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Talente gewinnen durch höheren „Coolness“-Faktor

In der Architektur-, Ingenieur- und Baubranche gibt es eine Talentlücke – und sie wird immer größer. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und die sich ändernden Erwartungen der Arbeitnehmer zwingen die Unternehmen der AEC-Branche zu neuen Personalstrategien: Arbeit am Bau muss „cooler“ werden.

Fachkräftemangel am Bau: Talente gewinnen durch höheren Coolness-Faktor
Augmented Reality sorgt für einen höheren "Coolness"-Faktor: Unternehmen der AEC-Branche finden leichter Nachwuchskräfte, wenn sie moderne Technologien einsetzen. | Foto: Bentley Systems/Adobe Stock

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Einem aktuellen Deloitte-Bericht zufolge gibt es im Baugewerbe nach wie vor viele offene Stellen, was auf das sinkende Interesse an der Branche, die alternde Bevölkerung und den Druck auf Talente aus Branchen wie der Technologie und dem Güterfrachtverkehr zurückzuführen ist. Associated Builders and Contractors, der Bauindustrieverband der USA, stellte fest, dass die Zahl der Beschäftigten im Baugewerbe im Alter zwischen 25 und 54 Jahren in den letzten zehn Jahren um 8 % zurückgegangen ist, während der Anteil der älteren Arbeitnehmer, die aus der Branche ausscheiden, gestiegen ist. Das Baugewerbe ist nicht allein – auch Architektur- und Ingenieurbüros sind mit dieser Entwicklung konfrontiert. Mehr als 82 % der Umfrageteilnehmer in der Architektur-, Ingenieur- und Baubranche-Branche (AEC) nannten einen angespannten Arbeitsmarkt und ausscheidende Arbeitskräfte als größte Herausforderung. Ein weiterer Faktor ist, dass viele jüngere Arbeitnehmer Branchen bevorzugen, die als „cool“ gelten, wie z.B. die High-Tech-Branche, sowie körperlich weniger anstrengende Tätigkeiten.

Strategien zur Überbrückung der Talentlücke am Bau

Die AEC-Branche steht vor der Frage, ob die Lücke bei Talenten und Qualifikationen nur ein vorübergehender Zustand oder die neue Normalität ist. Im zweiten Fall muss die Branche ihre Erwartungen und Strategien zur Anwerbung von Talenten anpassen. Sie fragen sich vielleicht: Was können wir als Unternehmen jetzt tun? Und wie stellen wir uns am besten für einen langfristigen Erfolg auf? Im Folgenden stellen wir einige Talentstrategien vor, die in kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen eingeteilt sind.

Gibt Hinweise zur Nachwuchsgewinnung in der AEC-Branche: Claire Rutkowski leitet seit 2016 bei Bentley Systems als Chief Information Officer die weltweite IT-Organisation des Unternehmens. | Foto: Bentley Systems
Gibt Hinweise zur Nachwuchsgewinnung in der AEC-Branche: Claire Rutkowski leitet seit 2016 bei Bentley Systems als Chief Information Officer die weltweite IT-Organisation des Unternehmens. | Foto: Bentley Systems

Kurzfristige Maßnahmen, die die Arbeit attraktiver machen

1. Junge Talenten Sinnhaftigkeit vermitteln

Zielen Sie auf die Sinnhaftigkeit ab. Neben einem Gehalt streben viele Arbeitnehmer unter den Millennials auch nach einem Gefühl der Sinnhaftigkeit. Laut Forbes ist die Wahrscheinlichkeit, dass Millennials im Unternehmen bleiben, dreimal höher, wenn sie glauben, dass ihre Arbeit eine Bedeutung hat. Die Branche als Ganzes hat bereits einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft: 83 % der AEC-Unternehmen fördern nachhaltige Entwurfs-, Entwicklungs- und Baupraktiken. Weitere 76 % unterstützen die nachhaltige Nutzung von Ressourcen und neuen Materialien. Ist Ihre Arbeitgebermarke auf Ihre Arbeit ausgerichtet, die einen sinnvollen Unterschied in der Welt macht? Eine weitere Möglichkeit für Unternehmen, jüngere Arbeitnehmer anzuziehen, besteht darin, ihre Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekte bekannt zu machen, z.B. wie Ihr Unternehmen dazu beiträgt, Gemeinden und Regionen auf der ganzen Welt mit Unterkünften, Strom, nachhaltiger Energie oder sauberem Wasser zu versorgen.

2. Flexible Arbeitsvereinbarungen

Bieten Sie flexible Arbeitsregelungen an. Der allgegenwärtige flexible Arbeitsplatz mag die hektische Reaktion auf eine Gesundheitskrise gewesen sein, doch flexible Arbeitsregelungen sind heute ein wichtiges und wünschenswertes Merkmal eines Arbeitsplatzes. Laut der Deloitte-Umfrage stimmen 91 % der Befragten zu, dass eine flexible und agile Personalstruktur AEC-Unternehmen dabei helfen kann, Talente anzuziehen und zu halten. Tatsächlich ist eine flexible Arbeitsvereinbarung einer der drei wichtigsten Beweggründe für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, noch vor besserer Bezahlung und besseren Karrieremöglichkeiten. Dies kommt nicht nur den Arbeitnehmern zugute. Wenn Ihr Unternehmen für Fernarbeit offen ist, haben Sie nicht nur die Wahl zwischen qualifizierten Bewerbern im Umkreis von 80 Kilometern, sondern von buchstäblich überall.

3. Sinnvolles Onboarding

Gestalten Sie das Onboarding, also das Einstellen und Einarbeiten neuer Mitarbeiter, unterhaltsam, einfach und ansprechend. Falls der Mangel an Talenten bestehen bleibt, müssen wir alle besser in der Lage sein, Arbeitskräfte so effizient und effektiv wie möglich einzuarbeiten. Nutzen Sie die Technologie, um Mitarbeitende auch aus der Ferne einzustellen und einzuarbeiten, und gestalten Sie den Prozess sinnvoll. Erwägen Sie, den Prozess auch kulturell zu fördern. Setzen Sie Mentoren oder Begleiter ein, die den Kontakt zwischen den Mitarbeitenden herstellen und ihnen helfen, sich in den internen Systemen zurechtzufinden. Gestalten Sie den ersten Tag ebenso produktiv wie spannend – erwägen Sie eine Checkliste zum ersten Arbeitstag.

4. Produktivität steigern durch Digitalisierung

Setzen Sie Technologien zur Steigerung der Produktivität ein. Kurzfristig sollten Unternehmen auch Technologien testen, die die benötigten Personal-Ressourcen verringern. So können beispielsweise Tools, die den Partnern in der Lieferkette einen sicheren Zugang zu relevanten Systemen ermöglichen, doppelte Einträge und zusätzliche Datenübertragungen vermeiden. Weitere produktivitätssteigernde Ideen sind Tools zur Automatisierung von Arbeitsabläufen, komponentenbasierter Entwurf und Ferninspektionen per Drohne.

Im Wettbewerb um die besten Köpfe sollten Unternehmen der Baubranche auf Digitalisierung und Vielfalt setzen. | Foto: Bentley Systems
Im Wettbewerb um die besten Köpfe sollten Unternehmen der Baubranche auf Digitalisierung und Vielfalt setzen. | Foto: Bentley Systems

Mittelfristige Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung am Bau

1. Mittelfristig sollten Sie die Förderung von Praktika, Lehrstellen und anderen Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Universitäten in Erwägung ziehen. So können gute Bewerberinnen und Bewerber gefunden und die Vielfalt erhöht werden.

2. Fördern Sie Lehrstellen. Lehrstellen sind eine hervorragende Möglichkeit, um vielfältige und talentierte Arbeitskräfte zu finden. Die AEC-Branche muss verschiedene Zugangswege in den Bereichen Planung, Ingenieurwesen und Bauwesen anbieten. Nicht alle Stellen erfordern ein vierjähriges Studium. Daher kann eine Ausbildung eine Alternative sein, um Bewerberinnen und Bewerber in der Praxis auszubilden und ihnen die notwendigen Qualifikationen zu vermitteln.

3. Verbessern Sie die Zugänglichkeit und Vielfalt. Eine bessere Zugänglichkeit ist ein weiterer Schlüssel zur Behebung des Mangels an Ingenieuren. Um die Talentlücke in der AEC-Branche zu schließen, brauchen wir mehr kluge Köpfe, nicht weniger. Wir benötigen Ingenieurabsolventen aus dem gesamten sozioökonomischen Spektrum. Ein leichterer Zugang und mehr Vielfalt verbessern Qualität und Einfluss.

4. Werfen Sie einen Blick ins Ausland. Während in der Vergangenheit die meisten Ingenieure ihre Ausbildung in den Industrieländern absolvierten, wird heute eine große Zahl von Ingenieuren in Schwellenländern wie Indien und China ausgebildet. Durch Fernarbeit kann ein größeres geografisches Gebiet abgedeckt werden.

Langfristige Strategien zur Nachwuchsgewinnung am Bau

1. Investieren Sie in die Ausbildung und das Bewusstsein für MINT. Wir müssen die begabtesten jungen Menschen für eine Karriere im Ingenieurwesen begeistern. Das bedeutet, „coole“ Technologien hervorzuheben. Es liegt in der Natur des modernen Ingenieurwesens, dass die Studierenden wahrscheinlich mit innovativen Spitzentechnologien wie digitalen Zwillingen, 3D-Druck, generativem Design, Robotik, Drohnen und künstlicher Intelligenz arbeiten werden.

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2. Schärfen Sie das Bewusstsein für die Arbeit von Ingenieuren. Im Vereinigten Königreich beispielsweise gibt fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler zwischen 11 und 19 Jahren an, dass sie wenig oder gar nichts über die Arbeit von Ingenieuren wissen. Eine Möglichkeit, das Bewusstsein dafür zu schärfen, liegt bei den Branchenverbänden. So wurde beispielsweise im Vereinigten Königreich eine Kampagne zur Sensibilisierung für das Ingenieurwesen gestartet, die sich an junge Menschen, ihre Eltern und Lehrer richtet. Durch Aktivitäten, Vorträge, Tage der offenen Tür und Marketingmaterialien ermutigte die Kampagne alle, Stereotype zu hinterfragen und eine Karriere im Ingenieurwesen in Betracht zu ziehen.

Langfristig sollten sich AEC-Unternehmen und Verbände verstärkt schon um junge Schüler bemühen und ihnen das Ingeniuerwesen näherbringen. | Foto: Bentley Systems/Adobe Stock
Langfristig sollten sich AEC-Unternehmen und Verbände verstärkt schon um junge Schüler bemühen und ihnen das Ingeniuerwesen näherbringen. | Foto: Bentley Systems/Adobe Stock

Fazit: Erwartungen der Arbeitskräfte ernst nehmen

Die AEC-Industrie ist für den Fortschritt der modernen Gesellschaft unverzichtbar. Um die Branche zu unterstützen und auszubauen, müssen die Unternehmen jedoch kreativ sein, wenn es darum geht, die Talentlücke zu schließen. Daher müssen AEC-Firmen den neuen Erwartungen der Arbeitskräfte Aufmerksamkeit schenken, sei es in Form von flexiblen Arbeitsregelungen oder besseren Onboarding-Erfahrungen. Digitale Technologie kann zudem die Effizienz steigern, sodass Unternehmen mit den gleichen Ressourcen mehr erreichen können. Mit den Möglichkeiten für Investitionen in Talentstrategien können Unternehmen jetzt handeln, um die Talentlücke zu schließen und wettbewerbsfähig zu bleiben.

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