Extremwetter als lösbare Herausforderung
Im ersten Halbjahr 2016 traten Starkregenereignisse besonders kleinräumig und heftig auf. Trotz professioneller Wetterdienste und lokaler Unwetterwarnungen konnten die Betroffenen nicht ausreichend vorsorgen. Sach- und Personenschäden waren erheblich. Das hat Auswirkungen auf die Siedlungs- und Grundstücksentwässerung der Zukunft.
In Bestandsgebieten, vor allem im Zentrum der Städte und Gemeinden, kann es eng werden. Zu ebener Erde fehlt oftmals die Fläche für „grüne Maßnahmen“. Dann bietet sich das Sammeln und Bewirtschaften des Regenwassers auf den Dächern an. Der sonst übliche Aufwand für Rohre und Speicher wird so gespart. Bei großen Liegenschaften zeichnet sich mittlerweile die Verdunstung als Trend ab, z.B. durch begrünte Flachdächer mit zusätzlichem Retentionsvolumen, um Starkregen zu puffern. Im Nebeneffekt kühlt die Verdunstung aus den Gründächern die Umgebung – ideal für aufgeheizte Städte im Sommer.
Kanalisation veraltet
Die Kanalisation ist im Zentrum vieler Städte veraltet und unterdimensioniert. Investitionen und Erweiterungen im bestehenden System sind sehr kostenintensiv und werden deshalb nach Möglichkeit vermieden. Die kostengünstigere Lösung ist eine Beschränkung der zulässigen Einleitung in überlastete Kanalnetze – Hamburg hat damit in einzelnen Quartieren bereits begonnen.
Retentionsdach kappt Niederschlagsspitzen
Zweiteiliger Aufbau
Daher ist das Retentions-Gründach zweiteilig aufgebaut: Regenrückhaltung und Begrünungsaufbau sind getrennt. Abstandshalter (Spacer) bestimmen die frei wählbare Höhe des Retentionsvolumens. Beispiel: Ein 10 cm hoher Abstandshalter gewährleistet, unabhängig vom Substrat der Begrünung, eine zusätzliche Regenwasser-Speicherung von ca. 80 l/m². Angestautes Wasser fließt kontinuierlich über ein Drosselelement ab, das im Gully verankert ist. Dies geschieht in einem für das jeweilige Objekt definierten Zeitraum, zwischen 24 Stunden und mehreren Tagen. Das nach Computersimulation berechnete Drosselelement und der Gully liegen geschützt innerhalb eines fein geschlitzten Kontrollschachts, welcher das Einschwemmen von Fremdstoffen verhindert.
Objektgerechte Planung
Der über dem Retentionsvolumen liegende Begrünungsaufbau stellt alle für das Funktionieren der Dachbegrünung wichtigen Aspekte sicher. Das sind der Luft-Wasser-Haushalt im Wurzelraum, die Dränage und die Wasserspeicherung für die Pflanzen. So sind alle Dachbegrünungs- und Nutzungsformen möglich, auch Geh- und Fahrbeläge. Abhängig von Klima, Niederschlagsmengen und gewünschter Retention werden die Parameter für das Retentions-Gründach objektspezifisch festgelegt und durch Simulationsrechnungen geprüft. Dazu gehören maximales Einstauvolumen, maximale Entwässerungsmenge pro Zeiteinheit und die Zeitdauer, bis der Stauraum wieder zur Verfügung stehen soll. Eine Referenz ist das neue Büro- und Verwaltungsgebäude der Mitsubishi Electric Europe B.V. in Ratingen mit 3.800 m² Extensivbegrünung und 640 m² Intensivbegrünung. Unter beiden Begrünungsvarianten befinden sich, vollflächig verlegt, 6 cm hohe Spacer-Elemente und damit ein zusätzliches Retentionsvolumen von bis zu 40 l/m² Wasser.
Einleitbeschränkung kann erfüllt werden
Wetter-App steuert Abfluss situationsbezogen
Erst seit 15 Jahren macht der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine flächendeckende, hochaufgelöste Radarbeobachtung. Das ist Voraussetzung, um gezielt für einzelne Landkreise Wetterwarnungen herausgeben zu können. Beim DWD erfolgt eine Warnung vor „markantem Wetter“ bereits, wenn in einer Stunde mindestens 15-25 l/m² (bzw. in 6 Stunden 20-35 l/m²) erwartet werden. Die nächste Stufe heißt „Unwetter“ bei einer Prognose ab 25 l/m² (oder in 6 Stunden mehr als 35 l/m²). Die höchste Warnstufe ist das „extreme Unwetter“ ab 40 l/m² (oder in 6 Stunden über 60 l/m²).
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Smart Flow Control
Da die Drossel 4.0 „Smart Flow Control“ nicht nur automatisch, sondern auch manuell aus der Ferne überwacht und gesteuert werden kann, eröffnen sich für die kommunale und überregionale Wasserwirtschaft neue Möglichkeiten: Wenn viele Dächer in einer Kommune mit dieser Technik ausgestattet und miteinander vernetzt werden, lassen sich der Regenwasserhaushalt und die Überflutungsvorsorge flächendeckend regeln. Das bietet die Möglichkeit, ein großes steuerbares Regenüberlaufbecken auf verschiedenen, jedoch miteinander vernetzten Dächern anzulegen.
Zusammengefasst: Versiegelung zu hoch
In den Jahren 2011 bis 2014 ging in Deutschland der tägliche Zuwachs bebauter Flächen langsam zurück. Im 4-Jahres-Durchschnitt waren es 69 ha bzw. 0,69 km². Doch etwa die Hälfte dieser Siedlungs- und Verkehrsfläche ist versiegelt, so dass Tag für Tag immer noch mehr als 30 ha Fläche aus dem natürlichen Wasserkreislauf verschwinden. Dem kann mit den vorgenannten Maßnahmen der Dachbegrünung, im Sinne von Regenrückhaltung und Verdunstung, wirkungsvoll begegnet werden.
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Unterdimensionierte Kanalisation
Die Kanalisation ist im Zentrum vieler Städte veraltet und unterdimensioniert. Investitionen und Erweiterungen im bestehenden System sind kostenintensiv und werden deshalb nach Möglichkeit vermieden. Die kostengünstigere Lösung ist die Beschränkung der zulässigen Einleitung in die überlasteten Kanalnetze – Hamburg hat damit in einzelnen Quartieren bereits begonnen. GaLaBau-Fachplaner betrachten dies vor dem Hintergrund der erwähnten Maßnahmen als lösbare Herausforderung.
Zum Autor
Der Autor ist Fachjournalist sowie von der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Vorträge und Veröffentlichungen zur ökologischen Haustechnik. Klaus W. König ist Mitglied der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung „fbr“ in Darmstadt und Mitarbeiter im DIN-Ausschuss NA 119-05-08 AA Wasserrecycling/Regenwasser- und Grauwassernutzung. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Stuttgart, der ESB Business School in Reutlingen und an der Hochschule Neubrandenburg.
Tiefdruckgebiet Mitteleuropa
Meteorologisch haben wir es bei Starkregen immer öfter mit einem Phänomen zu tun, das seinen Ursprung im so genannten „Tief Mitteleuropa“ hat. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) handelt es sich dabei um ein Tiefdruckgebiet mit riesigen Ausmaßen, welches sich in mehr als fünf Kilometern Höhe über weite Teile Mitteleuropas erstreckt und wenig bewegt. Deshalb ziehen während dieser Zeit die bodennahen Tiefdruckgebiete nur langsam über uns hinweg. In feuchtwarmer Luft bilden sich schließlich Gewitter mit stationären Wolken, deren gewaltige Wassermassen als anhaltende lokale Regenschauer einzelne Orte außergewöhnlich hart treffen. Ein solches „Tief Mitteleuropa“ hatte laut DWD auch die Hochwasserereignisse an der Elbe 2002 und in Süddeutschland 2013 ausgelöst. Im Jahr 2016 war besonders, dass die bedrohliche Wettersituation mehrere Wochen andauerte und über einen längeren Zeitraum sehr viele einzelne Katastrophen in Kommunen verschiedener Bundesländer auslöste.
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