Konzepte für den seriellen Wohnungsbau
In Deutschland werden zu wenige bezahlbare Mietwohnungen gebaut. In den Ballungszentren herrscht deshalb mittlerweile ein enormer Nachfragedruck. Kann seriell und modular gefertigter Wohnraum zur Lösung beitragen? Bauliche Konzepte dafür liegen jedenfalls vor.
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Spürbare Engpässe und deutliche Mietsteigerungen sind vielerorts die Folge von Wohnungsmangel. Insbesondere Haushalte mit niedrigen, aber zunehmend auch diejenigen mit mittleren Einkommen haben Schwierigkeiten, eine für sie bezahlbare Wohnung zu finden. Das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ hat sich unter Federführung des Bundesbauministeriums zum Ziel gesetzt, Wege zu finden, wie der Wohnungsknappheit gerade in den Ballungszentren begegnet werden kann.
Mithilfe serieller und modularer Bauweisen sollen Kosten- und Zeitvorteile erzielt werden, so ein Ergebnis der Baukostensenkungskommission. Zusammen mit dem GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. und der Bundesarchitektenkammer (BAK) hat das Ministerium einen Wettbewerb für Anbieter unterschiedlicher serieller Bauweisen ausgeschrieben.
Europaweite Ausschreibung für serielles Bauen
Gegenstand des europaweiten Wettbewerbs „Serielles und modulares Bauen“ war die Entwicklung eines variablen, modularen Systems für den Neubau mehrgeschossiger Wohnbauten in serieller Bauweise. Die Wohngebäude sollten mit hoher architektonischer und städtebaulicher Qualität zu reduzierten Baukosten und unter Berücksichtigung baukultureller Belange zu realisieren sein. Ziel war es, die Gewinner des Wettbewerbs in eine Rahmenvereinbarung mit dem GdW einzubinden. Insbesondere kommunalen Wohnungsunternehmen, die öffentliche Auftraggeber sind und unter das Vergaberecht fallen, sollte damit ermöglicht werden, auf die bereits vorgeplanten Wohnungsbauvorhaben zuzugreifen und diese nach entsprechender Einzelkonfiguration in ihrem jeweiligen örtlichen Zuständigkeitsbereich zu realisieren. Die Konzeptpapiere der Gewinner-Entwürfe umfassen daher einen konkreten Leistungskatalog mit festen Preisen und beispielhaften „Modellgebäuden“.
Bei dem grundsätzlich technologieoffenen Ausschreibungsverfahren stand die Entwicklung und Realisierung zukunftsfähiger Wohnkonzepte in serieller und modularer Bauweise im Fokus, die für die jeweiligen Nutzungserfordernisse variabel ausgerichtet werden können. Dabei waren wirtschaftliche sowie Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Temporärer Wohnungsbau war nicht darunter zu fassen. Die Wohnbauten sollten dabei so flexibel sein, dass sie an unterschiedliche Standortbedingungen angepasst werden können.
Zuschlag für neun Konzepte
Über 40 Bietergemeinschaften hatten sich um eine Teilnahme am Wettbewerb beworben. 15 von ihnen wurden eingeladen, ihre Konzepte einzureichen. Neun der Konzepte haben den Zuschlag erhalten und wurden in der Rahmenvereinbarung berücksichtigt. Die Angebotspreise für die neun Modellgebäude lagen zwischen 2.000 und 3.200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und damit unter den durchschnittlichen Herstellungskosten für Mehrfamilienhäuser in Deutschland. Die in der neuen Vereinbarung festgeschriebenen Preise gelten für fünf Jahre.
Die neun Konzepte kommen von:
- Lechner Immobilien Development GmbH, Frankfurt am Main
- AH Aktiv-Haus GmbH, Stuttgart
- Max Bögl Modul AG, Neumarkt
- Goldbeck Ost GmbH & Goldbeck Nordost GmbH, Ludwigsfelde
- Alho Systembau GmbH, Friesenhagen
- Solidbox GmbH, Heek
- Lukas Lang Building Technologies GmbH, Wien
- Arge MBN Bau AG und Patriarche, Georgsmarienhütte
- Hullak Rannow und Züblin AG, Neu-Ulm
Mit der nun abgeschlossenen Rahmenvereinbarung erhalten Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland die Möglichkeit, ihre Wohnungsneubauprojekte schneller, einfacher, kostengünstiger und in hoher Qualität zu realisieren. Die Zeitersparnis ergibt sich insbesondere dadurch, dass Teile der Projektausschreibung und -vergabe sowie der Planung eines vorgesehenen Wohnungsbaus durch die Rahmenvereinbarung vorweggenommen werden – und durch kürzere Baustellenzeiten dank der Vorfertigung von Bauteilen. Aus den neun Angeboten des neuen Rahmenvertrags können Wohnungsunternehmen das für sie passende Modellgebäude auswählen, das anschließend in erster Linie nur noch an das vorhandene Grundstück angepasst werden muss.
Vorgabe: Modellgebäude mit 24 Wohneinheiten
Zu den zentralen Anforderungen an die eingereichten Angebote gehörten beispielsweise eine gestalterisch ansprechende Architektur, städtebaulich variable Gebäude, eine Minimierung von Verkehrsflächen, ausreichende Belichtung für Wohnkomfort und Energieeffizienz, kompakte und flächeneffiziente Wohnungsgrundrisse, ein Drittel barrierefrei nutzbare Wohnungen, energieeffiziente und nachhaltige Gebäudekonzepte sowie ein hohes Maß an Standardisierung zugunsten von zeit- und kostensparendem Bauen.
Der entscheidende Vorteil zur herkömmlichen, projektbezogenen Ausschreibung: Der in der Regel vorgeschriebene EU-Ausschreibungsprozess wurde im Vorfeld durch den Abschluss des Rahmenvertrages vorweggenommen.
Die Vorgabe an die Anbieter sah ein unterkellertes Einzelgebäude mit 24 Wohneinheiten in unterschiedlicher Größe von 45 bis 115 Quadratmeter vor. In weiteren drei Varianten sollten Gebäude in vier, fünf und sieben Vollgeschossen angeboten werden. Alle drei Baukörper wurden als Punkthaus, Zeilen- und Blockrand-Bebauung auf dem Mustergrundstück nachgewiesen. Die verbleibende Freifläche war als Bewegungs- und Grünfläche sowie als Freisitz vorgesehen.
Die angebotenen Systeme unterschieden sich sowohl in der Wahl des Baustoffes (Stahlbeton, Stahlrahmenbauweise, Holz) als auch durch einen unterschiedlichen Grad der Vorfertigung. Nachfolgend werden einige unterschiedliche Systeme vorgestellt.
Industrielles Bausystem von Max Bögl
Bei dem von dem Unternehmen Max Bögl unter der Bezeichnung „Maxmodul“ vertrieben System sind Boden und Wände sind Stahlbeton, während die Zwischendecken aus einer Holzleichtbaukonstruktion bestehen. Eine hohe Vorfertigung ergibt sich durch die Montage und den Ausbau der Module bereits im Werk. Dadurch verkürzt sich die Bauzeit und ermöglicht eine schnelle Nutzbarkeit.
Mit den Raummodulen in zwei Längen können durch horizontale Addition und vertikale Stapelung nahezu alle Wohnungsgrößen und -typen konfiguriert werden. Bis zu acht Geschosse sollen nach Herstellerangaben möglich sein. Die serielle Fertigung im Werk erlaubt eine witterungs- und jahreszeitenunabhängige Herstellung. Die kontrollierte serielle Fertigung im Werk soll eine hohe Präzision ermöglichen. Das Basismodul kann horizontal und vertikal zu unterschiedlichen Gebäudekonfigurationen zusammengefügt werden. Das angebotene Modellgebäude war ein Mittelflurgebäude mit innenliegender Erschließung.
Stahllösung von Alho
Der Vorschlag von Alho basiert auf Raumzellen aus einer selbsttragenden Stahlrahmenkonstruktion mit Trockenbauausfachung und Wärmedämmverbundsystem. Diese Raumzellen bilden das Grundmodul, das sich flexibel, längs und quer in einem „Modulbaukasten“ im Planraster 3,75 m x 7,50 m verwenden lässt. Funktionale, gut nutzbare Grundrisse sollen so möglich sein. Ein hohes Maß an Vorfertigung ermöglicht eine schnelle Nutzung.
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Seine charakteristische Gestalt erhält das Modellgebäude durch vorgehängte Balkone und einen gebäudehohen Rücksprung im Eingangsbereich. Vorgehängte Balkonplatten sind zum Teil versetzt zur Fensterachse angeordnet. Die Fassade bildet ein WDVS mit einer Oberfläche aus fugenlosem, grauen Reibeputz. Das Energiekonzept sieht Fußbodenheizung und Pellet-Brennwertkessel vor.
Massiv und fugenfrei von Lechner
Vorbild Lego bei Aktiv-Haus
Ein Konzept mit Holzbaumodulen bot die Aktiv-Haus GmbH aus Stuttgart an. Vor Ort können die zu 95 % vorgefertigten Module wie Legosteine zu verschiedenen Nutzungseinheiten kombiniert werden. Angeboten wurden acht unterschiedliche Wohnungstypen von 40,5 – 134,5m², die entweder aus einem oder der Kombination von bis zu drei, komplett im Werk vorgefertigten Modulen bestehen.
Hoher Vorfertigungsgrad bei Goldbeck
Die vorgestellten Beispiele sind Systeme des seriellen und modularen Bauens und bieten schnellen und kostengünstigen Wohnraum, ohne dabei Zugeständnisse an eine hohe Wohnqualität zu machen. Sie könnten dazu beitragen, der Wohnungsknappheit gerade in Ballungsgebieten zu begegnen.
Lesen Sie zum Thema serielles und kostengünstiges Bauen auch:
- Wohnungsbau: Bewährte Systembaukästen statt serielles Bauen
- - Gröner: "Wir bauen noch wie vor 2000 Jahren"
- Wie Hansestädte Wohnraum für alle schaffen
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