Baugeld und persönliche Haftung
Beim Bauforderungssicherungsgesetz geht es um das Vermögen der Geschäftsführer. Wenn der nicht die ordnungsgemäße Verwendung des Baugelds nachweisen kann, haftet er persönlich. Für geschädigte Subunternehmer bietet das Gesetz gute Möglichkeiten, einen Schaden abzuwehren..
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Vor einigen Jahren ist ein kurzes Gesetz mit einem sperrigen Namen überarbeitet worden – das Bauforderungssicherungsgesetz (oder BaufordSiG). Warum es geht ist, schnell gesagt: um das persönliche Vermögen der Geschäftsführer oder anderer für die Finanzen Verantwortlicher. Sie sollen mit ihrem eigenen Vermögen haften, wenn ihre Firma erhaltene Gelder nicht ordnungsgemäß verwendet. Begünstigt sind vor allem Subunternehmer und Baustofflieferanten – und zwar in der ganzen Kette.
Worum geht es?
Diese Fallgestaltung hat das BaufordSiG im Auge:
Die Schnellbau GmbH hat den Auftrag, für den Auftraggeber Genausal ein Bürogebäude zu errichten. Dazu kauft die Schnellbau GmbH Baumaterialen wie Beton, Bewehrungsstahl etc. ein, außerdem bindet sie Subunternehmer. Der Auftraggeber Genausal zahlt seine Rechnungen pünktlich. Leider tun dies andere Auftraggeber von Schnellbau nicht, und so wird ein Teil der von Genausal gezahlten Gelder für eine andere Baustelle verwendet. Leider stellt noch ein weiterer Bauherr die Zahlungen ein und Schnellbau muss Insolvenz anmelden.
Jetzt verlangen die Lieferanten und Subunternehmer, die für die Baustelle von Genausal beauftragt wurden, vom Geschäftsführer persönlich Bezahlung ihrer Rechnungen. Dieser will sich damit verteidigen, dass allein die GmbH Vertragspartner war, nicht er persönlich. Die Subunternehmer und Baustofflieferanten behaupten, ohne das „Abzweigen“ für andere Baustellen hätten die Zahlungen von Genausal für sie gereicht.
Haftung mit persönlichem Vermögen
Wichtigster Begriff des Gesetzes ist „Baugeld“. Wird dieses Baugeld nicht ordnungsgemäß verwendet (oder kann die ordnungsgemäße Verwendung nicht nachgewiesen werden), so haftet der Verantwortliche. Diese Haftung ist eben immer dann besonders „interessant“, wenn wie im Beispielsfall eine Firma insolvent wird und ein Gläubiger noch kein Geld bekommen hat. Dann wird dieser Gläubiger nichts unversucht lassen, doch noch Geld zu erhalten, egal von wem. Und da kommt ihm eine Haftung nach dem BaufordSiG gerade recht! Für den betroffenen Angestellten der Insolvenz-Firma – im Beispiel der Geschäftsführer – ist diese Situation ganz besonders unangenehm: Er soll mit seinem persönlichen Vermögen haften aber sein Arbeitgeber ist insolvent und wird ihm wohl kaum etwas erstatten.
Wer haftet?
Wer trägt dieses Risiko? Entscheidend kommt es darauf an, ob eine Person tatsächlich auf die Verwendung der eingegangenen Zahlungen Einfluss hat. Der Titel oder die Bezeichnung seines Postens ist völlig egal. Diese Einflussmöglichkeit hat natürlich immer der Geschäftsführer einer GmbH. Aber auch der Prokurist, der Generalbevollmächtigte und ein sog. faktischer Geschäftsführer können diese Möglichkeit haben. Im Einzelfall kann sogar ein Projektleiter diese Verantwortung tragen! Es kommt immer darauf an, wie eine Firma tatsächlich aufgestellt ist und wer die Entscheidungen trifft, was vom Firmenkonto oder den Firmenkonten bezahlt wird. Diese Entscheidung ist immer besonders dann gefragt, wenn das vorhandene Geld nicht für alle Gläubiger reicht, sondern nur für einige oder sogar nur für einen und zu entscheiden ist, an wen das vorhandene Geld gezahlt wird.
Was ist Baugeld?
Ganz grob sind Baugeld alle Gelder, die ein Bauunternehmen von anderen und insbesondere vom Bauherrn erhält. So sagt es – etwas komplizierter – § 1 Abs. 3 BauFordSiG. Die Formulierung im Gesetz sieht eine Einschränkung vor, die allerdings praktisch leerläuft. Erhaltene Gelder sollen nur dann „Baugeld“ sein, wenn es um einen Bauvertrag geht und der beauftragte Auftragnehmer andere, dritte Unternehmen beauftragt hat. Weil aber der Abschluss eines Kaufvertrages reicht und für jedes Bauvorhaben Material gekauft werden muss, hat diese Regelung eine enorme Reichweite erhalten und gilt für praktisch alle Bauverträge – auch wenn dies vielleicht vom Gesetzgeber selber gar nicht so gewollt war.
Streitfrage Baugeld
Dabei wird Baugeld nicht nur vom eigentlichen Bauherrn gezahlt, auch jeder Subunternehmer erhält wiederum vom seinem Auftraggeber Baugeld – die ganze Nachunternehmerkette hindurch! Dies weitreichende Folge hat sogar das Bundesverfassungsgericht beschäftigt, das die Regelung aber für verfassungskonform hält (BVerfG, Beschluss vom 27.01.2011, Az.: 1 BvR 3222/09). Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht diese Feststellung mit Einschränkungen versehen und fordert den Gesetzgeber auf, die Folgen dieser Regelung zu überwachen und ggf. das Gesetz zu ändern. Mal sehen, was daraus wird. Im Moment sieht es jedenfalls nicht so aus, als käme es bald zu einer Änderung, im Gesetzgebungsbereich ist wenig von diesem Gesetz zu hören.
Wie erfolgt der Nachweis?
Der Nachweis ordnungsgemäßer Verwendung ist geführt, wenn feststeht, dass Baugläubiger in Höhe des Baugeldbetrages befriedigt worden sind. So hat es der Bundesgerichtshof 2010 entschieden (BGH, Urteil vom 19.08.2010, Az.: VII ZR 169/09).
Ganz grob muss also der jeweils betroffene Geschäftsführer etc. nachweisen, dass es bei der Baustelle andere Gläubiger gab, dass diese tatsächlich Geld erhalten haben und dass diese Zahlungen in der Summe dem erhaltenen Baugeld entsprechen. Im Beispiel oben wurde aber von der einen Baustelle Geld für andere „abgezweigt“, so dass genau der Fall eingetreten ist, um den es beim BaufordSiG geht.
Es ist also nicht erforderlich, dass die Gelder einer Baustelle irgendwie gesondert auf einem Konto liegen und von diesem Konto – und nur von diesem Konto – Zahlungen an andere geleistet werden. Dies ist natürlich für die Buchhaltung etc. eine ganz enorme Erleichterung.
Wer ist Baugläubiger?
Baugläubiger sind alle Personen, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baues auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt sind. Ganz klar gemeint sind also alle Subunternehmer, die Bauleistungen ausführen sowie Lieferanten von Baustoffen oder Einzelanfertigungen. Ebenso klar nicht gemeint sind z.B. Gerüstbauer, da diese ihr Gerüst vermieten.
Etwas unklar ist, wie mit den Lohnforderungen der Arbeitnehmer umzugehen ist. Diese werden, wie es das Gesetz verlangt, auf der Grundlage eines Dienstvertrages tätig. Dies spricht dafür, dass auch Lohnzahlungen auf das Baugeld anzurechnen sind.
Die Buchhaltung könnte helfen …
Die Nachweisführung klingt einfach, birgt aber einige Probleme. Es geht ja schließlich praktisch immer um die Konstellation, dass der eigentliche Empfänger der Gelder, die Baufirma, insolvent ist und ein Angestellter (auch der Geschäftsführer ist in diesem Fall ein Angestellter) in Anspruch genommen wird – oft erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses! Die Verwendung der Gelder lässt sich aber nur mit Hilfe der Buchhaltung nachweisen. Also muss der Angestellte irgendwie Zugriff auf die Buchhaltung bekommen.
Theoretisch ließe sich so ein Zugriff beispielsweise schon im Arbeitsvertrag vereinbaren: Trägt der Angestellte die Verantwortung für die Verwendung von Mitteln, so muss ihm sein Arbeitgeber die Daten der Buchhaltung zeitnah zur Verfügung stellen. Bei einer entsprechenden Verschlüsselung und einem an neutraler Stelle hinterlegtem Schlüssel könnte dies auch ohne Risiken für die Geschäftsgeheimnisse erfolgen.
Probleme in der Praxis
In der Praxis wird dieser Aspekt völlig vernachlässigt. Wer denkt schon bei Abschluss eines Arbeitsvertrages an den Fall, dass sein Arbeitgeber insolvent wird? Und wenn er daran denkt, wird er sicherlich an eine Übergabe der Buchhaltungsdaten als letztes denken.
Im Ernstfall werden die Angestellten daher von einer Haftungsklage kalt erwischt und müssen versuchen, über den Insolvenzverwalter an die Buchhaltungsdaten mit den Zahlungsflüssen heranzukommen. Meist wird dieser kooperativ sein. Problematisch wird es, wenn auch dieser nicht mehr an die Buchhaltung herankommt, weil die Daten gestohlen oder gelöscht wurden.
Wer kann die Haftung geltend machen?
Begünstigt wird jede Person, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baues auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt ist – also wieder alle Subunternehmer, Baustofflieferanten etc. Sie können geltend machen, dass ein Bauunternehmer das erhaltene Baugeld zweckentfremdet hat und die handelnden und verantwortlichen Personen in die Haftung nehmen.
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Dabei haben diese Personen von der Rechtsprechung eine gewisse Erleichterung bekommen: Das Urteil gegen den Baugeldempfänger – also den Auftraggeber, Käufer etc. – entfaltet Wirkung gegen den persönlich Haftenden. Dies erspart die Mühe, auch gegenüber dem Haftenden noch einmal den Werklohnanspruch durchzusetzen – der Handelnde wiederum hat das Problem, dass er dem Werklohnanspruch kaum noch erfolgreich entgegentreten kann. Sieht man das durch die Brille des potentiell haftenden Geschäftsführers etc. so darf er Prozesse gegen seinen Arbeitgeber ernst nehmen und im Eigeninteresse eine Verteidigung gegen nicht gerechtfertigte Ansprüche fordern.
Fazit: gefährliches Gesetz
Das Bauforderungssicherungsgesetz ist für die handelnden und für die Baugeldverwendung verantwortlichen Personen unabhängig von ihrer Bezeichnung gefährlich, weil die persönliche Haftung von jedem geschädigten Subunternehmer oder Baustofflieferanten geltend gemacht werden kann und eine Abwehr ohne Zugriff auf die Unternehmensbuchhaltung kaum möglich ist. Für geschädigte Subunternehmer wiederum bietet es interessante Handlungsmöglichkeiten. Im oben geschilderten Beispiel jedenfalls dürfte der Geschäftsführer kaum eine Chance haben, der persönlichen Haftung zu entgehen.
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