Wacker Neuson testet erweiterte Realität in der Wartung
Kommunikation mit Spezialisten im Werk: Der Servicemonteur schaut sich mit der Brille, die über Gesten, Sprache und Kopfbewegung gesteuert wird, einen bestimmten Bereich einer Maschine an. Das Bild der integrierten Kamera wird an die Kollegen übertragen. | Fotos: Wacker Neuson

Digitalisierte Prozesse ermöglichen in vielen Bereichen der Industrie eine schnellere und effizientere Arbeitsweise. Der Baumaschinenhersteller Wacker Neuson erprobt zum Beispiel schon seit einiger Zeit den Einsatz von Virtual, Mixed und Augmented Reality. Er setzt diese Technologien, bei denen die Realität entweder mit digitalen Informationen ergänzt oder vollständig virtuell nachgebildet wird, in der Entwicklung neuer Baumaschinen ein, beispielsweise bei der Positionierung von Anbauteilen, beim Vergleich zwischen alten und neuen Versionen sowie bei der Prüfung der Rundumsicht des Fahrers und der Bewegung von Objekten.

Im Bereich Service wächst durch die steigende Komplexität der Baumaschinen und den Mangel an Technikern im Feld der Bedarf, die Mitarbeiter im Feld zu unterstützen, indem man ihnen zum Beispiel Informationen in Echtzeit zur Verfügung stellt. Dadurch können Ausfallzeiten vermieden werden, die entstehen, wenn Maschinen zur Reparatur in die Werkstatt gebracht werden müssen. Wacker Neuson testet daher, wie Servicemitarbeiter auf der Baustelle mit Hilfe von Augmented-Reality-Geräten in Echtzeit mit Spezialisten in den Landeszentralen und Werken kommunizieren können. Auch andere Hersteller wie zum Beispiel Volvo CE unterstützen ihre Servicemonteure mit Lösungen für Ferndiagnose und Fernwartung.

Seit 2017 testet Wacker Neuson hierfür verschiedene Hardware-Optionen, um den bestmöglichen Nutzen für seine Kunden und die Zusammenarbeit mit ihnen zu erreichen. „Wir haben im ersten Halbjahr 2017 mit der Hololens 1 einen Flächentest in der Schweiz gemacht“, erzählt Franz Rimböck, Head of Digitalization bei der Wacker Neuson Group. Dieser erste Test mit der Datenbrille des Herstellers Microsoft war allerdings recht schnell beendet, weil die Servicetechniker die Brille zurückschickten mit dem Hinweis, dass man bei Gegenlicht nichts sehen könne. Mit diesem Urteil sei diese Hardware für die angepeilte Anwendung „gestorben“, so Rimböck.

Die nächste Generation des Brillenmodells, die Hololens 2, habe man zwar schon angeschafft. Den Feldtest in Österreich hätten aber bislang die Covid-19-bedingten Reisebeschränkungen verhindert. „Parallel dazu testen wir auch Tablets, mit denen wir diesen Prozess ebenfalls darstellen können“, sagt Rimböck. Diese Geräte werde man auf jeden Fall einführen, bei den Datenbrillen hänge dies von den Ergebnissen des Feldtests ab. „Es ist einfach eine Frage der Zeit, bis eine Technologie Kosten-Nutzen-mäßig perfekt für unsere use cases im Service passt“, gibt er zu bedenken. Verlaufen die Tests positiv, dann könne die Umsetzung sehr schnell gehen.

Franz Rimböck ist als Head of Digitalization seit fünf Jahren bei der Wacker Neuson Group.
Franz Rimböck ist als Head of Digitalization seit fünf Jahren bei der Wacker Neuson Group.

Weniger Werkstattaufenthalte

Und daran haben sicher auch die Anwender ein Interesse, denn sie profitieren von der Echtzeit-Unterstützung der Servicetechniker durch Augmented Reality. „Durch die Kommunikation mithilfe von AR-Technologien kann die Fehleranalyse schneller durchgeführt werden. So werden Ausfallzeiten vermieden, die entstehen, wenn Maschinen zur Reparatur in die Werkstatt gebracht werden müssen“, erklärt Rimböck, der mit etwa 30 Prozent weniger „Rücklauf“ dieser Art rechnet. Zusätzlich zu dieser Echtzeit-Unterstützung arbeitet Wacker Neuson an Erklärvideos, die – ähnlich den zum Beispiel bei Heimwerkern beliebten „how-to“-Videos auf youtube – Servicetechnikern eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für häufig auftretende Servicefälle bieten sollen. „Das hat den Vorteil, dass wir sprachunabhängige Inhalte anbieten können“, erklärt Rimböck.

Durch die AR-Technik können die Serviceabteilungen von Wacker Neuson die durchgeführte Arbeit auch professionell dokumentieren und anschließend unter anderem als Video für Schulungszwecke nutzen. Zudem können Schulungsteilnehmer einen virtuellen Schulungsraum betreten und Lerninhalte mit den Augen des Schulungsleiters sehen, der die Datenbrille trägt. Wacker Neuson schult so zum Beispiel schon seine US-amerikanischen Händler auf neue Produkte. Der Reiseaufwand wird so deutlich gesenkt, und bei Bedarf kann sehr schnell eine große Personenzahl geschult werden.

Digitale Umstellung braucht Zeit

„Derzeit wird die AR-Technik noch nicht flächendeckend in unseren Niederlassungen eingesetzt“, sagt Rimböck und erklärt auch, warum: Das Thema flächendeckend im Service auszurollen, sei mit einer „ganzen Reihe operativer Themen“ verbunden, zum Beispiel mit den notwendigen Schulungen. Es werde viel über Augmented Reality gesprochen, entscheidend sei aber der Prozess im Hintergrund. Rimböck hat bei anderen Herstellern beobachtet, „dass Produkte auf den Markt gebracht und dann wegen geringer Akzeptanz wieder runtergenommen werden“, weil die Prozesse im Hintergrund unzureichend gewesen seien. Diesen Fehler will Wacker Neuson mit seinem Produkt nicht machen und hat daher Prozesse wie zum Beispiel die Content-Erstellung parallel gestartet. „Es ist wichtig“, sagt Rimböck, „wenn man das flächendeckend etabliert, dass die Technologie auch den Reifegrad hat, dass die Akzeptanz da ist und dass der Content da ist.“

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Für den neuen Test in Österreich seien er und sein Team gut gewappnet und daher zuversichtlich, „dass wir dieses Mal auch den Durchbruch erreichen“, meint Rimböck. Wichtig sei dabei auch der Faktor Mensch: Man könne nicht voraussetzen, dass jeder Servicetechniker auf Anhieb mit der neuen Technik zurechtkomme und sich sofort damit anfreunde. „Die jungen Kollegen sind oftmals sehr viel offener“, sagt Rimböck, und auch in anderen Regionen der Welt, zum Beispiel in China, habe man gute Erfahrungen gemacht. „Die nächste Generation von Servicetechnikern wird das schon im Blut haben, und ich glaube, dass uns das helfen wird, unsere Servicequalität ganz stark zu verbessern und auch gute, neue Servicetechniker zu finden und auszubilden.“

Blick durch die Augmented-Reality-Brille aus Sicht des Servicetechnikers: Durch Gestensteuerung können beispielsweise verschiedene Tutorials angewählt (hier im Bild) oder Anrufe getätigt werden. Dabei hat der Servicetechniker die Hände frei und kann direkt an der Maschine arbeiten.
Blick durch die Augmented-Reality-Brille aus Sicht des Servicetechnikers: Durch Gestensteuerung können beispielsweise verschiedene Tutorials angewählt (hier im Bild) oder Anrufe getätigt werden. Dabei hat der Servicetechniker die Hände frei und kann direkt an der Maschine arbeiten.
Rimböck sieht allerdings auch, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit noch eine enorme Lücke klafft, zum Beispiel beim Thema Mobilfunkempfang: „Wir reden hier über Augmented Reality, und in Wirklichkeit habe ich auf vielen Baustellen gar keine Chance. Das war auch der Grund, warum der erste Test in der Schweiz war.“ Er könne zwar nicht „mit hundertprozentiger Sicherheit“ sagen, dass Wacker Neuson die Technik innerhalb der nächsten Monate flächendeckend eingeführt haben werde. „Aber“, sagt Rimböck, „ich bin mir sehr sicher, dass wir die richtigen Schritte eingeleitet haben und das sehr zielgerichtet in die Richtung weitertreiben, so dass wir mittelfristig auf alle Fälle eine Lösung haben, die flächendeckend im Service einsetzbar ist.“ Diese soll dann nicht nur von den Wacker-Neuson-Niederlassungen, sondern ohne größere Anpassungen auch von Händlern und großen Bauunternehmen, die über eigene Servicetechniker verfügen, eingesetzt werden können.

Durchgängig digital

Digitalisierung im Service bedeutet für Wacker Neuson unter anderem auch vorbeugende Instandhaltung. Zentrale Voraussetzung dafür ist ein vollautomatischer, durchgängig digitaler Datenstrom über den gesamten Produktlebenszyklus. Ausgewertet werden diese Daten in der Cloud durch Machine-Learning-Algorithmen und Deep Learning. Dies erlaubt neue Instandhaltungsstrategien, mit denen Wacker Neuson rechtzeitig und vorbeugend die Maschinen der Kunden warten und servicieren kann. Gleichzeitig können die Daten dazu genutzt werden, dem Servicetechniker eine optimierte Visualisierung zur Verfügung zu stellen. „Für mich ist Augmented Reality im Service – vollintegriert und vollautomatisiert – der goldene Gral der digitalen Integration und des digitalen Produktlebenszyklus. Dann haben wir es geschafft, vom CAD, vom Engineering die Daten völlig durchzuintegrieren und den Kunden oder dem Servicetechniker immer die richtigen Metadaten zur Verfügung zu stellen“, so Rimböck abschließend.


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