in juristischen Bereich sein.
Ein Begriff, der im Moment intensiv diskutiert wird, ist der Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB. Das liegt daran, dass Verbraucher im europäischen und deutschen Recht besonders geschützt werden. Allgemein bekannt ist zum Beispiel die Widerrufsmöglichkeit beim Einkauf im Internet. Dies ist eine typische Maßnahme, um Verbraucher bei solchen Einkäufen zu sichern. Bei Verträgen über Bauleistungen geht es auch um den Wissensunterschied zwischen Bauunternehmern und Verbrauchern, ihre unterschiedliche wirtschaftliche Belastbarkeit und oft den Schutz vor Übervorteilung.
Kein Sicherungsrecht beim Verbraucherbauvertrag
Für Bauunternehmer macht sich der Unterschied zwischen einem normalen Bauvertrag i.S.d. § 650a BGB und einem Verbraucherbauvertrag i.S.d. § 650i BGB sehr deutlich bemerkbar, wenn es um die Absicherung von Bauunternehmen geht. Das Sicherheitsverlangen nach § 650f BGB ist eine einfache und sichere Möglichkeit, im Streitfall (und auch sonst) vom Auftraggeber eine Sicherheit zu fordern und bei deren Ausbleiben die Arbeiten einzustellen. Anders als bei der Arbeitseinstellung wegen einer überfälligen Rechnung kann sich der Auftraggeber nicht damit verteidigen, die Rechnung sei nicht prüffähig, die Leistungen seien mangelhaft oder überhaupt nicht erbracht.
Eine typische Fallgestaltung, bei der Auftragnehmer über eine Bauhandwerkersicherung nachdenken, ist das Ausbleiben von Zahlungen. Im Werkvertragsrecht muss der Auftragnehmer vorleisten, d.h. er wird erst nach Ausführung der Leistungen bezahlt. Bei Bauverträgen im rechtlichen Sinne kommt hinzu, dass er seine Leistung auch noch prüffähig abrechnen muss. Dies und die Ausführung der Leistungen ist oft hoch streitig. Es sind Fälle bekannt, in denen bei der Ausführung von Einfamilienhäusern bis zur Hälfte des Wertes vom Auftraggeber einfach nicht gezahlt wurde und der Auftragnehmer deswegen verzweifelt eine Möglichkeit suchte, keine weiteren Arbeiten für diesen Bauherrn ausführen zu müssen. Gerade bei Einfamilienhäusern stellt sich das Problem, dass dies sogenannte Verbraucherbauverträge sein können und der Auftragnehmer das einfache und unkomplizierte Sicherungsrecht nach § 650f BGB nicht hat.
Definition: Wer ist „Verbraucher“?
Einfach ist es noch in der Regel, festzustellen, ob der Auftraggeber Verbraucher ist. Verbraucher ist nach der gesetzlichen Definition in § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Um festzustellen, ob jemand als Verbraucher handelt, muss man also feststellen, ob beide Voraussetzungen vorliegen. Beispiel: Wenn der Geschäftsführer einer großen Baugesellschaft in seinem Privathaus das Dachgeschoss ausbaut – dann ist er ein Verbraucher.
Wann aber hat man nun einen Verbraucherbauvertrag ohne Sicherungsmöglichkeit nach § 650f BGB und wann einen Bauvertrag mit Sicherungsmöglichkeit nach § 650f BGB? Die gesetzliche Definition in § 650i BGB verlangt für einen Verbraucherbauvertrag, dass der Bauunternehmer „zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude“ verpflichtet ist.
Was gilt für gewerkeweise Vergabe?
Im Moment wird darum gestritten, was bei einer gewerkeweisen Vergabe gilt. Der Tiefbauer, der Rohbauer oder der Dachdecker, der bei einem Neubau nur für seinen Fachbereich beauftragt wurde, jeder von ihnen wirkt natürlich am Bau eines neugebauten Gebäudes mit. Die Frage ist aber, ob er deswegen im Rechtssinn einen Verbraucherbauvertrag abgeschlossen hat. Das haben letzter Zeit die Gerichte unterschiedlich entschieden. Für das Vorliegen eines Verbraucherbauvertrages auch bei gewerkeweiser Vergabe hat sich beispielsweise OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.03.2022 - 5 U 52/21, ausgesprochen, gegen das Vorliegen hingegen OLG München, Urteil vom 09.06.2022 - 20 U 8299/21 Bau.
Rechtsansprüche eröffnen Handlungsoptionen
Auch wenn der Praktiker jetzt vielleicht den Kopf wiegt und sich die Frage stellt, was ihm das bringt, ist eins klar: Es geht bei rechtlichen Ansprüchen immer um unternehmerische, wirtschaftliche Handlungsmöglichkeiten, und ein Unternehmer muss wissen, ob ihm eine bestimmte Handlungsmöglichkeit ganz sicher, vielleicht oder gar nicht offensteht. Und da der Auftraggeber seinerseits ganz genau vor der gleichen Problematik steht, kann das Drohen mit einem (möglicherweise risikobehafteten) Sicherheitsverlangen dennoch auf der Baustelle eine hoffentlich fruchtbare Diskussion in Gang setzen.
Widerrufsrecht des Verbrauchers beim Verbraucherbauvertrag
Die Frage der Bauhandwerkersicherung ist nicht die einzige Besonderheit bei Verträgen mit Verbrauchern. In der Praxis manchmal unbekannt ist zum Beispiel das Widerrufsrecht des Verbrauchers. Ganz grob steht dem Verbraucher bei Vertragsabschlüssen unter bestimmten Umständen das Recht zu, den Vertrag zu widerrufen. Ein solches Widerrufsstimmrecht steht jedem Verbraucher bei jedem Verbraucherbauvertrag zu. Damit schließt sich der Kreis zu der oben dargestellten Frage, wann ein solcher Vertrag vorliegt und wann nicht. Auch dies muss der Unternehmer bei seiner Vertragsgestaltung und etwaigen Belehrungen seines Auftraggebers unbedingt beachten, um nicht in die wirtschaftlich erfolgreiche Durchführung des Vertrages in Gefahr zu bringen.
Widerspruch hält Zahlung auf
Betroffen sind außerdem Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden, etwa auf Messen - aber auch wenn der Verbraucher die Vertragsunterzeichnung zu Hause vornimmt und dem Unternehmer die Vertragsannahme dann zuschickt. Tückisch ist an dem Widerrufsrecht vor allem, dass ohne eine Belehrung durch den Bauunternehmer ein Widerruf bis zu einem Jahr lang erklärt werden kann. Innerhalb dieses Jahres ist die Leistung aber in der Regel ausgeführt.
Hat der Verbraucher die ausgeführten Leistungen nicht bezahlt, entfällt durch einen fristgerechten Widerspruch erst einmal die Zahlungspflicht des Verbrauchers. Natürlich muss er die erhaltenen Leistungen zurückgegeben. Oft ist eine solche Rückgabe aber gar nicht möglich. So kann eine Baugrube nicht zurückgegeben werden, oder eine eingebaute Trockenbauwand kann man nicht einfach entfernen und dem Bauunternehmer wieder aushändigen. In diesen Fällen kommt es zu einem sogenannten Wertersatz. Diesen muss der Verbraucher an den Unternehmer zahlen. Die Höhe dieses Wertersatzes ist aber nur schwer festzustellen und eigentlich immer niedriger als der vereinbarte Werklohn.
Wichtig: Ordnungsgemäße Belehrung
Deswegen sollten Unternehmer bei Verträgen mit Verbrauchern unbedingt darauf achten, genau die Anforderungen für eine Widerrufsmöglichkeit zu prüfen und den Verbraucher dann hierüber ordnungsgemäß zu belehren. Dies verkürzt die Widerrufsfrist auf zwei Wochen. Es bleibt dann dem Bauunternehmer nur zu empfehlen, entweder diese zwei Wochen abzuwarten oder eine erweiterte Belehrung zu erteilen. Es ist auch möglich, eine gewünschte sofortige Durchführung durch eine erweiterte Belehrung abzusichern.
Informationen über den Vertragsgegenstand
Es gibt noch weitere Besonderheiten bei Verbraucherbauverträgen. So hat der Gesetzgeber besondere Anforderungen an die Information der Verbraucher über den Vertragsgegenstand in das Gesetz aufgenommen - also an die Leistungsbeschreibung. Dabei geht es weniger um technische Fragen als um rechtliche Anforderungen. Hält ein Unternehmer die Anforderung etwa der VOB/C an die Lastbeschreibung ein, ist das in der Regel zwar technisch ausreichend, nicht aber unbedingt rechtlich. Hinzukommen müssen z.B. klare und vollständige Preisangaben.
Änderungsvereinbarung und Abschlagszahlung
Rechtliche Unterschiede gibt es außerdem noch bei Änderungsvereinbarungen. So spricht einiges dafür, dass eine geänderte Vergütung nur dann verlangt werden kann, wenn sie ausdrücklich vereinbart ist. Auch bei Abschlagszahlungen gelten Besonderheiten, so darf der Auftragnehmer nach § 650m Abs. 1 BGB maximal 90 Prozent der ihm zustehende Vergütung in Abschlagsrechnungen abrechnen. Außerdem muss der Auftragnehmer Sicherheiten stellen, so § 650m Abs. 2 BGB. Es kann sogar passieren, dass der Auftraggeber bei geänderten oder zusätzlichen Leistungen diese Sicherheitsleistung erhöhen muss.
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Fazit: Juristische Feinheiten beachten
Es ist kein Wortgeklingel, wenn es darauf ankommt, ob ein Vertrag mit einem Verbraucher ein Bauvertrag oder ein Verbraucherbauvertrag ist. Unternehmen müssen mit dieser Unterscheidung umgehen können und sich bei Vertragsgestaltung, Kalkulation und Vertragsdurchführung bewusst machen, dass sie gegebenenfalls besondere Anforderungen einhalten müssen. So ist das schließlich auch bei drückenden und nichtdrückenden Wasser.
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