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Wien bekommt europäischen Stadtbaumpreis „ECOT-Award 2021“

Wien erhält den europäischen Stadtbaumpreis „ECOT-Award 2021“. Die Auszeichnung ist eine Würdigung des städtischen Engagements für ihr urbanes Ökosystem. Dies geschieht durch Forschung und innovative Maßnahmen für eine verbesserte Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Klimabedingungen. Der Europäische Baumpflegerat mit Sitz in Bad Honnef (Nordrhein-Westfalen) vergibt die Auszeichnung seit 2007.

Klimaschutz: Wien erhält Stadtbaumpreis ECOT-Award
Übergabe des europäischen Stadtbaumpreises: Den „ECOT-Award 2021“ bekommt Wien. | Foto: EAC

Der ECOT-Award (European City of the Trees) wurde auf der Jahresversammlung des Europäischen Baumpflegerates - European Arboricultural Council (EAC) - in Wien verliehen. Es handelt sich dabei um ein Forum, in dem sich Delegierte europäischer Baumpflege-Organisationen zusammengeschlossen haben. Sie verfolgen das Ziel, den Qualitätsstandard zu erhöhen und den Beruf durch Förderung von Forschung und Ausbildung weiterzuentwickeln, um eine erfolgreiche Baumpflege und Verbesserung der Arbeitsmethoden zu gewährleisten.

Beeindruckt von Wiens Regenwassermanagement

Der Baumpflegerat vergibt seit 2007 den ECOT-Award. Preisträger waren unter anderem schon die Städte Valencia, Prag, Amsterdam, Frankfurt, Winterthur und Moskau. Eine Jury mit Vertretern aus den Mitgliedsländern bewertet die Vorschläge, die aus dem jeweiligen Gastland der jährlichen Mitgliederversammlung des EAC kommen. Jan Goevert, Vorsitzender der ECOT-Arbeitsgruppe im EAC, war beeindruckt von Wiens Regenwassermanagement: „Hier reiht sich Wien uneingeschränkt in die Riege der jüngsten ECOT-Preisträger von 2018 (Apeldoorn) und 2019 (Moskau) ein.“ Auch dort spielten Klimabäume und Wasser eine entscheidende Rolle. „Wiens allumspannendes Engagement für seine Bäume kann auch anderen europäischen Städten als nachahmenswertes Beispiel dienen.“

Strenges Baumschutzgesetz und Verkehrssicherheit

Als Basis der diesjährigen Entscheidung wurde das „exemplarische Baum-Management“ für die über 500.000 Wiener Bäume vom Expertenkomitee genannt. Beim Auswahlverfahren stand besonders das Maßnahmenpaket der Wiener Stadtgärten zur Unterstützung der Stadtbäume im Fokus: Entwicklung eines Stadtbaumsortiments, patentiertes Wiener Baumsubstrat, zentralisierte Baumpflege- und Baumkontrollgruppen, Gieß- und Jungbaumpflege-Management (z. B. standardisierte größere Baumscheiben), strenges Baumschutzgesetz sowie Verkehrssicherheit durch das Wiener Baumkataster.

Lebensnotwendiger Wurzelraum durch Schwammstadt-Prinzip

Bäume benötigten einen geeigneten unterirdischen Wurzelraum mit Poren für Bodenluft und Bodenwasser, so die Experten. In der Stadt seien Böden oft stark verdichtet, sodass sie kaum durchwurzelbar seien und/oder viel zu wenige luft- und wasserführende Poren aufwiesen. Mit dem Schwammstadt-Prinzip werde den Stadtbäumen dieser lebensnotwendige Wurzelraum geschaffen. Damit könne langfristig die bestmögliche Versorgung mit Regenwasser gewährleistet werden – ohne Wasser in die Kanalisation abzuleiten. So setze das Schwammstadt-Prinzip für Stadtbäume wichtige Umweltziele um: Regenwasserrückhalt, Verdunstung und Versickerung als Beitrag zur Annäherung an natürliche und lokale Wasserkreisläufe, Verdunstung und Beschattung zur positiven Beeinflussung des städtischen Mikroklimas, die Entwicklung gesunder und leistungsfähiger Stadtbäume, CO2-Bindung in großen Bäumen, Förderung der Biodiversität – Bäume als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, verbessertes Wohlbefinden von Stadtnutzern durch sichtbares und wirksames Stadtgrün, Ressourcenschonung durch standortangepasste Bauweisen und Nutzung regionaler Materialien.

Eine Exkursion führte in die Seestadt Aspern vor den Toren Wiens, wo das sogenannte Schwammstadtprinzip erläutert und die Erstellung der Baumgruben mit dem Regenwassermanagement in der Praxis gezeigt wurde. | Foto: EAC
Eine Exkursion führte in die Seestadt Aspern vor den Toren Wiens, wo das sogenannte Schwammstadtprinzip erläutert und die Erstellung der Baumgruben mit dem Regenwassermanagement in der Praxis gezeigt wurde. | Foto: EAC

Bessere Bedingungen durch Baumsubstrat

Im Gegensatz zum „Naturstandort Wald“ oder zur Parkanlage sind Straßenbäume von bautechnischen Konstruktionen wie etwa Straße, Geh- oder Radweg, Parkplatz, Fußgängerzone, Brücke, Kabeltrasse oder Lärmschutzwand umgeben. Zusätzlich sind die Wurzelräume erhöhten Stressfaktoren durch Verkehr, Bodenverdichtung- und Versiegelung, unterirdische Einbauten, Bauarbeiten und Schadstoffe ausgesetzt. Um den Wiener Stadtbäumen möglichst optimale Bedingungen bieten zu können, wurde von den Wiener Stadtgärten – gemeinsam mit Wissenschaftlern – ein spezielles Baumsubstrat entwickelt. Die Projektreihe „Entwicklung von Baumsubstraten für die Wiener Stadtgärten” sei in mehrjährigen Tests erprobt worden, so der Baumpflegerat. Seitdem werde bei jeder Jungbaumpflanzung die jeweilige Baumscheibe mit diesem Substrat befüllt. Das Substrat bestehe aus organischen und mineralischen Substanzen, die eine verbesserte Wasserspeicherfähigkeit und gute Durchlüftung garantieren. Die verwendeten Materialien kommen demnach aus Wien oder der näheren Umgebung. Die Substrat-Mischung werde von den Wiener Stadtgärten selbst hergestellt. Für das Wiener Baumsubstrat seien zwei Patentschriften erteilt worden.

Hitzeverträglichkeit der Bäume

Mithilfe internationaler Experten haben die Wiener Stadtgärten in den vergangenen Jahren eine Liste jener Baumarten erarbeitet, die mit den besonderen Gegebenheiten in der Stadt gut zurechtkommen. Das Wiener Straßenbaumsortiment werde laufend ausgewertet und angepasst, berichtet der Baumpflegerat. Insgesamt bestehe das Sortiment aus rund 30 Baumgattungen, -arten und -sorten, die sich durch besondere Hitzeverträglichkeit auszeichneten. Die häufigsten Baumgattungen im Straßenbereich in Wien seien Ahorn, Linde, Kastanie, Esche, Platane und Zürgelbaum. In den Wiener Parks und im Straßenbereich seien bis zu 150 Bäume in verschiedenen Gattungen, Arten und Sorten zu finden.

Stammanstrich für Jungbäume als Sonnen- und Frostschutz

Rund 4.500 Jungbäume werden laut Statistik jährlich von den Wiener Stadtgärten gepflanzt. Die Baumverankerung erfolgt über eine Dreipfahlverankerung. Ein weißer Stammanstrich dient dem ausgepflanzten Jungbaum als Sonnen- und Frostschutz, zusätzlich erhält er eine Mähschutzmanschette. Damit sich der junge Baum entfalten kann, erhält er regelmäßig Pflanz- und Erziehungsschnitte von den Wiener Stadtgärten. Die Wiener Stadtgärten betreiben eigenen Angaben zufolge über 1.000 Bewässerungsanlagen. Jungbäume, die nicht durch automatische Bewässerungsanlagen versorgt werden, werden drei Jahre lang wöchentlich – während Hitzeperioden zweimal wöchentlich – mit der Hand gegossen. 150 Mitarbeiter mit 50 Gießfahrzeugen bewässern täglich mit rund 300.000 Liter Wasser. Unterstützt wird das Gießen durch Bewässerungssäcke, die um den Stamm eines Jungbaumes gelegt werden.

Die Bedeutung von Stadtbäumen rückt immer mehr in den Fokus: Jan Goevert, Vorsitzender der Arbeitsgruppe ECOT Award des EAC. | Foto: EAC
Die Bedeutung von Stadtbäumen rückt immer mehr in den Fokus: Jan Goevert, Vorsitzender der Arbeitsgruppe ECOT Award des EAC. | Foto: EAC

Wiener Baumkataster

Das Baumkataster ist in erster Linie ein Arbeitsinstrument für die Wiener Stadtgärten zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht. Alle Bäume und Baumbestände werden dokumentiert, lagemäßig eindeutig zugeordnet und können so verwaltet werden. Das Baumkataster wird laufend adaptiert. Im Wiener Baumkataster sind rund 386.000 Bäume erfasst, davon rund 96.500 Straßenbäume. So können wesentliche Daten zum gesuchten Baum, wie beispielsweise Gattung und Art, Stammumfang und Kronendurchmesser, die Höhe des Baumes und – sofern Daten vorhanden – das Pflanzjahr erfahren werden.

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„Die Bedeutung von (Stadt-)Bäumen - vom Teil eines Ökosystems bis zum persönlichen „Lieblingsbaum“ fürs Wohlbefinden - rückt immer mehr in den Fokus“, so Jan Goevert. „Durch die Herausforderungen des Klimawandels wie Extremwettereignisse, mehr Hitzetage mit Tropennächten, mehr toxische Stoffe in der Luft, steigender Wasser- und Energiebedarf, wird immer mehr Menschen die existenziell wichtige Funktion von Bäumen bewusst – auch als Wasserspeicher, Schattenspender und zur Bindung von C02, gerade in den Städten. Dieses Bewusstsein wollen wir mit dem ECOT weiter stärken – und Städte, die dabei vorangehen, auszeichnen.“


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